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Regierung empfiehlt Zustimmung
Schweiz: Ehe-Verbot für Schwule und Lesben geplant
- 25. Oktober 2013 3 Min.

Das schweizerische Kabinett empfiehlt die Annahme des homofeindlichen Entwurfs. (Bild: Bundesrat / Monika Flückiger)
Durch die Hintertür soll in der Schweiz die Ehe für Schwule und Lesben in der Bundesverfassung verboten werden – bald könnten die Schweizer darüber abstimmen.
Die schweizerische Regierung, der Bundesrat hat am Mittwoch seine Unterstützung für die Volksinitiative "Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe" angekündigt, in der unter anderem die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau in der Bundesverfassung definiert werden soll. Die Regierung empfiehlt den Bürgern, bei einem Referendum dem Entwurf zuzustimmen.
Die Schweiz wäre das erste westeuropäische Land, das in der Verfassung ein ausdrücklichen Ehe-Verbot für Schwule und Lesben verankert. Derzeit gibt es ähnliche Einschränkungen in den Verfassungen von Polen, Litauen und Lettland. In Kroatien soll in Kürze trotz gegenteiliger Meinung der Regierung ein Referendum darüber abgehalten werden, ob die Ehe eine rein heterosexuelle Verbindung ist (queer.de berichtete).
Die Schweizer Initiative hat zum Ziel, folgende Sätze in die Verfassung einzufügen: "Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Sie bildet in steuerlicher Hinsicht eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie darf gegenüber andern Lebensformen nicht benachteiligt werden, namentlich nicht bei den Steuern und den Sozialversicherungen".
Vordergründig soll die Verfassungsergänzung, die auf Betreiben der mitregierenden Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) angestoßen wurde, die steuerrechtliche Benachteiligung von Eheleuten gegenüber unverheirateten heterosexuellen Paaren ("Kokubinatspaaren") beenden. Hintergrund: Augenblicklich müssen vereinzelte Ehepaare mehr Bundessteuer bezahlen als gleich situierte unverheiratete Paare.
"Diskriminierender Rückschritt"
Die einheimischen Medien haben bislang kaum darüber berichtet, dass die Volksinitiative die Ehe als ausschließlich heterosexuelles Institut definieren soll. Der Dachverband Regenbogenfamilien kritisierte das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen in der Verfassung am Freitag jedoch als "Schlag ins Gesicht von allen gleichgeschlechtlich liebenden Menschen in der Schweiz".
Durch die Neudefinition würde eine Öffnung der Ehe wesentlich erschwert. "Dadurch würde die Schweiz einen diskriminierenden Rückschritt vollziehen, während man im Ausland, insbesondere in unseren europäischen Nachbarländern, endlich die längst überfällige Gleichstellung durchsetzt und die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnet", so der Verband in einer Pressemitteilung. Er forderte "mehr Sensibilität" von der Regierung und warnte eindringlich davor, "diskriminierende Bestimmungen" in der Bundesverfassung zu verankern.
Eine Volksinitiative muss von der Mehrheit der abstimmenden Schweizer abgesegnet werden. Außerdem muss die Mehrheit der Kantone zustimmen.
Referenden als Waffe gegen LGBT-Rechte
Die Strategie, Homo-Rechte durch direkte Demokratie einzuschränken, wurde im vergangenen Jahrzehnt insbesondere in Teilen der USA durchgeführt. In mehr als der Hälfte der Bundesstaaten gab es Mehrheiten für ein Verbot von gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in der Regionalverfassung. Anders als in der Schweiz wurde bei den Volksabstimmungen in den USA das Thema Ehe-Verbot für Schwule und Lesben nicht mit anderen Fragen wie der Benachteiligung von heterosexuellen Eheleuten im Steuerrecht verknüpft. 2004 setzten die Republikaner mehrere Volksentscheide parallel zur Präsidentschaftswahl an, um konservative Wähler an die Urne zu locken – und damit Präsident George W. Bush die Wiederwahl zu sichern.
Die Schweiz galt bislang als fortschrittlich in LGBT-Fragen. Homosexuelle Handlungen sind bereits seit 1942 erlaubt, 2005 haben die Schweizer bei einem Referendum zudem mit deutlicher Mehrheit der Einführung von eingetragenen Partnerschaften für Schwule und Lesben zugestimmt (queer.de berichtete). Das Rechtsinstitut beinhaltet aber auch heute noch eingeschränkte Rechte. Vergangenes Jahr hat das Parlament immerhin der Einführung der Stiefkindadoption zugestimmt (queer.de berichtete). (dk)














