Papst Franziskus fragt, wie die Gläubigen über Homo-Rechte denken - ein erster Schritt zur Anerkennung von gleichgeschlechtlicher Liebe?
In einem höchst ungewöhnlichen Schritt hat der Vatikan Fragebögen an seine Bistümer versendet, um die Meinung der Gläubigen zu Familien-Themen abzufragen, darunter auch Homo-Rechte.
Papst Franziskus will wissen, wie seine 1,2 Milliarden Schäfchen über die Familie denken: Sein Amt hat bereits Mitte Oktober ein Vorbereitungsdokument zur außerordentlichen Bischofssynode an die 4.700 Bischöfe verschickt. Das Treffen soll kommenden Oktober stattfinden. Thema sollen die "pastoralen Voraussetzungen der Familie im Kontext der Evangelisierung" sein.
In dem Fragebogen sollen erstmals auch Gläubige in Gemeinden befragt werden. Themen schließen dabei alle Formen des Familienlebens ein, darunter etwa Geschiedene, heterosexuelle Heiratsverächter, interreligiöse Ehen, Polygamie, arrangierte Ehen und auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Die britische Kirche hat den Fragebogen bereits für alle Gläubigen online gestellt.
"Kinder in irregulären Ehesituationen"
Das Papier spricht von "noch nie da gewesenen Problematiken" im Bereich Familie, beispielsweise von Lebensgemeinschaften "von Personen desselben Geschlechts, denen nicht selten die Adoption von Kindern gewährt wird". Das Oberhaupt der katholischen Kirche verlangt daher auch Auskunft von den Bischöfen über die Gesetzeslage in ihrem Bistum in Bezug auf Homo-Rechte, wie die Bischöfe diese beurteilen und wie viel "pastorale Aufmerksamkeit" gegenüber Schwulen und Lesben möglich sei, "die sich für derartige Lebensgemeinschaften entschieden haben". Der Vatikan will auch wissen, ob und wie "Kinder in irregulären Ehesituationen" religiös großgezogen werden.
In dem Dokument werden zwar keine Änderungen der generellen Ablehnung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen durch die katholische Kirche angekündigt. Das Papier geht jedoch ungewohnt feinfühlig auf Themen ein, die bis vor kurzem innerhalb der Kirche noch als Tabu galten.
Kirche weiterhin gegen Gleichbehandlung
Papst Franziskus hat in den letzten Monaten im Vergleich zu seinem Vorgänger weitaus sanfter über Homosexualität gesprochen. So bezeichnete er Schwule etwa als "unsere Brüder" (queer.de berichtete). Allerdings hat die Kirche ihre Meinung zu schwul-lesbischen Rechten bislang nicht revidiert und kämpft weiter weltweit gegen Antidiskriminierungsgesetze oder die Einführung von Lebenspartnerschaften oder Ehe-Schließungen für gleichgeschlechtliche Paare.
So bezieht die US-Kirche weiter gegen fortschreitende Gleichstellungsgesetze auf Ebene der Bundesstaaten Stellung – erst vergangenen Monat bezeichnete es etwa der Bischof von Springfield als "Gotteslästerung", wenn Katholiken für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Eherecht beten (queer.de berichtete). Unter den Gläubigen dürfte die anhaltende Linie allerdings Befremden auslösen: In den USA unterstützt eine deutliche Mehrheit der Katholiken die Ehe-Öffnung – sie ist bei den amerikanischen Papst-Anhängern weit populärer als unter Protestanten.
Auch in Deutschland kämpft die Spitze der katholischen Kirche gegen mehr Offenheit bei diesem Thema: Erst Anfang Oktober prangerte etwa der Mainzer Kardinal Karl Lehmann an, dass Homosexuelle öffentlich "Propaganda" betreiben würden (queer.de berichtete). (dk)
uns.
Was interessiert mich die Meinung von 1,2e+9 Katholiken? Mich interessiert die Umsetzung des Gleichheitssatzes aus Artikel 1, Satz 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in geltendes nationales Recht. Für alle Länder weltweit.
Dafür braucht es keine Umfrage, sondern die saubere Trennung von Staat und Religion.