Christliche Aktivisten wollen erreichen, dass im Unterricht nur über Heterosexualität gesprochen wird
Baden-Württemberg wolle Schüler zu Homosexuellen umerziehen, so der Vorwurf in einer Petition, die inzwischen auch Unterstützung von der evangelischen Kirche erhält.
Mehr als 30.000 Menschen haben bereits die Petition "Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens" unterzeichnet. Damit wollen christliche Aktivisten den "Aktionsplan für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt" in Baden-Württemberg verhindern, der zum Ziel hat, durch Aufklärung Diskriminierungen von Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen abzubauen und damit gegen Mobbing und hohe Selbstmordraten unter LGBT-Jugendlichen vorzugehen.
Autor der Petition ist der christliche Aktivist und Lehrer Gabriel Stängle, der auch für das "Referat Erziehung, Bildung, Schulpolitik" des baden-württembergischen Realschullehrerverbandes zuständig ist (queer.de berichtete). Durch Hinweise auf christlichen Seiten wie kath.net und idea.de sowie zuletzt auch durch das rechte Blog "Politically Incorrect" ist die Teilnahme an der Petition stark angestiegen. Viele Nutzer hinterlassen zudem teil extremst homophobe Kommentare; obwohl die Petitions-Plattform inzwischen nach eigener Auskunft angeblich die schlimsten löscht, lesen sich die rund 5.000 Kommentare wie ein Sammelsurium von Vorurteilen und Hass.
Evangelische Kirche: Petition nimmt Sorgen der Bevölkerung auf
Inzwischen äußert sich auch die Leitung der evangelischen Landeskirche in Baden positiv über die Online-Abstimmung: "Die Petition bringt grundlegende Sorgen im Blick auf die Leitprinzipien für den Bildungsplan zum Ausdruck, die von vielen Bürgerinnen und Bürgern geteilt werden", erklärt Christoph Schneider-Harpprecht, der Bildungsreferent der Landeskirche. Er argumentiert, dass die Landesverfassung "das christliche Menschenbild als prägendes Element der Kultur unseres Landes" festschreibe. Mit Verweis auf die Religionsfreiheit sagt er unter anderem, dass "politische Forderungen" in dem Plan überhöht werden würden. Er fordert deshalb eine zeitliche Verzögerung des Plans, offenbar in der Hoffnung auf eine Regierungswechsel.
Auch in den Kommentaren der Petition wird immer wieder argumentiert, dass die Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben in Wirklichkeit Intoleranz gegenüber Christen bedeute. Zudem wird auf die christlichen Wurzeln des Landes Baden-Württemberg verwiesen, die Grün-Rot mit der Aussage, dass Schwule und Lesben gleichbehandelt werden sollten, konterkariere. "Der Standpunkt der Bibel ist so eindeutig zu diesem Thema, dass jegliche Diskussion darüber überflüssig ist", schreibt etwa einer der Unterstützer auf der Website der Petition.
LSVD kritisiert irreführende Argumente der Homo-Gegner
Der Lesben- und Schwulenverband Baden-Württemberg argumentiert, dass christliche Aktivisten mit falschen Argumenten Angst vor der (Homo-)Sexualisierung von Kindern schüren. So heißt es in der Petition, dass LGBT-Gruppen "die Thematisierung verschiedener Sexualpraktiken in der Schule als neue Normalität" propagieren wollten. Das sei aber eine Lüge: "Sexualpraktiken werden im Vorschlag von GEW und LSBTTIQ-Netzwerk an keiner Stelle erwähnt", so der LSVD.
Zudem kritisiert der Verband, dass in der Petition behauptet werde, man wolle LGBT nicht diskriminieren, dann aber genau das gefordert werde. Die von den Unterstützern der Petition geforderte "Tabuisierung" von homosexuellen Lebensweisen, also die Warnung vor Homo-"Propaganda", sei eben diskriminierend, argumentiert der Verband. Dies ist nicht nur eine Minderheitenmeinung: Selbst der evangelische Bildungsreferent Schneider-Harpprecht verlangt, "Nichtdiskriminierung und Menschenrechte" in Schulen zu behandeln, Probleme hat er offenbar einzig mit "Passagen zur sexuellen Orientierung".
Grün-Rot hält jedoch an dem Aktionsplan fest. Auch die baden-württembergische Piratenpartei hat sich hinter die Landesregierung gestellt. Landeschef Martin Eitzenberger hat dabei eine sehr einfache Erklärung für die Unterstützung: "Schulen haben die Aufgabe, die Lebensrealität abzubilden. Queere Lebenswirklichkeiten gehören da genauso in den Unterricht wie heteronormative".
Die Aktion Transsexualität und Menschenrecht (ATME e.V.) hat inzwischen das Land aufgefordert, den Initiator der Petition von seinem Lehreramt zu suspendieren. (dk)
"CHRISTLICHES MENSCHENBILD"?! Wo steht das denn? Wie sieht es denn aus? Mit dem menschenbild des lieben kinderbibel-jesus kann es wohl nichts zu tun haben.
wann startet man denn eine gegen-petition zum erhalt? Kann der lsvd da nichts machen?