Hunderte Beamte schützten den CSD. Im Bild sieht man nur die erste Reihe.
Trotz 28 Festnahmen von Gegendemonstranten und ein paar Eierwürfen konnten über 500 Schwule und Lesben einen erfolgreichen Pride feiern.
Die litauische Polizei hat am Samstag durch ein Großaufgebot den zweiten CSD in der Hauptstadt Vilnius geschützt. Am Rande kam es aber zu Zusammenstößen zwischen Polizisten und Gegendemonstranten.
Die Polizei nahm insgesamt 28 Personen fest. Ein Polizist wurde durch einen Faustschlag verletzt. Die Gegendemonstranten hatten mit Eiern auf die CSD-Teilnehmer geworfen und immer wieder versucht, die Polizeibarrikaden zu durchbrechen.
Einige Gegendemonstranten trugen Plakate, eines etwa mit dem Aufdruck "Stoppt Aids" und einem durchgestrichenen Symbol für Analverkehr. Ein anderes stellte die EU mit der Sowjetunion gleich.
Genehmigung in letzter Minute
Monsignore Alfonsas Svarinskas, ein litauisches Symbol des katholischen Kampfes gegen die Sowjetunion, protestierte zusammen mit dem Seimas-Abgeordneten Peter Gražulis (l.) gegen den Baltic Pride
Litauen hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne. Der CSD war im Vorfeld umstritten: Der Oberbürgermeister hatte zweimal eine Genehmigung für die Parade abgelehnt und dann eine in einem abgelegenen Gebiet vorgeschlagen. Erst in dieser Woche machte ein Verwaltungsgericht den Weg für den "Baltic Pride" frei (queer.de berichtete).
Am Rande der Parade wurde der Parlamentsabgeordnete Peter Gražulis in einem makabren Schutzkostüm nach mehreren Beschimpfungen der Teilnehmer per Megaphon festgenommen, trotz der Gegenwart des ebenfalls gegen den CSD protestierenden Vize-Bürgermeisters der Hauptstadt.
Gražulis, ein Politiker der Partei Ordnung und Gerechtigkeit, wurde bekannt durch mehrere Anläufe für einen Gesetzentwurf gegen Homo-"Propaganda" (queer.de berichtete) und einer Pressekonferenz zum Internationalen Tag gegen Homophobie im letzten Jahr, in der er Homosexualität mit Sex mit Tieren und Toten verglich und eine Ausweisung aller Schwulen und Lesben forderte.
Verbesserung zu 2010
Trotz der Gegenproteste herrschte eine fröhliche Stimmung
2010 hatte Gražulis am Rande des letzten CSD in Vilnius einen Teilnehmer geohrfeigt, wofür er aufgrund seiner Immunität nicht belangt wurde. Bereits damals war der CSD in letzter Sekunde von einem Gericht erlaubt worden. Anders als der heutige Baltic Pride, der durch die Innenstadt zog, wurden damals Teilnehmer von der Polizei in Bussen zu einem abgesperrten Demonstrationsgebiet gefahren.
Auch damals kam es zu Rangeleien zwischen Polizei und Gegendemonstranten, die zahlreicher vertreten waren als Schwule und Lesben, denen Politiker aus ganz Europa, darunter Volker Beck, zu Hilfe geeilt waren.
An diesem Samstag hat sich nun das Verhältnis umgedreht. "Die Atmosphäre war friedlicher als 2010", sagte eine Teilnehmerin. "Sie können uns beschimpfen, sie können mit Eiern werfen", sagte der extra angereiste US-LGBT-Aktivist Stuart Milk, ein Neffe von Harvey Milk. "Sie können auch mit Pistolen schießen. Aber sie werden uns nie unterkriegen." (nb)
Youtube | Eine Zusammenfassung des Tages, darunter Teile einer Rede der schwedischen Europaministerin Birgitta Ohlsson. An der Parade hatten Vertreter mehrerer Botschaften teilgenommen.
Noch schlimmer aber empfinde ich, dass katholische Kleriker wie Alphonse Svarinskas an der Hetze sich beteiligen.