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Interview zur Bundestagswahl

Volker Beck: Keine Gerechtigkeit mit CDU/CSU

  • 01. September 2013 107 5 Min.

Volker Beck hofft trotz der schlechten Umfragewerte auf eine rot-grüne Mehrheit mit Wunschpartner SPD (Bild: Grüne NRW)

Der grüne Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck will 2014 die Ehe für Schwule und Lesben öffnen. Der 52-Jährige warnt im queer.de-Interview eindringlich vor Angela Merkels Union.

Seit rund zwei Jahrzehnten setzt sich Volker Beck im Bundestag für Homo-Rechte ein. Im Kölner Süden kämpft der Grüne bei der anstehenden Wahl um ein Direktmandat gegen SPD-Schwulenmutti Elfi Scho-Antwerpes. queer.de-Redakteur Dennis Klein hat den gebürtigen Schwaben gefragt, wie es in der nächsten Legislaturperiode mit der Gleichstellung aussieht.

Wie wichtig sind Ihrem Eindruck nach homopolitische Themen im Wahlkampf?

Auf allgemeinpolitischen Veranstaltungen spielt das Thema Öffnung der Ehe genau so eine Rolle wie etwa doppelte Staatsangehörigkeit, Frauenquote oder Betreuungsgeld. Das sind die großen gesellschaftspolitischen Themen. Schwule und Lesben fragen nach Themen wie dem Aktionsplan gegen Homophobie über Gleichstellung im Grundgesetz bis zum Verbot der "Therapie" von Homosexualität.

Nach der Mitgliederbefragung vom Juni sind Homo-Themen für die Grünen keine Priorität. Hat das einen Einfluss?

Nein, das hat keinen Einfluss auf unsere Programmatik. Wir hatten damals 58 Themen zur Auswahl und die Abstimmung fand in der Woche statt, in der das Bundesverfassungsgericht die Gleichstellung beim Ehegattensplitting anordnete. Viele haben gedacht, dieses Thema ist durch. Überall dort, wo Schwule und Lesben vor Ort waren, hat das Thema aber gut abgeschnitten. Alle neun Themen, die wir am Ende ausgewählt haben, sind mir auch wichtig, wie der Kampf gegen Rechtsextremismus. Hier ist das Thema Kampf gegen Homo- und Transphobie explizit auch dabei.

Wenn sich die Grünen nach den Wahlen an der Bundesregierung beteiligen, können wir uns dann sicher sei, dass die Ehe in dieser Legislaturperiode geöffnet wird?

Ich will im ersten Regierungsjahr die Öffnung der Ehe auf den Weg bringen. Wir haben dafür gute Voraussetzungen. Bei uns ist es ja schon seit 1990 das Ziel, jetzt haben die Sozialdemokraten auch signalisiert, dass sie das mitmachen werden. Außerdem haben wir keinen Bundesrat, der Probleme macht. Das müsste daher zügig zu schaffen sein. Es sind nur noch juristische Detailfragen zu klären, etwa zur Umwandlung von Lebenspartnerschaften zu Ehen. Das ist aber eine übersichtliche Fragestellung, mit der man sich nicht lange aufhalten muss.


Im Bundestag sitzt Beck bereits seit 1994. Er ist gemeinsam mit Bärbel Höhn Spitzenkandidat der Partei in Nordrhein-Westfalen (Bild: Norbert Blech)

Ein Jahr wäre sehr schnell. Beim letzten rot-grünen Bündnis hat man sich fast drei Jahre Zeit genommen, um das Lebenspartnerschaftsgesetz umzusetzen. In dieser Zeit hat die Regierung die Bundesratsmehrheit verloren, wodurch etwa die zustimmungspflichtige Gleichstellung im Steuerrecht von unionsgeführten Ländern blockiert wurde. Würde es heute wirklich schneller gehen?

Ja, denn beim Lebenspartnerschaftsgesetz gab es damals zwischen SPD-Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin und der grünen Fraktion einen grundsätzlichen Dissens. Wir haben immer gesagt, dass wir gleiche Rechte und gleiche Pflichten wollen. Das wollte Frau Däubler-Gmelin damals nicht. Sie wollte ein Lebenspartnerschaftsgesetz, das kaum Rechtsfolgen hat. Die Grünen haben sich durchgesetzt – mit Hilfe von SPD-Politikern wie Margot von Renesse und Peter Struck. Wir haben dann zustimmungsfreie und -pflichtige Teile wegen dem Bundesrat getrennt. Wir konnten fast alles retten, was zustimmungsfrei ist. Unser Ziel war es, in der Öffentlichkeit, in den Parlamenten und vor Gericht für "gleiche Pflichten – gleiche Rechte" zu kämpfen. Die Strategie ging ja auf, es hat leider nur bis 2009 gebraucht, bis das Bundes­verfassungs­gericht die ersten Urteile gesprochen hat.

