Teilnehmer des ersten und von der Polizei gut abgeschirmten CSD in Podgorica
Beim ersten Pride in der Hauptstadt Podgorica liefern sich Polizei und Nationalisten Straßenschlachten. Ein 15-Jähriger wird beim Bau einer Bombe verletzt.
Von Norbert Blech
In der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica ist es am Sonntag zu schweren Ausschreitungen zwischen der Polizei und Gegnern der ersten CSD-Parade in der Geschichte der Stadt gekommen.
Während der CSD, der am Parlament endete, von der Polizei abgeschirmt wurde und selbst offenbar friedlich ablief, errichteten Nationalisten Barrikaden, um mit der Polizei zu kämpfen. Diese setzte zahlreich Tränengas ein, wie auch das Sicherheitspersonal der US-Botschaft. Nationalisten stürmten diverse Gebäude und richteten Sachschaden an. So wurde unter anderem ein Stein durch die Fensterscheibe einer Nachrichtenredaktion geworfen.
Nach aktuellem Stand wurden insgesamt rund 60 Nationalisten verhaftet, darunter einige Personen mit Molotow-Cocktails und um die 20 Minderjährige. Einige Polizisten und Homo-Gegner wurden bei den Ausschreitungen verletzt, offenbar kam es aber zu keinen schweren Verletzungen. Bei dem größten Polizeieinsatz des Landes der letzten Jahre waren rund 2.000 Beamte im Einsatz.
Am CSD selbst nahmen bis zu 200 Menschen teil, darunter auch Vertreter der Regierungs- und Oppositionsparteien wie auch Botschafter der EU und einiger EU-Länder. Auch die Organisatoren der ebenfalls umkämpften CSDs in Belgrad und Split waren angereist. Nach Abschluss der Demonstration wurden die Teilnehmer von der Polizei sicher aus der Innenstadt eskortiert. Die Veranstalter erklärten, den nächsten CSD im Juni 2014 abhalten zu wollen.
Bombenbastler verletzt
Nationalisten lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei
Für einen zusätzlichen Schreck sorgten am Sonntag Medienberichte, wonach ein 15-Jähriger mit Verbrennungen in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, nachdem es beim Basteln von Sprengsätzen zu einer Explosion kam. Der Junge hatte sich über das Internet Anleitungen zum Bau von Bomben heruntergeladen und mit Dünger und ähnlichen Materialien experimentiert.
Mit den Bomben habe er CSD-Teilnehmer treffen wollen, so der junge Mann, der derzeit von Polizeibeamten im Beisein seiner Eltern verhört wird.
Am Samstag war Medienberichten zufolge ein bekannter LGBT-Aktivist von drei jungen Männern vor seiner Wohnung überfallen worden. Dabei schlugen ihm die Angreifer gegen den Kopf.
Krawalle bereits im Sommer
Ein verlassenes Kampfgebiet am Sonntag in Podgorica
Bereits im Juli war es beim CSD in Budva, dem ersten CSD in Montenegro überhaupt, zu Ausschreitungen gekommen (queer.de berichtete). Mehrere hundert Nationalisten protestierten mit Rufen wie "Tötet die Homos" gegen den CSD und warfen mit Steinen, Flaschen und vielen anderen Gegenständen auf die Parade-Teilnehmer, von denen einige leicht verletzt wurden.
2011 war ein geplanter CSD in der Hauptstadt aus Sorge vor angekündigten Gegenprotesten noch abgesagt worden. In diesem Jahr wollten die Aktivisten von "Queer Montenegro" aber nicht auf einen Protest verzichten und wurden dabei auch von der Regierung unterstützt.