https://queer.de/?20040
Facebook-Seite mit über 32.000 Fans
Österreich: Aufstand gegen Conchita Wurst
- 13. September 2013 3 Min.

Mit derart heftigen Reaktionen hatte wohl niemand gerechnet
Homo- und Transphobie? In der Alpenrepublik regt sich großer Widerstand gegen die Entsendung der Travestiekünstlerin zum Grand Prix.
In Österreich ist ein überraschender Shitstorm über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk losgebrochen. Drei Tage nach der Entscheidung des ORF, die Travestiekünstlerin Conchita Wurst ohne weiteren Vorentscheid zum Grand Prix nach Kopenhagen zu schicken (queer.de berichtete), kommt alleine eine Facebook-Seite gegen die Teilnahme auf über 32.000 Fans.
Conchita Wurst kann bei Facebook selbst nur auf 17.800 Fans zählen. Die Aufregung überrascht auch deshalb, weil Thomas Neuwirth beim Vorentscheid des ORF vor zwei Jahren in einer knappen Entscheidung des zweiten Platz geholt hatte, bei 49 zu 51 Prozent. Nach Baku fuhren stattdessen die Trackshittaz mit einer Nummer, die von einigen als heterosexistisch eingeschätzt wurde und beim ESC im Vorentscheid scheiterte.
Geht es nun um Homo- und Transphobie? Die Betreiber der Anti-Wurst-Facebookseite streiten das ab. "In aller Deutlichkeit muss gesagt werden dass wir mit der Seite die Person Conchita Wurst persönlich nicht schädigen oder in irgendeiner Weise diskriminieren wollen", heißt es dort seit heute morgen. "Es geht uns nicht darum, ein Statement Pro oder Contra Travestie, sexueller Ausrichtung oder musikalischer Qualität abzugeben", sondern darum, nicht vom ORF im Rahmen eines Vorentscheids gefragt worden zu sein.
Zahlreiche Hass-Kommentare

Conchita Wurst gibst sich unbeirrt
Allerdings macht die Facebook-Seite, die auch eine Petition für eine Rücknahme der ORF-Entscheidung gestartet hat, mit einem Bild auf, auf der Conchita Wurst durchgestrichen ist. Und in den ersten Postings war nur die News verlinkt, dass Wurst ausgewählt wurde, verbunden mit Anmerkungen wie "Shame on you ORF!!!!" oder "Oh mein Gott!!! Wie peinlich!!!"
Die zahlreichen User-Kommentare dort, auf anderen Facebook-Seiten oder Twitter sprachen noch eine deutlichere Sprache, viel war von Schwuchteln und ähnlichem die Rede. "Keiner will, dass Österreich von einer Transe vertreten wird", hieß es etwa. Oder: "So gestörte Leit kean eigsperrt". Obwohl die Seitenbetreiber inzwischen einige Postings gelöscht haben, heißt es dort weiterhin: "Toleranz für sowas? Ja genau, und in ein paar jahren darf man Haustiere heiraten und … Soll ja jeder das tun was er mag, und wenn es den Hund ned stört… Oder dem Kind…"
Immerhin: Die gefühlte andere Hälfte Österreichs nutzte die sozialen Netzwerke, um Conchita Wurst zu verteidigen; darunter nicht nur Fans. Die Webseite "Eurovision Austria 2014" sprach trotzdem entsetzt von einem "Armutszeugnis unserer Gesellschaft".
ORF verteidigt Entscheidung
Gegenüber heute.at verteidigte sich inzwischen der ORF, man habe "aus Kostengründen" auf einen Vorentscheid verzichtet. Wurst sei vor zwei Jahren Zweite geworden. "Außerdem steht die Kunstfigur Conchita Wurst für Werte wie Toleranz, Akzeptanz und Respekt vor dem Anderen, Werte die der ORF auch in seinen Unterhaltungsformaten transportiert."
Wurst selbst schrieb auf Facebook, sie könne mit dem Protest leben. "ABER, meine Lieben: Gibt es nicht wichtigere Dinge, in die man derart viel Energie stecken könnte? Nämlich FÜR Menschen zu kämpfen, die täglich diskriminiert werden und nicht dagegen." Wurst, die erst vor wenigen Tagen an einem Protest vor der russischen Botschaft in Wien teilgenommen hatte, ergänzte: "Wie würde es euch gehen, wenn eure Freunde, Verwandten, Kinder, Kollegen usw. auf diese Weise beschimpft werden? Ich bin mir sicher, dass es in eurer näheren Umgebung ebenfalls Menschen gibt, die 'anders' sind. In diesem Sinne kämpfe ich weiterhin GEGEN Diskriminierung und FÜR Toleranz."
Aus Deutschland kommt derweil inhaltliche Kritik: "Conchita Wurst klingt als Name wie ein Konzept: Mach aus Müll Sondermüll und benenne das Ding mit einem exotisch anmutenden Vornamen", schreibt der deutsche ESC-Journalist Jan Feddersen auf der NDR-Eurovision-Seite. "Am Ende eventuell lockt das Dschungelcamp. Das ist keine schlechte Karrierevorausschau für einen, der eigentlich weder über eine ernsthaft gute Entertainmentphantasie verfügt noch über gesangliche Fähigkeit, die dem Rumänen Cézar dieses Jahr eigen war."














