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Gleichstellung
Bundestagswahl: Kandidaten geben sich homofreundlich
- 22. August 2013 3 Min.

Rund 650 Abgeordnete dürfen nach der Wahl am 27. September im Bundestag wieder darüber abstimmen, ob Schwule und Lesben gleichbehandelt werden sollen oder nicht (Bild: Deutscher Bundestag / Thomas Koehler / photothek.net)
Eine große Mehrheit der Kandidaten für den Bundestag spricht sich für die Gleichstellung aus – allerdings haben viele Befürworter in den letzten vier Jahren aus Koalitionstreue gegen Homo-Rechte gestimmt.
Von Dennis Klein
Noch sind es gut vier Wochen bis zur Bundestagswahl und die Kandidaten werben auf der Straße und bei Parteiveranstaltungen inzwischen rund um die Uhr für ihre Themen. Schwul-lesbische Anliegen werden dabei von den meisten Bewerbern unterstützt: Das Politik-Portal "Abgeordnetenwatch" errechnete etwa, dass sich fast 1.400 Bewerber für die Gleichstellung von Homo-Paaren beim Adoptionsrecht aussprechen (PDF). Nur noch 228 Kandidaten lehnen sie ab, 139 sind neutral. Das entspricht einer Zustimmungsquote von 68 Prozent.
Allerdings verteilen sich die Befürworter einer Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben höchst ungleich auf die Parteien. Ganze vorne stehen SPD, Grüne, Linke und Piraten. 97 bis 99 Prozent ihrer Kandidaten befürworten die Ausdehnung des Adoptionsrechts auf eingetragene Lebenspartner. Auch die FDP ist mit einer Rate von 87 Prozent noch vorne dabei. Einen steilen Abfall gibt es bei der CDU: Hier sprechen sich nur 16 Prozent der Bewerber für die Gleichbehandlung aus. Und bei der bayerischen Schwesterpartei wird es ganz schwarz: Kein einziger CSUler will sich als Gleichstellungsbefürworter outen.
Wahres Abstimmungsverhalten anders

Der Stuttgarter Abgeordnete Stefan Kaufmann spricht sich zwar für die Gleichstellung aus, enthält sich aber bei Abstimmungen im Bundestag
Die große Mehrheit muss sich aber nicht in Zustimmung im Parlament übertragen. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Aufstellung des Lesben- und Schwulenverbandes, in dem das Abstimmungsverhalten aller Bundestagsabgeordneten bei acht gescheiterten Voten zu Homo-Rechten aufgelistet ist (PDF). Dabei geht es etwa um Fragen wie die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft oder das Recht auf Eheschließung.
Die Liste zeigt sehr deutlich, welche Abgeordneten der Regierungskoalition den Mut aufbrachten, sich dem allumfassenden Fraktionszwang zu entziehen. Bei der Union ist die Zahl dieser Parlamentarier überschaubar. So hat sich etwa der schwule Stuttgarter CDU-Chef Stefan Kaufmann bei allen acht Fragen enthalten – und schneidet damit bei der Union am besten ab.
Die Abstimmungen zeigen auch, dass es nicht gut ist, wenn ein Politiker seine sexuelle Orientierung verstecken will: So hat Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sieben Mal gegen Homo-Rechte votiert (das achte Mal war er abwesend). Aber auch der homofreundliche Newcomer Jan-Marco Luczak, der 2009 erstmals ins Parlament eingezogen ist, stimmte lieber mit seiner Fraktionals seinem Gewissen zu folgen: So hat er ebenfalls Homo-Rechte sieben Mal abgelehnt. Ein einziges Mal, bei der Frage der steuerrechtlichen Gleichstellung, enthielt er sich immerhin.
Westerwelle fehlt

Gäbe es bei der FDP mehr Leute wie Michael Kauch, wäre die Gleichstellung wahrscheinlich schon erreicht
In der FDP sticht mit dem Dortmunder Abgeordneten Michael Kauch nur einer von 93 Parlamentariern als Vorkämpfer für Homo-Rechte heraus: Er hat sieben Mal mit der Opposition für die Gleichbehandlung gestimmt und sich ein Mal enthalten. Einige andere Liberale haben immerhin ab und zu eine Ja-Votum oder eine Enthaltung fertig gebracht.
Altgediente Befürworter der Gleichstellung wie Jörg van Essen brachten es aber fertig, wie CSU-Fossil Norbert Geis acht Mal mit "Nein" zu stimmen. Bei der FDP am besten aus der Affäre gezogen hat sich der schwule Außenminister Guido Westerwelle. Er hat sich einfach an keiner einzigen der Abstimmungen beteiligt.
Bereits vor einem Monat hatte der LSVD die Wahlprüfsteine veröffentlicht (queer.de berichtete). Hier hat der Verband an die fünf Bundestagsfraktionen und die Piratenpartei 20 Themenbereiche abgefragt. Auch hier waren die Ergebnisse der Union katastrophal, der FDP durchwachsen und der Opposition fast durchweg positiv.














