Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?19813

"Unter Beobachtung"

Der erste schwule Stalking-Roman

  • 11. August 2013 3 4 Min.

Autor Martin M. Falken fängt die paranoide Situation seines gestalkten Protagonisten und Ich-Erzählers präzise ein (Bild: Martin Schemm / pixelio.de)

In Martin M. Falkens Roman "Unter Beobachtung" wird der 21-jährige Sascha von einem eifersüchtigen Unbekannten verfolgt.

Von Angelo Algieri

Weingummis!? Wie kamen sie bloß in sein Schließfach der Uni-Bibliothek, fragt sich der 21-jährige Sascha, der im ersten Semester Germanistik studiert. Zwar mag er liebend gern Weingummis – doch wer hat sie da rein gestellt? Und vor allem wie? Nach dem ersten mulmigen Erstaunen hakt Sascha diesen Vorfall als üblen Scherz ab. Bis er in seine Studentenbude heimkommt – und dort eine erschreckende Überraschung erlebt…

So der unheimliche Beginn des neuen Romans "Unter Beobachtung" von Martin M. Falken, der im Hamburger Himmelstürmer Verlag erschienen ist. Der 28-jährige Autor legte bereits im letzten Jahr seinen Roman "Zusammenstöße" vor. Und in diesem Frühjahr ist zusätzlich "Schatten eines Engels" erschienen – alle drei Bücher in der Reihe "Junge Liebe".

Doch zurück zur Story: Nun ist es offensichtlich, Sascha wird gestalkt. Denn in seinem Zimmer fehlen nicht nur Aftershave und Seife, sondern auf dem Schreibtisch befindet sich plötzlich eine Vase mit einer Tulpe, Saschas Lieblingsblume, darin. Zudem liegt eine Boxer-Shorts fein gefaltet auf dem Bett. Die Angst sitzt Sascha im Nacken. Was zum Teufel soll das? Wer stellt ihm nach? Und wie ist der Eindringling bloß in die Wohnung gelangt? Am nächsten Tag meldet er dem Hausverwalter, dass bei ihm eingebrochen wurde. Der verspricht, die Polizei zu alarmieren.

Wem kann Sascha noch vertrauen?


Ein Unbekannter schenkt Sascha Weingummis und stiehlt sein Rasierwasser aus der verschlossenen Wohnung

Dieses Ereignis lässt Sascha von nun an nicht in Ruhe. In jedem Menschen sieht er den Stalker. Wem kann er bloß vertrauen? Ganz der Paranoia verfällt er, als er nachts Schlüsselgeräusche an seiner Tür hört. Doch als er aufsteht und stolpert, ist der Eindringling bereits verschwunden.

Die nächsten Nächte verbringt er zusammen mit seinem besten Hetero-Freund Kai in seiner Bude. Kurz vor dem Schlafengehen lädt Kai ihn ein, sich gegenseitig einen runter zu holen. Kai findet das geil, doch schwul oder bi sei er nicht… Am darauffolgenden Morgen erhält Sascha eine SMS: "Hey, was hat das zu bedeuten? Was macht K. bei dir? Der soll bloß aufpassen!" – Der Stalker! Nun scheint auch Kai im Visier zu sein.

In den nächsten Wochen meldet sich der Stalker nicht. Sascha fasst wieder Vertrauen, misstraut nicht mehr jedem. Die Paranoia legt sich ein wenig. Auch weil Sascha auf dem Weihnachtsmarkt René kennenlernt; sie finden sich süß und verlieben sich bald.

Doch genau zu diesem Zeitpunkt schlägt der Stalker wieder zu: Er fordert René auf, Sascha in Ruhe zu lassen, indem er sich eines Abends als Weihnachtsmann verkleidet an René heranpirscht und ein Plakat mit dieser Forderung hochhält – schräg!

