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Homosexuelle in der DDR

Im Bett mit der Stasi


Der Puppenspieler Peter Bausdorf (li.) veranstaltete in der DDR private Schwulenpartys mit bis zu 50 Gästen und eigens inszenierten Travestie-Programmen. Das Foto zeigt ihn am Strand mit seinem Freund Dieter (Bild: déjà-vu film)

Jetzt im Kino: In ihrer Doku "Out in Ost-Berlin" lassen Jochen Hick und Andreas Strohfeldt 13 lesbisch-schwule Ex-DDR-Bürger zu Wort kommen.

Von Daniel Sowa

Wie haben Lesben und Schwule in der DDR eigentlich gelebt? Ein knappes Vierteljahrhundert nach dem Fall der Mauer scheint das Interesse an dieser Frage zu wachsen. Im vergangenen Jahr kam bereits der Film "Unter Männern – Schwul in der DDR" von Ringo Rösener und Markus Stein in die deutschen Kinos, nur kurz zuvor lief die Fernsehproduktion "DDR unterm Regenbogen", gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, erstmals im Öffentlich-Rechtlichen. Nun haben die beiden Regisseure Jochen Hick und Andreas Strohfeldt aus dem vielen Material, das sie hatten, auch noch einen doppelt so langen Kinofilm gemacht.

Der groteske Druck von Behörden und Stasi


Plakat zum Film: "Out in Ost-Berlin" startet am 31. Oktober 2013 bundesweit im Kino

Die Dokumentation "Out in Ost-Berlin" stellt insgesamt 13 Männer und Frauen vor und zeigt in Interviews chronologisch die Lebensumstände und Brüche ihrer Biografien in einem streng heterosexuell geprägten Land. Bekannte Persönlichen wie der ehemalige Landesabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Christian Pulz, der langjährige LSVD-Bundesvorstand Eddy Stapel, die Aktivistinnen Marinka Körzendörfer und Marina Krug, der Übersetzer Klaus Laabs oder Peter Rausch vom Prenzlberger "Sonntagsclub" erzählen von ihren Coming-outs, ihrer Arbeit in staatlichen, privaten und kirchlichen Initiativen sowie dem dramatischen Konflikt zwischen Heimatliebe und Protest gegen den sie ignorierenden Staat.

1968, also bereits ein Jahr vor der Bundesrepublik, wurden in der DDR homosexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen legalisiert. Damit wurde zwar ein Relikt aus dem Nationalsozialismus abgeschafft, doch am Alltag für Lesben und Schwule änderte sich wenig. Die in der Doku geschilderten Erlebnisse und Erfahrungen führen die Brüche der Betroffenen mit dem zwar politisch linken, aber in der Lebenswirklichkeit sehr konservativen System vor. Insbesondere der teils groteske Druck von den Behörden und der Staatssicherheit beschreibt das Verhältnis der offiziellen DDR zu ihrer lesbisch-schwulen Minderheit. So schildert ein Betroffener, wie Stasi-Mitarbeiter, sogenannte Romeos, auf ihn angesetzt wurden, um ihm durch Beischlaf besser Informationen entlocken zu können.

Spannende Gespräche an authentischen Orten


Der Fotograf und IM Andreas Fux sollte seine Freunde ausspionieren (Bild: déjà-vu film)

Manche der interviewten Männer und Frauen wollten einfach nur "ganz normal leben", manche wehrten sich gegen ihre Ausgrenzung, andere kämpften für Freiräume und Emanzipation. Mit dem Fotografen Andreas Fux kommt dabei auch ein ehemaliger Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit zu Wort. Mit dem Vorwurf, die DDR illegal verlassen zu wollen, war Fux zuvor bei einer Reise nach Prag verhaftet worden, sein Ausweis wurde eingezogen. Die Mielke-Behörde nutzte die Situation aus und verlangte Informationen und Fotos über die kirchlichen Arbeitskreise von Lesben und Schwulen. Fux stand vor dem moralischen Dilemma, diejenigen ausspionieren zu sollen, die seine Freunde waren.

