Schwusos-Chef Ansgar Dittmar ist bei LGBT-Themen vom Koalitionsvertrag alles andere als begeistert
Der schwarz-rote Koalitionsvertrag findet wenig Anhänger bei schwul-lesbischen Gruppen und der Opposition – die Schwusos zeigten sich "enttäuscht" und wollen nicht für ein "Ja" beim Mitgliederentscheid werben.
Die weichen Absichtserklärungen zu LGBT-Themen im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD stoßen in der Szene auf Kritik, auch unter Homo-Gruppen innerhalb der Parteien. "Enttäuscht" zeigte sich der Chef der Arbeitsgemeinschaft der Lesben und Schwulen in der SPD (Schwusos), Ansgar Dittmar: "Wir als Bundesvorstand werden keine Empfehlung abgeben, dem Mitgliederentscheid zuzustimmen oder ihn abzulehnen", kündigte Dittmar an. Das müsse jedes Mitglied "selbst gewichten – und auch die weiteren Punkte in dem Koalitionsvertrag berücksichtigen", so Dittmar am frühen Mittwochabend gegenüber queer.de.
Der Schwusos-Vorsitzende erklärte aber auch, dass die "Koalitionsvereinbarung Spielraum für die nächsten vier Jahre" biete. Trotzdem: "Klare Formulierungen wären uns lieber als die Formelkompromisse, die Streit in der Koalition vorprogrammieren", so Dittmar.
Auch die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) sind nur teilweise zufrieden: "Wir hätten uns definitiv klarere Aussagen und Ergebnisse im Sinne der Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben in unserer Gesellschaft gewünscht", sagte der Bundesvorsitzende Alexander Vogt. "Wir sehen gute Ansätze, aber es herrscht in unseren Reihen auch noch reichlich Skepsis, was in der Tagespolitik tatsächlich umgesetzt werden wird." Jetzt gehe es für die LSU darum, in den kommenden Monaten Druck auf CDU/CSU und SPD auszuüben.
LSVD: "Minimale Fortschritte"
Der Lesben- und Schwulenverband zeigte sich ebenfalls "enttäuscht" über die Ergebnisse: "Die zentralen politischen Anliegen wie die Ergänzung des Grundgesetzes, die Öffnung der Ehe, die Forderung nach vollständiger Rehabilitierung der in Deutschland verfolgten Homosexuellen finden in dem Koalitionsvertrag keine Erwähnung. Es gibt lediglich die Ankündigung minimaler Fortschritte", erklärte LSVD-Sprecher Axel Hochrein in einer ersten Reaktion.
Die Formulierungen zur Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften seien zudem "so widersprüchlich, dass jeder und jede daraus etwas anderes lesen kann", sagte Hochrein. Die Koalition überlasse bei der Gleichstellung "die Arbeit dem Bundesverfassungsgericht". Damit falle Deutschland hinter die Entwicklungen zurück, die sich in vielen westeuropäischen Staaten und den USA zeigten.
Kritik kommt auch aus der Opposition: So bezeichnete der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck den Vertrag bereits am Dienstag als "rechtliche Nullnummer". Auch die Linksfraktion kritisierte in einer Pressemitteilung: "Statt politisch die notwendigen Schritte zu gehen, wartet die große Koalition auf das Bundesverfassungsgericht".
Kritik von Kauch
LiSL-Chef Michael Kauch
Der Chef der Liberalen Schwulen und Lesben (LiSL), der ehemalige Bundestagsabgeordnete Michael Kauch, warf der SPD vor, an den eigenen Ansprüchen gescheitert zu sein: "Wählertäuschung – anders kann man das Verhandlungsergebnis der SPD bei den Bürgerrechten Homosexueller nicht bewerten." Die SPD habe an anderen Stellen weite Teile ihres Programms im Koalitionsvertrag durchgesetzt, so Kauch. "Aber Mindestlohn und Rentenreform, Frauenquote und Doppel-Pass waren den Sozialdemokraten erkennbar wichtiger als die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgender", erklärte der 46-Jährige.
Kauch hatte bereits im queer.de-Interview die SPD davor gewarnt, sich mit der Union auf Formelkompromisse einzulassen. Selbstkritisch sagte er über die schwarz-gelbe Koalition von 2009 bis 2013: "Man hat der Union zu lange vertraut, dass faire Kompromisse in der Sache möglich sind". (dk)
Was für ein verlogenes Pack.
Genauso unterwürfig und arschkriecherisch wie in der Union die LSU.
Es genügt bei weitem nicht, nur nicht für ein Ja zu werben, sondern die müssen aktiv und offensiv für ein Nein werben, wenn sie noch ein Fünkchen Glaubwürdigkeit und Selbstachtung behalten wollen.