Die Bewegung "Im Namen der Familie" sammelte Unterschriften in Fußgängerzonen und vor Messen
Die Regierung lässt nach Druck der katholischen Kirche über eine Verfassungsänderung abstimmen, will das Ergebnis aber offenbar ignorieren.
In Kroatien deutet sich in der Frage der Homo-Ehe eine Verfassungskrise an, die die Regierung in Konflikt mit der eigenen Bevölkerung und möglicherweise auch dem Recht bringen könnte.
Am Mittwoch entschied der Verfassungsausschuss des Parlaments, am 1. Dezember ein Referendum über die Frage abzuhalten, ob die Ehe in der Verfassung künftig als "lebenslange Verbindung von Mann und Frau" definiert wird. Ein entsprechender Passus fehlt bislang in der kroatischen Verfassung.
Die vor allem von der katholischen Kirche gestützte Bewegung "Im Namen der Familie" hatte im Sommer der Regierung über 740.000 Unterschriften für das Referendum übergeben – bei einer Gesamt-Einwohnerzahl von gerade einmal 4,2 Millionen Einwohnern (queer.de berichtete). Die große Zahl der Unterstützer setzte die Regierung unter Druck, die Volksabstimmung durchzuführen, obwohl sie dazu nicht verpflichtet ist. Daher wird das Parlament wohl am Freitag dem Rat des Verfassungsausschusses folgen und das Referendum zulassen.
Kampf auch um Lebenspartnerschaften
Allerdings ist das regierende Linksbündnis gegen diese Verfassungsänderung, zu der sie nach allgemeiner Rechtsauslegung verpflichtet ist, sollte das Referendum angenommen werden (es reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ohne eine Mindestbeteiligung).
Nach langer Debatte sprach sich der Verfassungsausschuss daher für eine Formulierung aus, in der von einer Verfassungsergänzung und nicht -änderung die Rede ist. Auch wurde festgelegt, dass für eine Bestätigung im Parlament mindestens 101 Stimmen nötig sind, das ist mehr als eine Zweidrittelmehrheit.
Das Linksbündnis hat 61 Stimmen im Parlament und überlegt öffentlich, den Wählerwillen notfalls nicht umzusetzen: Die Regierung könnte entweder gegen die Verfassungsänderung stimmen oder diese nicht auf die Tagesordnung setzen. Auch einige Oppositionspolitiker überlegten einen entsprechenden Schritt, weil sie sich nicht von der Kirche zu einer Politik bewegen lassen wollen, die dem Gleichheitsgedanken widerspricht.
Allerdings gibt es an diesem Vorgehen erhebliche Kritik; einige Medien und Politiker hatten den Gedanken aufgebracht, den Text der Resolution zunächst vom Verfassungsgericht überprüfen zu lassen. Aber auch hier ist unklar, ob dies überhaupt vorab zulässig ist.
Eine Parlamentsentscheidung gegen den möglichen Willen der Bevölkerung würde freilich dennoch vor dem Verfassungsgericht landen – wie auch die für die nächsten Monate geplante Einführung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften. Im August hatte die Regierung angekündigt, ein entsprechendes Institut einzuführen, das in etwa die gleichen Rechte und Pflichten wie bei Eheleuten beinhalten soll – inklusive kompletter Gleichbehandlung im Steuerrecht, aber zunächst mit höchstens der Möglichkeit einer Stiefkindadoption. (nb)