Schwulenfeindliche Frotzeleien könnten ein Coming-out von homosexuellen Fußballern erschweren
Der Chef der Hirschfeld-Stiftung schlägt vor, schwulenfeindliche Witze in der Umkleidekabine von Profifußballern zu untersagen.
Jörg Litwinschuh, der Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, hat in der am Mittwoch veröffentlichten Zeitschrift "Sport Bild" gefordert, dass Sportlern künftig keine Witze mehr über Homosexuelle in den Bundesliga-Kabinen reißen dürfen. "Ich fordere den Sport auf, Vereins- und Verbandsstatuen so anzupassen, dass homosexuellenfeindliche Äußerungen in Wort, Bild und Ton – zum Beispiel schwulenfeindliche Kommentare in der Kabine oder auf Plakaten auf der Tribüne – verboten und solche Handlungen auch geahndet werden müssen".
Zwar sind beleidigende Äußerungen gegen Homosexuelle und andere Minderheiten bereits heute durch die Stadion-Ordnung verboten. Hinter verschlossenen Türen der Umkleidekabinen gibt es aber keine Regeln. Dies könne eine Belastung für ungeoutete schwule Spieler sein, warnen LGBT-Aktivisten.
Peter Neururer gegen Verbot
Jörg Litwinschuh ist Chef der Hirschfeld-Stiftung und hat 2010 das Netzwerk "Fußball gegen Homophobie" gegründet
Gegen das Verbot von Schwulenwitzen hat sich in der "Sport Bild" Thomas Neururer, der Trainer des Zweitligavereins VfL Bochum, ausgesprochen: "Ich würde niemals Schwulenwitze in der Kabine verbieten. Das wäre das total falsche Zeichen. Warum? Weil ich die sexuelle Ausrichtung zum Thema machen würde. Dabei spielt das überhaupt keine Rolle und ist jedem selbst überlassen", erklärte der 58-Jährige. Er bedauerte, dass es eine so große Aufregung um das Coming-out von Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger gegeben habe. "In der Politik kräht kein Hahn mehr danach, welche sexuelle Orientierung jemand hat. Wir müssen dahin kommen, dass das auch im Fußball so ist".
Litwinschuh: Vergleich mit Antirassismusprojekten
Ausschnitt aus der "Sport Bild"
Auf seiner Facebook-Seite hat Litwinschuh seine Äußerungen zu einem Witz-Verbot inzwischen relativiert. Er werde mit dem Wort "Verbot" zukünftig vorsichtiger umgehen, so der Aktivist: "Ich wollte herausstellen, dass schwulen- und lesbenfeindlichen Äußerungen im Sport unmittelbar widersprochen werden sollte und wir Antidiskriminierungsregeln zum Thema Homosexualität in den Vereinen und Verbänden brauchen, unter welchen Umständen Sanktionen ausgesprochen werden können. Vorbild könnten hier die Antirassismusprojekte sein". Zuvor hatten mehrere User kritisiert, dass mit Verboten dem Problem der Homophobie nicht beizukommen sei. (dk)
Auch wenn der Grundgedanke gegen Diskriminierung vorzugehen richtig ist, so ist der konkrete Umsetzungsvorschlag des Vorstands der Magnus-Hirschfeld-Stiftung doch schlicht peinlich, was die Fußballkabine angeht.
Fußballkabinen sind nunmal nicht öffentlich. Warum sollte man dann nicht Schwulenwitze an allen nichtöffentlichen Orten verbieten? Wer kontrolliert das dann?
Was richtig ist, ist, gegen Homophobie im öffentlichen Stadion genauso vorzugehen wie gegen Rassismus. Fans, die homophobe Plakate hochhalten sollten genauso bestraft werden wie Fans, die rassistische Plakate hochhalten. Das kann man viel leichter kontrollieren.
Grundsätzlich sollte man das Problem aber an der Wurzel packen und in den Köpfen der Menschen was ändern. Dazu kann das Coming Out von Profifußballern beitragen und dazu kann die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare in Deutschland etwas beitragen und dazu kann die mediale Berichterstattung beitragen, wenn sie richtig informiert. Es liegt also vor allem bei den schwulen Fußballprofis sowie den verantwortlichen Politikern und den Medien daran etwas zu ändern. Es braucht also Menschen in Profisport, Politik und Medien, die aktiv werden und effiziente Sachen machen.