Die durchweg spannenden Gespräche wurden an authentischen Orten geführt und durch zeitgeschichtliches Archivmaterial sowie private Aufnahmen ergänzt. Einzig die Musikauswahl wird nicht immer dem Kontext gerecht. Insgesamt ist die Doku aber eine sehr atmosphärische und zeitweise melancholische Zeitreise durch den real existierenden homosexuellen Sozialismus.

Rückblickend auf sein Leben hat einer der Protagonisten festgestellt: "Das Abdrängen der Homosexualität aus der Öffentlichkeit ist ein unterbewusster gesellschaftlicher Prozess, und der lief in der DDR wie überall anders auch." Der Film hilft, diesen Prozess zu verstehen.

Vimeo | Offizieller Trailer zum Film
Infos zum Film

Out in Ost-Berlin. Dokumentation. Deutschland 2013. Regie: Jochen Hick & Andreas Strohfeldt. Mit: Peter Bausdorf, Bettina Dziggel, Michael Eggert, Andreas Fux, Marinka Körzendörfer, Marina Krug, Klaus Laabs, Jürgen Litfin, Gerhard Plöse, Christian Pulz, Michael Raimann, Peter Rausch, Eduard Stapel, Peter Tatchell. Laufzeit: 94 Minuten. FSK 12. Verleih: déjà-vu film
Galerie:
Out in Ost-Berlin
10 Bilder
#1 DifferentAnonym
  • 30.10.2013, 16:20h
  • Im großen Unterschied zur BRD:

    "Dies setzte den § 175 faktisch außer Kraft, da das Kammergericht Berlin gleichzeitig urteilte, daß bei allen unter § 175 alter Fassung fallenden Straftaten weitherzig von der Einstellung wegen Geringfügigkeit Gebrauch gemacht werden soll. Homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen blieben daher ab Ende der 50er Jahre straffrei."

    de.wikipedia.org/wiki/%C2%A7_175#Entwicklung_in_der_SBZ_und_
    der_DDR


    Artikel: "Das Abdrängen der Homosexualität aus der Öffentlichkeit ist ein unterbewusster gesellschaftlicher Prozess, und der lief in der DDR wie überall anders auch."

    1989 - "Der Geschäftsordnungsausschuß des Bundestages ist bislang der Meinung, dass Formulierungen in Bundestagsdrucksachen unzulässig sind, falls sie als Ordnungsverletzung anzusehen wären, würden sie im Plenum des Bundestages vorgetragen." (Dieter Wiefelspütz, SPD) [Gemeint waren die Begriff "Schwule", "schwul".]

    1987 - "Am 11. August 1987 hob das Oberste Gericht der DDR ein Urteil wegen § 151 mit der Begründung auf, dass Homosexualität ebenso wie Heterosexualität eine Variante des Sexualverhaltens darstellt. Homosexuelle Menschen stehen somit nicht außerhalb der sozialistischen Gesellschaft, und die Bürgerrechte sind ihnen wie allen anderen Bürgern gewährleistet."

    de.wikipedia.org/wiki/%C2%A7_175#Entwicklung_in_der_SBZ_und_
    der_DDR
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#2 Elton JohnAnonym
#4 gibmichrotProfil
#5 seb1983
  • 31.10.2013, 11:14h
  • Antwort auf #1 von Different
  • Hier zeigt sich mal wieder eindrucksvoll der Unterschied zwischen Gesetzen auf dem Papier und der Lebenswirklichkeit.
    Während sich in Westdeutschland nach '68 und dem "kapitalistischen Ausland" sowiso eine lebendige Szene entwickelte passierte in der DDR und dem restlichen Ostblock.... nichts.
    Man durfte brav bei den Pionieren mitmarschieren.
    Dafür Schwulen die gleichen nicht vorhandenen Bürgerrechte wie allen anderen zu gewähren und sie im Würgegriff der "sozialistischen" Gesellschaft nach SED Machart zu begrüßen kann man sich keinen Blumentopf kaufen.
    Straffrei blieben solche Handlungen nur wenn es der SED passte.
    Was kümmerte die Stasi das Gesetzbuch?

