Zwei Manif-pour-tous-Aktivisten bei einer Demo im April 2013 in Paris (Bild: Jean-François Gornet / flickr / by-sa 2.0)
Gegen das Recht auf Eheschließung für Lesben und Schwule, aber nicht homofeindlich – diesen Spagat versuchen gerade die französischen Aktivisten der "Manif pour tous".
Von Ulrich Würdemann
Noch vor wenigen Monaten hatten sie mit Groß-Demonstrationen, polemischen Parolen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen gegen das Recht auf Eheschließung sowie das Adoptionsrecht für Homosexuelle protestiert. In bewusstem Wortspiel mit den Befürwortern der Ehe-Öffnung ("marriage pour tous", Ehe für alle) gaben die Aktivisten ihren Protesten den Namen "Manif pour tous"(manif: verkürzt für Manifestation; Demonstration für alle).
Nachdem das Gesetz, das auch lesbischen und schwulen Paaren in Frankreich Eheschließung und Adoption ermöglicht, vom Parlament im Mai 2013 beschlossen, vom Verfassungsgericht akzeptiert und vom Präsidenten im Sommer unterzeichnet wurde, war es in den vergangenen Wochen still geworden um die erst vor einem Jahr gegründete "Manif pour tous" (abgekürzt LMPT). Nur vereinzelt war es zu kleineren Protestaktionen gekommen. Nachdem die einstige "Ikone" der Bewegung, die Kabarettistin und Schauspielerin Frigide Barjot, sich im Frühjahr 2013 zurückgezogen hatte, war es zunächst zu Hahnenkämpfen verschiedener potentieller Führungsfiguren sowie internen Richtungs-Streitigkeiten gekommen.
Am vergangenen Wochenende trafen sich die Gegner der Ehe-Öffnung im Parc Floral in Paris zu einer "Sommer-Universität" – einer in Frankreich bei politischen Parteien und Bewegungen üblichen Form einer jährlichen Versammlung. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit kamen annähernd Tausend LMPT-Aktivisten unter dem etwas anachronistisch wirkenden Motto "Hollande, ta loi, on n'en veut pas" (Präsident Hollande, dein Gesetz wollen wir nicht) zusammen, um über die Ziele und zukünftigen Aktivitäten ihrer 'Bewegung' zu diskutieren.
Die Gender-Theorie als neues Schwerpunktthema?
Dabei machten die Organisatoren im Vorfeld deutlich, sich nicht weiterhin Vorwürfen der Homophobie aussetzen zu wollen. Mit dem Ziel "engagement pour tous" wolle man darüber diskutieren, "seinen Überzeugungen treu zu bleiben und die Flamme der Hoffnung weiterzutragen, ohne zu Homophobie Anlass zu geben", so Lionel Lumbroso, einer der Sprecher der Gruppierung, gegenüber der französischen Tageszeitung "Liberation". Wohl um dieses Anliegen zu unterstreichen, stand am Vortag ein Workshop unter dem Titel "Homophobie bekämpfen" auf dem Programm.
Welche Positionen wird die "Manif pour tous" in Sachen Homosexuelle künftig vertreten? Beobachter vermuten, dass die Gruppierung möglicherweise ihren Frieden mit der Ehe-Öffnung machen, aber weiterhin deutlich das Adoptionsrecht für Homosexuelle angreifen könnte. Auch ein weiteres "Aufreger-Thema" zeichnet sich ab: Insbesondere die Gender-Theorie und deren Behandlung in öffentlichen Schulen wurde heiß diskutiert, könnte zu einem kommenden thematischen Schwerpunkt werden.
Insgesamt bleibt die LMPT bei allen rein rhetorischen Bemühungen, den Vorwurf der Homo-Feindlichkeit abzuwehren, eine tief im konservativen Spektrum verankerte und von konservativ-katholischen Kreisen beeinflusste Gruppierung. Bei den kommenden Kommunalwahlen in Frankreich im März 2014 will "Manif pour tous" nicht mit eigenen Kandidaten antreten. Allerdings, so Tugdual Derville, der zweite der beiden Sprecher der Gruppierung, schließe man nicht aus, den Anhängern und Sympathisanten konkrete Wahlempfehlungen zu geben.