Polizisiten lesen die "nichttradtionelle" Aufschrift von Aktivist Jaroslaw Ewtuschenko (Bild: Gay Russia)
Erstmals sind in Russland aufgrund des homophoben Bundesgesetzes zwei schwule Aktivisten wegen "Werbung" für Homosexualität bestraft worden.
Der Moskauer CSD-Organisator Nikolai Aleksejew und sein Mitstreiter Jaroslaw Ewtuschenko sind am Dienstag im nordrussischen Archangelsk zu einer Geldstrafe von je 4.000 Rubel (rund 90 Euro) verurteilt worden, weil sie vor einer Kinderbücherei "Propaganda für nichttraditionelle Beziehungen" gemacht haben. Einen Tag zuvor hatten die beiden Aktivisten in Einzelmahnwachen vor der Bibliothek mit Plakaten gegen das im Juni in Kraft getretene Gesetz protestiert.
Das "Vergehen" der beiden Aktivisten: Sie zeigten vor der Bücherei Plakate mit der Aufschrift: "Es gibt keine Homo-Propaganda. Schwul wird man nicht, als Schwuler wird man geboren!" Sie hatten sich vor der Aktion eine Genehmigung bei der Stadt beantragt, die aber abgelehnt worden war.
Nach Angaben von Aleksejew ist das die erste Verurteilung aufgrund des Bundesgesetzes. Zuvor gab es bereits einzelne Strafen aufgrund von regionalen Gesetzen, wie sie etwa in St. Petersburg erlassen wurden. So wurde Aleksejew dort bereits im Mai wegen Propaganda verurteilt (queer.de berichtete).
Damals hatte er einen Satz der berühmten Schauspielerin Faina Ranevskaya (1896-1984) auf einem Plakat zitiert, wonach Homosexualität keine Perversion sei, Feldhockey und Eisballett hingegen schon. Dieses Urteil war erst vor wenigen Tagen vom russischen Verfassungsgerichtshof aufrecht erhalten worden. Das Gericht erklärte, dass ein Kind durch die Aktion "auf sexuelle Beziehungen aufmerksam" gemacht werde und dadurch in seinen Ansichten "deformiert" werden könnte.
Aktivisten wollen nach Straßburg
Aleksejew erklärte, dass er auch im neuen Fall die rechtlichen Mittel voll ausschöpfen wolle: "Die Urteile eröffnen uns den Weg zum obersten Verfassungsgerichtshof und später zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof". Die Straßburger Richter hatten bereits 2010 entschieden, dass das CSD-Verbot in Moskau gegen die Europäische Menschenrechtskonvetion verstoße (queer.de berichtete). Die Urteile des Gerichtshofes sind formal rechtlich bindend. (dk)