In Ländern wie Schweden und England hat eine Koalition unter Führung einer konservativen Partei die Ehe geöffnet. Wäre das nicht auch in Deutschland mit Schwarz-Grün vorstellbar?

Angela Merkel ist nicht David Cameron. Frau Merkel sagte sogar, sie hat mit der steuerlichen Gleichstellung und dem Adoptionsrecht Schwierigkeiten, da muss man über Ehe gar nicht erst reden. Und deshalb brauchen wir am 22. September eine rot-grüne Mehrheit mit starken Grünen.

Ein Schwenk in der Union ist für Sie also nicht vorstellbar?

Wenn man das Wahlprogramm der Union ernst nimmt, dann gibt es keine Gleichstellung und keine soziale Gerechtigkeit mit CDU/CSU. Ich sehe einfach keine gemeinsame Grundlage.


Im Kölner Süden kann man kaum auf die Straße gehen, ohne über dieses Plakat zu stolpern

Würden Sie mehr Druck auf Russland wegen des Gesetzes gegen Homo-"Propaganda" ausüben?

Bei Russland geht es nicht nur um das Thema Homosexualität, sondern um die Menschenrechtslage für alle Oppositionellen. Hier bräuchten wir eine Bundes­regierung, die die Dinge klar beim Namen nennt. Unsere Bundes­regierung ist dafür viel zu ängstlich, man könnte viel mehr tun. Schließlich ist Russland genauso darauf angewiesen, sein Gas hier im Westen zu verkaufen wie wir, es geliefert zu bekommen. Mehr Selbstbewusstsein wäre wichtig. Wenn man sich einlullen lässt, schwächt man die demokratischen Kräfte in Russland.

Was hieße das konkret?

Im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen gibt es die Möglichkeit einer Auseinandersetzung. Die russische Regierung fühlt sich ja auch genötigt, zu dem Thema Stellung zu beziehen. Wir müssen den Deutschen Olympischen Sportbund ermutigen, die olympische Charta einzufordern. Sie besagt, dass man als Sportler oder Zuschauer diskriminierungsfrei an den Spielen teilnehmen darf. Es kann nicht sein, dass die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppen, nämlich der der Lesben und Schwulen, dazu führt, dass man verhaftet wird, wenn man das nicht versteckt.

Sie kandieren direkt für den Bundestag im Wahlkreis Köln-Süd. Mit Elfi Scho-Antwerpes haben Sie eine SPD-Gegenkandidatin, die sich ebenfalls sehr stark in der Szene engagiert. Verändert das den Wahlkampf?

Wir kämpfen ja als SPD und Grüne gemeinsam an vielen Punkten für ähnliche Inhalte und eine gemeinsame Mehrheit. Es geht um Rot-Grün gegen Schwarz-Gelb und gegen die Illusionen der Linkspartei. Es ist offen, wer den Wahlkreis von uns direkt holt – CDU, Grüne oder SPD. Die Wählerinnen und Wähler müssen entscheiden, ob sie einen Bundestagsabgeordneten wollen, der wie der CDU-Kollege mehr über Pferdesteuer redet, eine engagierte Kommunalpolitikerin oder jemanden, der sich in den letzten Jahren mit seinem Gewicht und seiner Erfahrung im Bundestag für Kölner Anliegen wie den Bahnknoten eingesetzt hat.

Wollen Sie nach der Wahl weiterhin Geschäftsführer ihrer Fraktion bleiben oder gibt es Aussichten auf einen noch besseren Job?

(lacht) Jetzt streben wir erst mal ein gutes Wahlergebnis an und sehen, in welcher Situation wir am Wahlabend um 18 Uhr sind. Ich will jetzt nicht, dass wir über Posten reden, sondern alle Kraft aufwenden, um zu erreichen, dass Angela Merkel einen Posten in der Opposition bekommt.

Dieses Interview entstand in Zusammenarbeit mit dem NRW-Szenemagazin "Fresh" (aktuelle Ausgabe). Weitere Interviews zur Bundestagswahl folgen.