    Die Gesetzgebung in der BRD insbesondere bis '68 war eine Schande, aber so zu tun als wäre die DDR da fortschrittlich gewesen oder gar das Homoparadies ist ideologisch verblendet.
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#6 Monster_BabyEhemaliges Profil
  • 31.10.2013, 11:24h
  • Das Leben als Lesbe, Schwuler oder Transident war in der DDR möglich aber schwierig. Die DDR-Gesellschaft wurde durch Einschüchterungsmaßnahmen kleinbürgerlich gehalten. Was nicht der Norm entsprach wurde reglementiert. In Ost-Berlin gab es wohl die meisten Nischen für LGBT*s und auch dort war es nicht einfach. Gut, dass es nun ein filmisches Dokument über starke und außergewöhnliche Persönlichkeiten gibt, die ihren Weg in dem autoritären System gesucht und z.T. wohl auch gefunden haben. Leider sind aber auch viele an dem gesellschaftlichen Druck zerbrochen oder haben sich verleugnet. Ich befürchte, ich hätte den Weg der Selbstverleugnung gewählt - darum bin ich ein überzeugter Befürworter einer offenen Gesellschaft, die auch den durchschnittlichen und ängstlichen Individuen erlaubt ihren (homosexuellen) Weg zu gehen und sich zu verwirklichen - nicht jede/r ist ein Held.
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#7 lionAnonym
  • 31.10.2013, 13:36h
  • Ich kenne nun Dank der Wende 89 beide Gesellschaftssysteme und auch die Schwulenszene, die es nicht nur in Ost-Berlin gab. Im Gegensatz zur heutigen Szene war der Zusammenhalt familiärer und tiefgreifender - im Gegensatz zur heutigen Oberflächlichkeit - was aber auch der heutigen Gesellschaft und Zeit geschuldet ist. Ja, man wusste, dass man als Schwuler evtl. unter Beobachtung stand, aber als Jugendlicher hat man sich da weniger Gedanken gemacht. Also aus meiner Sicht, habe ich mich schon zu DDR Zeiten als schwuler frei bewegt - mal vom Comming Out gegenüber der Familie abgesehen. Es gab die "einschlägigen" Szenetreffs nicht nur in Ost-Berlin. Bei uns in Chemnitz, gab es unter dem Dach der Kiche ( Junge Gemeinde) Anfang der 80'ziger so etwas wie eine Schwulenbewegung. Schwule Disco's und die diverse Kneipen und Treffpunkte (Klappen und Parks) gab es auch in der Provinz. Ich finde es immer Schade, dass alles nur auf Berlin reduziert wird und dann noch mit auch wie gefährlich die Stasi hat uns beobachtet - wie oben schon einmal erwähnt als Jugendlicher hat man sich da weniger Gedanken gemacht - und was in meiner Stasi-Akte über mein schwul sein und meine Kontakte zu Schwulen im stand/steht ist wirklich nur lächerlich.
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#8 einmischenProfil
  • 31.10.2013, 14:33hBerlin
  • Wie viele Dokus über DDR-Homosexuelle will man eigentlich noch auf den Markt bringen? Zumal die Portraitierten teilweise dieselben sind. Komischerweise gibt es kaum etwas zu den rund 50000 Verurteilten nach §175 in der BRD. Logisch, denn da kann man sich ja auch nicht so schön über die Stasi gruseln. Wie sagte kürzlich ein Journalist zu mir: "Stasi geht immer".
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#9 FoXXXynessEhemaliges Profil
#10 seb1983