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Kirchliches Arbeitsrecht
Kardinal Lehmann wettert erneut gegen Homo-"Propaganda"
- 06. Oktober 2013 3 Min.

Russische Rhetorik zum 30. Bischofsjubiläum: Karl Kardinal Lehmann (Bild: MBN)
Nach Auffassung des Mainzer Bischofs dürfen Lesben und Schwule nur dann verantwortlich in Einrichtungen der katholischen Kirche tätig sein, "wenn sie mit ihrer Homosexualität nicht öffentlich Propaganda machen".
Von Micha Schulze
In der Zusammenfassung der "Allgemeinen Zeitung" liest sich die Nachricht zunächst als Fortschritt, so als ob Lesben und Schwule plötzlich als Mitarbeiter in katholischen Einrichtungen willkommen seien. Das kirchliche Arbeitsrecht habe sich deutlich gewandelt, zitiert die Mainzer Tageszeitung Kardinal Karl Lehman in einem am Samstag veröffentlichten Interview anlässlich seines 30. Bischofsjubiläums. Nach Auffassung des 77-Jährigen muss es möglich sein, dass Lesben und Schwule verantwortlich in Einrichtungen der katholischen Kirche tätig sind – allerdings nur unter einer Voraussetzung: "Wenn sie mit ihrer Homosexualität nicht öffentlich Propaganda machen", so der Kardinal.
Ist ein Coming-out schon "Propaganda"?
Ein Fortschritt? Wohl kaum. Die Aussage Lehmanns gibt nichts anderes als den Status quo wider. Versteckt lebende Schwule und Lesben bleiben schon jetzt in kirchlichen Einrichtungen weitgehend unbehelligt. Wagen sie es jedoch, sich etwa zu verpartnern, wird selbst die Putzfrau in einem Krankenhaus oder eine Erzieherin in einem Kindergarten entlassen. Wirklich subversive "Propaganda"-Fälle, dass etwa Priester in Chaps mit Regenbogenfahnen den Kölner Dom besetzen, sind dagegen bislang überhaupt nie vorgekommen – und wohl auch in Zukunft nicht zu erwarten. Nach dem Gesetz ist die Diskriminierung lesbisch-schwuler Mitarbeiter legal: Die großen Religionsgemeinschaften sind von den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ausgenommen.
Lehrmanns große Angst vor sichtbaren Lesben und Schwulen

Der Mainzer Bischof findet homosexuelle Lebensformen "nicht genügend erprobt" (Bild: MBN)
Bereits im vergangenen Monat hatte sich Lehmann mit einer absurden Äußerung über angebliche Homo-"Propaganda" echauffiert (queer.de berichtete). Er wisse zwar, dass es schwule Priester gebe, so der 77-Jährige in einem Interview mit dem Magazin "Mainz". Nur: "Was mich stört, ist diese propagandistische, lobbyhafte Art pro Homosexualität, weil es jungen Leuten Lebensformen verspricht, die dann doch nicht genügend erprobt sind."
Trotz seiner russischen Rhetorik gibt sich Kardinal Lehmann immer wieder "tolerant". In dem Gespräch mit dem Magazin "Mainz" meinte der Bischof auch, niemand wisse so richtig, wie und warum es Homosexualität gebe. "Wenn ich das aber heute nicht weiß, dann muss ich auch ganz zurückhaltend sein im Urteilen. Ich muss dann einfach eine gewisse Toleranz walten lassen, dass Menschen so sind."
Bereits im Jahr 2009 hatte Lehmann gemeint, Homosexualität sei "nichts Negatives". Der Bundesverdienstkreuzträger, der sich in seinen 30 Jahren als Bischof vergleichsweise selten zu LGBT-Themen geäußert hatte, sagte aber schon damals, dass diese "nicht auf der Straße für die Homosexualität werben" sollten.
Karl Lehmann, 1936 in Sigmaringen geboren, ist seit 1983 Bischof von Mainz. Von 1987 bis 2008 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Im Jahr 2001 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt.