31.12.13 | Coming-out in der Bundes­regierung
Umweltministerin Hendricks outet sich als lesbisch
14.12.13 | Große Koalition
SPD-Mitglieder stimmen für Merkel
30.11.13 | Mitgliedervotum
Schwusos Bayern gegen Große Koalition
28.11.13 | Protest gegen anhaltende Diskriminierung
Kamen: Aids-Hilfe demonstriert vor SPD-Regionalkonferenz

#1 Fred i BKKAnonym
  • 01.09.2013, 10:35h
  • auch gaebe es noch viel mehr Politiker wie unser Volker Beck....was ein Unterschied zu dem ueblen Westerwelle ...
    Volker ,laesst sich fuer uns ALLE die Nase blutig schlagen ...und kaempft fuer UNSRE Rechte seit 20 Jahren ,da bei ist noch fuer mich seine Art sehr sympatisch ..auch weil er nicht wie Andre so extrem Poestchengeil ist...
    Tausend Dank auch wenn ich ihm nicht verzeihe ,dass er beim Papstbesuch sich nicht umgedreht hat und dem Goetzenopa ..seine Rueckseite gezeigt hat ....
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#2 gatopardo
  • 01.09.2013, 10:57h
  • Antwort auf #1 von Fred i BKK
  • So ist es ! Wer als Schwuler noch Kauder oder Westerwelle vorzieht, der hat einen Volker Beck einfach nicht verdient ! Und es ist derjenige als klug zu bezeichnen, der seine Irrtümer eines Tages einsieht, was er bewiesen hat.
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#3 Heinz-Jürgen VoßAnonym
  • 01.09.2013, 11:15h
  • Volker Beck hat uns überhaupt erst die Misere eingebrockt, dass man sich mit einem so schwachen Sondergesetz wie die 'Homo-Ehe' rumschlagen muss.

    Während schon die doch recht konservative Zeitschrift Der Spiegel sich 1996 für ein Wahlfamilienmodell aussprach (Zitat: Was eine Familie ist, entscheidet sich künftig danach, wer mit wem beim Frühstück sitzt und nicht mehr nach Trauschein, gemeinsamem Namen oder Stammbuch. Nicht mehr die traditionelle Ehe, sondern alle auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften genießen den Schutz der Rechtsordnung so jedenfalls steht es in der neuen Landesverfassung von Brandenburg . Ähnliche Verfassungsformulierungen finden sich auch in anderen neuen Ländern. (Der Spiegel 1996: 79)), zielte Beck auf den Bürgerrechtsansatz, der nur wenige an Hetero-Privilegien teilhaben lassen sollte, die meisten schwulen Lebensweisen aber weiter und noch stärker diskriminierte.

    Bereits 1991 schrieb die Vorsitzende des Lesbenrings zur Homo-Ehe, dass sie einen Versuch [darstelle], schwules Leben zu domestizieren und es im Zeitalter von AIDS in geordnete Bahnen zu lenken. Zukünftig würden nur die Schwulen, die mit Heirat eine gewisse Stetigkeit versprächen toleriert, die anderen hingegen als besonders gefährlich diskriminiert und verfolgt. Dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen war, sehen wir nun hier:
    www.queer.de/detail.php?article_id=19930
    .

    Insofern geht es doch endlich darum, weiterzudenken. Es ist doch spannend, dass der 'zivile Solidaritätspakt' (PACS) in Frankreich, der seit 1999 allen Paaren offen steht, unabhängig von Lebensweise, Geschlecht, sexueller Orientierung schon im Jahr 2010 - also allein in diesem jahr - von 205.000 Paaren geschlossen wurde (bei 250.000 Ehen), während in der Bundesrepublik die Eingetragene Lebenspartnerschaft insgesamt (!) im Jahr 2011 nur 34.000 Mal bestand.

    Wer heiraten will, soll dies tun und selbstverständlich muss dafür die Ehe offen sein. Aber es muss doch heute um ein hinreichendes Familienmodell gehen, in dem den konkreten Bedürfnissen von zwei oder mehr (!) Personen Rechnung getragen wird, bestimmte Rechte gegenseitig zuzugestehen. Dass das nötig ist - und eine 'Ehe-Form' nicht ausreicht -, machten die Aids-Hilfen seit Anfang der 1990er Jahre klar und auch eine damalige Umfrage des Bundesministeriums für Justiz ergab weiterreichenden Handlungsbedarf. Das mit Volker Beck und Manfred Bruns dann Lesben und Schwulen ein Sondergesetz als 'Homo-Ehe' übergeholfen wurde, ist wahrlich kein Grund zu feiern. Alternativen sind nötig: Und dafür lohnt es sich, auf den französischen PACS zu sehen, auf das Wahlfamilien-Modell der Linken und den 'Familienvertrag' und den 'Solidaritätsvertrag' wie er nun sogar von der Opposition in Bündnis 90 / Die Grünen vertreten wird.
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