Er könne aufgrund der furchbaren Unterdrückung von Schwulen und Lesben nicht länger schweigen, erklärte James Kirchick in der Live-Sendung
In einer Live-Nachrichtensendung spricht Gast-Korrespondent James Kirchick statt über Bradley Manning über Homophobie in Russland.
Dies dürfte sein vermutlich letzter Beitrag für diesen Sender gewesen sein. Eigentlich sollte James Kirchick am Mittwoch in der Nachrichtensendung des russischen Auslandssenders RT (früher: Russia Today) über den Fall Bradley Manning sprechen, doch der aus Stockholm zugeschaltete schwule Journalist nutzte seine Live-Sendezeit für eine Anklage gegen die zunehmende Homophobie in Russland.
"Ihr habt 24 Stunden am Tag, um über die Vereinigten Staaten zu lügen und zu ignorieren, was in Russland passiert", erklärte Kirchick den verdutzten Moderatoren im Moskauer Studio. Er nutze deshalb seine zwei Minuten, um den Menschen die Wahrheit zu sagen. "Hier auf diesem vom Kreml finanzierten Propaganda-Kanal trage ich heute meine Regenbogen-Hosenträger und kritisiere das furchtbare, homophobe Gesetz, das Wladimir Putin unterzeichnet hat."
Die Moderatoren im Studio waren auf die Aktion nicht vorbereitet
In mehreren Anläufen versuchten die drei Moderatoren vergeblich, Kirchicks Redefluss zu unterbrechen. "Ich weiß nicht, wie Ihr als Journalisten nachts noch schlafen könnt", entgegnete der Korrespondent. "Jeder, der für diesen Sender arbeitet, sollte sich schämen." Würde er in Russland leben, müsste er jetzt mit Verhaftung rechnen, sagte Kirchick den Kollegen.
Erst nach einer Werbepause war der schwule Revoluzzer vom Bildschirm verschwunden. "Wir hatten einen Gast eingeladen, um über das Schicksal des Whistleblowers zu diskutieren, aber er hat die Gelegenheit missbraucht, um über seine Ansichten zu anderen Themen zu sprechen", hieß es dazu aus dem Studio. "Deshalb mussten wir ihn vom Sender nehmen. Wir möchten uns für die Unannehmlichkeiten entschuldigen."
Kirchick erhielt 2007 einen schwul-lesbischen Journalistenpreis
Die "Rache" des Senders folgte schnell...
Kirchick selbst twitterte einige Zeit später vom Weg zum Flughafen, dass der Sender die Taxifirma angerufen habe, um die Fahrt zu stoppen und ihn am Autobahnrand auszusetzen. Der zurzeit in Berlin lebende Journalist, Jahrgang 1983, schreibt u.a. für "The Washington Post", "The Wall Street Journal", "Ha'aretz" und das US-Gay-Magazin "Advocate". Er ist aktiv in der "Foundation for Defense of Democracies" und wurde 2007 von der National Lesbian and Gay Journalists Association als "Journalist des Jahres" ausgezeichnet.
Der russische TV.Sender RT versteht sich als Gegengewicht zu "westlichen Medien" und ist ein auf internationales Publikum ausgerichteter, staatlich finanzierter Kanal mit Sitz in Moskau. Gesendet wird auf Englisch, Arabisch, Spanisch und Russisch. Die erklärten Ziele des Senders sind es offiziell, dem Publikum die russische Sichtweise auf das internationale Geschehen vorzustellen und alte Vorurteile und Klischees über Russland abzubauen. (cw)
Youtube | Video der gekaperten Nachrichtensendung
Anstehende Proteste zu Russland