Am 1. Oktober 1953 erblickte der Klaus Wowereit das Licht der Welt. Er regiert Berlin inzwischen seit über zwölf Jahren (Bild: abbilder / flickr / by 2.0)
Er hat gezeigt, wie man sich richtig outet: Jetzt ist "Wowi" der dienstälteste Ministerpräsident in Deutschland und sitzt trotz Flughafenpannen noch immer fest im Sattel.
Von Dennis Klein
Der Satz "Ich bin schwul, und das ist auch gut so" ist der vielleicht bekannteste Satz eines Politikers im neuen Jahrtausend. Klaus Wowereit sagte ihn im Juni 2001 auf einem Sonderparteitag der SPD, um Medienspekulationen über seine sexuelle Orientierung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Nur eine Woche später wurde er zum Regierenden Bürgermeister der Stadt gewählt – zwölf Jahre später ist er immer noch dabei. Am 1. Oktober wird "Wowi" 60 Jahre alt.
Welche Vorbildfunktion sein Coming-out und sein darauf folgendes Engagement für Homo-Rechte hatte, hat sich langsam herausgestellt: Der Berliner Bürgermeister ebnete etwa den Weg für den früheren FDP-Chef Guido Westerwelle, der sich drei Jahre nach Wowereit ganz leise und vorsichtig outete (queer.de berichtete). Inzwischen gibt es offen schwule Politiker aus allen Parteien, sogar aus der Union. So geht Stefan Kaufmann, der Stuttgarter CDU-Chef, offen mit seiner sexuellen Orientierung um – ganz anders als vor zehn Jahren der Hamburger CDU-Bürgermeister Ole von Beust; dieser war damals nach seinem Outing durch Ronald Schill monatelang herumgeeiert und hatte Angst vor Journalistenfragen zu diesem Thema.
Das Coming-out Wowereits war nicht nur ein Türöffner für schwule Politiker aus weniger homofreundlichen Parteien, sondern sorgte auch dafür, dass Schwule in der Öffentlichkeit nicht automatisch mit dem Synonym "Paradiesvögel" in Zusammenhang gebracht wurden – auch wenn die Berichterstattung von "Regierenden Partymeister" oft anders ausgefallen ist, als es bei einem Heterosexuellen der Fall gewesen wäre. Immerhin gab es zu dieser Zeit in den großen Parteien niemanden in der ersten Reihe, der offen zu seiner Homosexualität stand. Auf der anderen Seite traten aber bayerische Ministerpräsidenten mit Frau und Kindern auf und zeigten, was als "normal" zu gelten hat. So wurden junge Homosexuellen von der Politik geradezu ins Versteckspiel getrieben.
Wowereit, der Tabubrecher
Ein Berliner CSD ohne Klaus Wowereit ist nur noch schwer vorstellbar
Der aus einfachen Verhältnissen stammende Wowereit setzte sich während seiner Amtszeit immer wieder gegen Diskriminierung ein und galt über Jahre sogar als potenzieller SPD-Kanzlerkandidat. Die Berliner Partei dankt ihm heute noch, dass er 2002 nicht mehr Juniorpartner der CDU sein wollte – und auch hier brach er ein Tabu, als er eine Koalition mit der PDS einging und den umtriebigen Gregor Gysi zum Wirtschaftssenator machte. Gysi schmiss den Job unter einem Vorwand zwar schon nach ein paar Monaten, die Koalition hielt aber fast ein Jahrzehnt und überraschte sogar mit einem Sanierungskurs, den man dem linken Bündnis gar nicht zugetraut hätte. Danach wechselte Wowereit geschmeidig wieder zur CDU – diesmal mussten die Christdemokraten aber Juniorpartner sein.
In den letzten Jahren ist Wowereits Stern mit dem Berliner Flughafen-Fiasko gesunken. Seine bundespolitischen Ambitionen hat er vorerst eingestellt und will ab November auch nicht mehr Vize-Chef der Bundes-SPD sein. Noch macht der unangefochtene Chef der Berliner Sozialdemokraten aber keine Anstalten, seinen Posten als Regierender Bürgermeister der Hauptstadt abzugeben. Das Rentenalter hat "Wowi" ja noch lange nicht erreicht.