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Kulturkampf in der Republik China
Taiwan: "Wir wollen keine Homo-Ehe"
- 02. Dezember 2013 4 Min.

Demonstration vor dem Präsidialamt in Taiwans Hauptstadt Taipeh: Die Homoehe-Gegner konnten mehr Teilnehmer mobilisieren als der LGBT-Pride im Oktober (Bild: Taiwan Family)
Rund 100.000 Menschen haben in Taipeh gegen die Ehe-Öffnung demonstriert. Damit hat Taiwan nicht mehr nur den größten CSD, sondern auch die größte Gegenveranstaltung Asiens.
Von Martin Aldrovandi
"Wir haben nichts gegen Homosexuelle", rufen die Veranstalter von der Bühne, aber die Familie, ja, die müsse geschützt werden. Die Menge auf dem Boulevard vor dem Präsidialamt in Taipeh jubelt.
Die meisten Demonstranten halten Plakate in die Höhe, auf denen "Made by Daddy & Mommy" steht oder die Zahl "972". Diese steht für den Artikel des taiwanischen Zivilgesetzbuches, den die Befürworter der Ehe-Öffnung anpassen wollen.
Das ansonsten als eines der homofreundlichstes Länder Asiens bekannte Taiwan hat sich am Samstag von einer anderen Seite gezeigt. Rund 100.000 Teilnehmer zählte die Polizei – damit konnten die Homoehe-Gegner mehr Menschen mobilisieren als der LGBT-Pride einen guten Monat zuvor (queer.de berichtete).
Taiwans Homo-Gegner haben Kreide gefressen

Mit einem Lächeln gegen LGBT-Rechte: Taiwans Homoehe-Gegner wollen nicht homophob sein (Bild: Martin Aldrovandi)
Dennoch: Mit den hässlichen Protesten in Russland hat die Kundgebung der Taiwaner kaum etwas gemeinsam. Vielmehr erinnert sie an die anfänglichen Demonstrationen in Frankreich: Viel rosarot, ein wenig blau und Bilder von glücklichen Familien. Unter keinen Umständen will man ein Bild von christlichen Fundamentalisten vermitteln.
Keine religiösen Symbole und keine Transparente, auf denen Homosexuelle beleidigt werden, seien zugelassen, heißt es offiziell auf der Webseite der "Taiwan Family". Die Organisatoren sprechen während der Kundgebung mehrmals vom "Respekt" gegenüber Homosexuellen.
Doch Schwule und Lesben, die während der Kundgebung den Dialog suchen, werden schnell eingekreist und abgedrängt (siehe Video unten). Aufpasser mit Mundschutz, Mützen und speziellen Armbinden sorgen dafür, dass nicht alle Teilnehmer Interviews geben konnten. Nach längerer Diskussion darf etwa der Autor dieses Artikels schließlich eine Teilnehmerin befragen. Diese liest darauf einen vorgedruckten Text, in dem die Wichtigkeit der Familie betont wird. Nachfragen sind nicht erlaubt, weder ihren Namen noch die Religionszugehörigkeit will die Frau nennen.
Kann der Großvater dann auch die Enkelin heiraten?
Obwohl hinter den Protesten vor allem christliche Gruppierungen stecken, treten diese am Samstag nicht als solche auf. "Die meisten Taiwaner sind schließlich nicht christlich orientiert", sagt Hsu Hsiu-wen. Sie ist die Vorsitzende der Taiwan Alliance to promote Civil Partnership Rights (TAPCPR), die sich für die Ehe-Öffnung einsetzt. Vielmehr würden die Gleichstellungsgegner die Forderungen der Befürworter verdrehen, ärgert sich Hsu. "Plötzlich war die Rede von Sex mit Tieren oder dass der Großvater seine Enkelin heiraten könne."
Taiwans LGBT-Aktivisten wollen mehr als nur die Ehe

Auch Schwule und Lesben gingen auf die Straße: Aktivisten bilden chinesische Zeichen für "Gleiches Eherecht" (Bild: TAPCPR)
Hsu Hsiu-wen nimmt an der Gegendemonstration vor dem Parlament teil – nur wenige hundert Meter von den Gleichstellungsgegnern entfernt. Einige hundert LGBT-Aktivisten bilden mit Tafeln gemeinsam die chinesischen Zeichen für "Ehe" und "gleiche Rechte".
Hsus Organisation hat im Oktober drei Gesetzesentwürfe dem Parlament übergeben. Der erste fordert die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, der zweite eine Lebenspartnerschaft für Homo- und Heterosexuelle und der dritte Entwurf sieht eine eingetragene Beziehung von mehr als zwei Personen vor.
Das Parlament behandelt derzeit nur die erste Forderung. Hsu gibt zu, dass die zwei weiteren Entwürfe es sehr schwer haben werden. "Wir haben uns trotzdem für alle drei Gesetzesentwürfe stark gemacht", so Hsu, da die Ehe nicht zu allen Beziehungen passe.
Die Hälfte der Bevölkerung ist für die Ehe-Öffnung
Seit Jahren kämpfen taiwanische Aktivsten für die Ehe-Öffnung, Bemühungen auf dem juristischen Weg (queer.de berichtete) und auf der politischen Ebene sind bisher gescheitert. In Umfragen spricht sich zwar regelmäßig rund die Hälfte der Bevölkerung für die Ehe-Öffnung aus, Politiker verweisen dennoch auf einen fehlenden gesellschaftlichen Konsens.
Obwohl sich Aktivisten auch in Vietnam (queer.de berichtete) und in Thailand (queer.de berichtete) um die Ehe-Öffnung oder zumindest eingetragene Partnerschaften bemühen, werden gleichgeschlechtliche Partnerschaften bisher in keinem einzigen asiatischen Land rechtlich anerkannt. Die Befürworter weisen auf den internationalen Prestige-Gewinn hin, den Taiwan mit der Homo-Ehe gewinnen könnte. Die Insel präsentiert sich schließlich auch sonst gerne als Vorzeigedemokratie, die die Menschenrechte achtet.
"Wieso dürft ihr heiraten und ich nicht?", fragt eine junge Frau, die von sechs Demonstranten eingekreist wird. "Schau mir in die Augen und antworte mir", ruft sie dem Mann vor ihr zu. Doch dieser wendet seinen Blick ab und schweigt.















Aber....
So fangen bürgerliche Faschisten immer an, wenn sie hetzen...
Im übrigen: wieso muss man Hetero-Familien schützen? Gleichgeschlechtliche Familien nehmen ihnen nichts weg, sondern bereichern sie.