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CSDs von Köln bis Moskau
Stonewall im Miniaturformat
- 02. August 2013 3 Min.

Die New Yorker Christopher Street wurde zum weltweiten Symbol schwul-lesbischer Emanzipation (Bild: FRESH)
Der Krefelder Künstler Detlef Lehmann stellt internationale Pride-Umzüge mit Figuren nach. Seine Schaukästen werden am Samstag beim Ruhr-CSD in Essen gezeigt.
Beim WupperPride im Juni drückten sich die Besucher vor Erstaunen an den Glasboxen die Nasen platt: Solche Miniaturdarstellungen schwul-lesbischer Demonstrationen der letzten vier Jahrzehnte hat es vorher noch nie geben. In seinem Projekt "CSD around the world" zeigt der Krefelder Künstler Detlef Lehmann queere Geschichte in sechs Schaukästen. Am Samstag, den 3. August werden sie im Rahmen des Ruhr-CSDs auf dem Kennedyplatz in Essen ausgestellt.
Die erste Box führt zurück in das Jahr 1969. Nach jahrelangen Repressalien, Razzien und Verhaftungen in Szenebars setzten sich am Freitag, den 27. Juni zum ersten Mal Schwule, Lesben und Dragqueens in der New Yorker Christopher Street gegen die Polizei-Willkür zur Wehr. Als sich rund um die Bar "Stonewall Inn" eine lang anhaltende, äußerst blutige Schlägerei mit den Beamten entwickelte, ahnte wohl noch niemand, dass sich dieser Befreiungsschlag eines Tages rund um die ganze Welt fortsetzen würde. Nach Berichten von Augenzeugen schlugen die Besucher des "Stonewall Inn" die Polizisten windelweich und trieben sie mit den Trümmern des Mobiliars auf der Straße vor sich her. Schon am Tag danach gab eine weitere Demonstration – der jährliche "Gay Liberation Day" war geboren. Die Christopher Street wurde zum weltweiten Symbol schwul-lesbischer Emanzipation.
Aus dem Aufstand von damals hat sich ein Volksfest entwickelt

Künstler Detlef Lehmann: Wird er auch den Ruhr-CSD mit einer eigenen Box verewigen? (Bild: FRESH)
Mit der zweiten Box führt uns Detlef Lehmann in das heutige Köln. Beim Cologne-Pride zeigt die Domstadt Flagge. Aus dem New Yorker Aufstand von 1969 ist eine ausgelassene, fröhliche Parade geworden, bei der die ganze Stadt und auch viele Touristen unter dem Regenbogen mitfeiern. Dass der CSD sich längst auch in kleineren Städten etabliert hat, zeigt die dritte Box: Unter dem weit geschwungenen Bogen der Schwebebahn, direkt am Ufer der Wupper, wird der "WupperPride" zelebriert.
An ein ganz anderes gesellschaftliches Klima voller Repression erinnert die vierte Box: Moskau duldet keinen CSD, Jahr für Jahr werden schwul-lesbische Demonstrationen in der russischen Hauptstadt verboten. Dennoch versammelt sich eine kleine Gruppe von Aktivisten auf dem Roten Platz, wird jedoch umgehend von Polizisten eingekesselt und festgenommen.
Nicht viel anders schaut es in der fünften, diesmal fiktiven Box aus: Auch in China sind schwul-lesbische Demonstrationen nicht erwünscht. Detlef Lehmanns Idee, die offizielle chinesische Flagge auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking gegen die Regenbogenfahne auszutauschen, hat im wahren Leben (noch) keine Chance.
Die sechste Box führt wieder zurück in die USA – in die queere und liberale Metropole San Francisco. Ganz selbstverständlich wehen an den Straßenlaternen Regenbogenfahnen – und das nicht nur zum Gay Pride. Die halbe Stadt ist auf den Beinen, wenn sich der riesige Zug von Feiernden, Tanzenden, Demonstranten oder einfach nur fröhlichen Menschen durch die Straßen von San Francisco drängt.
Die Ausstellung ist nicht verkäuflich, aber für CSDs und Ausstellungen verfügbar. Einen Kontakt zum Künstler vermittelt die Redaktion. (dp/FRESH)
Der Ruhr-CSD Essen findet in diesem Jahr zum zehnten Mal statt. Am Freitag, den 2. August beginnt er mit einem Warm Up auf dem Kennedyplatz mit "Karaoke total". Am Samstag ab 12 Uhr startet am selben Ort das große Straßenfest, bei dem die CSD-Miniaturkästen in Anwesenheit von Detlef Lehmann gezeigt werden. Um 13 Uhr beginnt am Willy-Brandt-Platz die Kumpelparade durch die Essener Innenstadt, die dann direkt zur Hauptbühne am Kennedyplatz führt. Der Ruhr-CSD steht in diesem Jahr unter dem Motto: "Gleiche Rechte nur mit uns!".
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