Es ist der letzte Tag vor den Weihnachtsferien und der Stalker möchte Sascha in der Uni-Bibliothek sehen und will sich angeblich zu erkennen geben. Er solle das Treffen niemandem verraten. Ansonsten würde er denjenigen und sich selbst umbringen. Ein verhängnisvoller Fehler für Sascha. Denn der Stalker lockt ihn in die Falle. Kann er ihm entkommen? Wer verbirgt sich hinter dem Stalker? Warum das ganze Theater? Und wird Sascha René jemals wieder sehen?

Existenzielle Angst verwandelt sich in Aggression

Autor Martin M. Falken fängt die paranoide Situation seines gestalkten Protagonisten und Ich-Erzählers präzise ein. Man fühlt ständig mit ihm, warum er misstrauisch, ängstlich, distanziert, unsicher ist. Aber auch wie sich seine existenzielle Angst plötzlich in Aggression umwandelt. Wie der ständige Stress ihn mehr und mehr zersetzt. Das ist recht eindrucksvoll beschrieben.

Allerdings weiß der aufmerksame Leser schon nach den ersten Seiten, wer der Stalker ist. Die Überraschung klappt nicht wirklich. Und dennoch will man weiterlesen. Im Vordergrund steht somit nicht die Person, sondern die Motivation des Stalkers. Das wird dann in der Bibliotheksfalle Stück für Stück enthüllt. Zudem schafft es Falken, den Spannungsbogen bravourös zu halten und weiterzuentwickeln. Auch retardierende Momente sind ihm bestens gelungen.

Trotz der sehr guten Gefühls- und Zustandsbeschreibungen des Opfers bleibt der Roman bei den Motiven des Stalkers leider unausgegoren – und konstruiert. Es ist nicht ganz ersichtlich, warum er trotz guter Eigenreflexion und Selbstanalyse verbrecherisch handelt. Zwar thematisiert Falken das homophobe, elterliche Umfeld, das den Stalker traumatisiert hat. Doch – gerade weil er sich gut einschätzt -, hätte er sich von den Eltern emanzipieren oder zumindest ein "normales" Doppelleben führen können. Zumal die Eltern noch dazu hunderte von Kilometern weit weg wohnen… Ein wenig unlogisch, trotz der löblich angerissenen Thematik.

Auch der Schluss ist nicht zufriedenstellend. Drei Monate nach dem großen Knall kommt es zur Versöhnung. Nach dem Motto: "Wir haben uns alle wieder lieb!" – Schade, dass so ein überbordend symbolischer Schluss ausgewählt wurde!

Fazit: Autor Falken tut gut daran, das Thema Stalken aufzuzeigen – ein Thema, dass in der schwulen Literatur kaum behandelt wird. Großartig beschrieben sind Saschas existenzielle Gefühlswelt und unter welchem Stress Gestalkte leiden. Kurz: Ein unterhaltsamer und spannender Roman, bei dem es ruhig am Ende ausgeklügelter hätte ausfallen können!

Infos zum Buch

Martin M. Falken: Unter Beobachtung. Junge Liebe, Band 52. Himmelstürmer Verlag. Hamburg 2013. 128 Seiten. 13,90 €. ISBN: 978-3-8636-1269-6.

Informationen zu Amazon-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu amazon. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.

#1 Harry1972Profil
  • 11.08.2013, 19:20hBad Oeynhausen
  • ...oder man hat einfach einen Account bei den blauen Seiten. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die ersten Psychoschnallen einfinden.

    Ist ja auch viel spannender als ein Buch :D
  • Direktlink »
#2 FoXXXynessEhemaliges Profil
  • 11.08.2013, 21:57h
  • Die perfekte Lektüre für User Austria!
  • Direktlink »
#3 MarcelJAnonym
  • 11.08.2013, 23:43h

  • Ganz ehrlich - die Bücher vom Himmelsstürmer Verlag lasse ich seit Jahren links liegen. Der Verlag ist echt nicht zu empfehlen.
  • Direktlink »

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: