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- 29. August 2013 4 Min.
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In Calw tritt bei der Bundestagswahl für die FDP ein Politiker an, der gegen "sogenannte 'Rechte'" von militanten "homosexuellen Akteuren" ankämpfen will.
Der 69-jährige Reinhard Günther schreibt bereits auf der Wahlseite der örtlichen FDP, er wolle für "die Stärkung des Schutzes von Ehe und Familie als die wichtige, systemrelevante Keimzelle von Staat und Gesellschaft" kämpfen: "Es geht dabei um die Wiederherstellung der hierfür notwendigen intellektuellen, und gesellschaftlichen Voraussetzungen."
Wer nun rätselt, was er mit Intellektuellem meint, findet in einem aktuellen Eintrag von ihm auf abgeordnetenwatch.de Auskunft:
Da nach Feststellung der Sexualwissenschaften Homosexualität weder genetisch bedingt noch angeboren ist, sondern im Laufe des Lebens erworben wird, kann davon ausgegangen werden, dass ein Kind durch die laufende Beobachtung von Homosexualität ebenfalls homosexuell geprägt wird. Dies gälte insbesondere unter der Randbedingung, dass Homosexualität allgemein als normales sexuelles Verhalten betrachtet würde. Eine derartige Prägung wäre zweifellos nicht im Kindeswohl gelegen, und Aussagen von Studien die das Kindeswohl nicht gefährdet sehen sind daher unplausibel und für mich nicht nachvollziehbar. Ein Kind dem Risiko homosexueller Prägung, und es damit, im Falle eines Jungen auch zukünftiger hoher medizinischen Risiken auszusetzen, ist völlig verantwortungslos. (…)
Ich wende mich allerdings dagegen Kinder als soziales Zubehör dazu zu missbrauchen eine homosexuelle Partnerschaft als eine normale Ehe wie jede andere erscheinen zu lassen. Familie ist eben nicht da wo Kinder sind. Familie entsteht vielmehr aus dem Nukleus einer Verbindung von Mann und Frau, aus der wiederum Kinder und damit Familie entsteht. Die zentrale These der Homosexuellen und Ihrer Parteigänger, dass "Familie da ist wo Kinder sind" betrachte ich als den dialektischen Versuch die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen. Es wird so der Versuch unternommen wichtige soziale und gesellschaftliche Institutionen, wie sie die Ehe und die Familie sind, zum Schaden unserer Gesellschaft zu sprengen.
Ich spreche mich hinsichtlich homosexueller Partnerschaften für mehr Toleranz und Nachsicht aus. Da es sich aber um eine wichtige Bestrebung in unserer Gesellschaft handelt, bedauere ich es Ihnen nichts Freundlicheres sagen zu können. Die Militanz mit der die homosexuellen Akteure und ihre Parteigänger versuchen ihre sogenannten "Rechte" durchzusetzen erfordert leider eine deutliche öffentliche Antwort. Ein Recht auf Anerkennung, wie es verlangt wird, besteht ganz grundsätzlich nicht, noch ist der Staat in der Lage ihnen dieses zu verschaffen.
Ein Scherz? Leider nicht. Auch auf der Seite der FDP in Calw nennt der Kandidat mit Hang zu sehr eigener Komma-Setzung die Homo-Ehe einen "wirksamen Versuch Ehe und Familie zu relativieren, zu erodieren und damit eine zentrale Grundlage unserer Gesellschaft zu zerstören."
Der Versuch die Homo-Ehe mit der Ehe gleichzustellen, ist ein nicht zu Ende gedachtes edles Wollen, und ein Verlangen nach Gerechtigkeit wo kein Unrecht vorliegt. Es befördert die Absicht der Sozialisten den Menschen aus seinen sozialen Bezügen zu reißen, damit zu vereinzeln und ihn so zum beliebigen Objekt politischer Machtausübung zu machen. (…)
Durch das Konstrukt Homo-Ehe mit Kindern wird versucht die Gleichheit von Ehe und Homo-Ehe argumentativ zu belegen. Jedoch ist die Homo-Ehe regelmäßig nicht auf die Pflege und Erziehung von Kindern ausgelegt, sondern ist das Ergebnis erotischer Bedürfnisse. Am Sonderfall der Homo-Ehe mit Kindern kann nicht die Regel entschieden werden. (…)
Durch tägliche Beobachtung von Homosexualität ist anzunehmen, dass diese [in Homo-Ehen aufwachsenden] Kinder ebenfalls homosexuell geprägt werden. Die modernen Sexualwissenschaften gehen überwiegend davon aus, dass Homosexualität eine latent vorhandene Anlage ist, zu der 100% der gesamten Weltbevölkerung eine ernstzunehmende angeborene Veranlagung besitzt. Es gibt keine biologische Ursache für Homosexualität. Diese wird vielmehr in einem komplizierten Entwicklungsprozess erworben. Insbesondere pubertierende Jugendliche gelangen über situative Homosexualität zur dauerhaften Homosexualität. Das die häusliche Umgebung hier fördernd wirken kann ist unabweisbar. Insofern ist die Homo-Ehe mit Kindern ein Treibsatz für Homosexualität.
Wer das noch aushält: Hier findet sich der Rest des Traktats. Günther, der ansonsten der Webmaster der örtlichen FDP ist, wurde von den Liberalen in Baden-Württemberg auf Listenplatz 35 gesetzt. Ein Einzug über Listenplatz oder Direktmandat ist sehr unwahrscheinlich, unwahrscheinlicher jedenfalls als ein Einschreiten der FDP. Oder? (nb)

FDP-Wirtschaftsminister Rösler (l.) im Juni bei einem Wahlkampfbesuch beim Kandidaten Günther (r.) in Calw
Update 30.8.: JuLis reagieren
Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg haben auf die Aussagen Günthers reagiert und auf ihrer Homepage folgende Stellungnahme von Sebastian Gratz veröffentlicht. Er ist Mitglied im FDP-Landesvorstand und JuLis-Landesvorsitzender:
Sicherlich hat Herr Reinhard mit der Bewertung wissenschaftlicher Studien mindestens genauso viel Erfahrung wie mit der Lebensrealität homosexueller Paare mit oder ohne Kindern. Seine Kandidatur für den Bundestag bietet deshalb die seltene Chance, anhand seiner Geradlinigkeit die vor allem in ländlichen Gebieten teilweise noch mehrheitsfähige Mischung aus Ignoranz, Unkenntnis und Vorurteilen gegenüber Homosexualität offenzulegen und ihr entgegenzutreten. Deshalb bin ich Herrn Reinhard für seine Kandidatur ganz besonders dankbar und freue mich aber noch mehr, dass er auf Platz 35 der Landesliste im Widerspruch zur Haltung von 36 anderen Direktkandidaten der FDP in Baden-Württemberg steht.















Wer sich über die eigentümliche Gedankenwelt des rechten Rands der FDP informieren will, sollte mal auf die Website von 'eigentümlich frei' gehen.
FDP-Ingo, bitte übernehmen Sie!