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Drohende Todesstrafe
Nigeria verschärft "Hexenjagd" gegen Homosexuelle
- 16. Januar 2014 3 Min.

Weltweit protestierten Aktivisten gegen die Strafrechtsverschärfung in Nigeria
Nach der Gesetzesverschärfung geht Nigeria gnadenloser gegen Homosexuelle vor: Dutzende Verdächtige wurden verhaftet, im islamischen Norden des Landes droht elf mutmaßlichen Schwulen sogar die Todesstrafe.
Amnesty International beklagt, Nigeria betreibe im Land "Hexenjagd" gegen Homosexuelle. Im christlichen Süden des bevölkerungsreichsten Landes auf dem afrikanischen Kontinent sind nach Angaben der Menschenrechtsorganisation seit Montag zehn Menschen wegen Verdachts auf Homosexualität verhaftet worden. Im nordnigerianischen Staat Bauchi wurden laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AP seit Weihnachten 38 Menschen wegen Homosexualität verhaftet.
Erst am Montag hatte Nigerias Präsident Jonathan Goodluck ein Gesetz unterzeichnet, das die staatlichen Repressalien gegen Homosexuelle noch verschärft (queer.de berichtete). So sind nun unter anderem gleichgeschlechtliche Küsse, LGBT-Organisationen und Homo-Ehen verboten. Bei Vergehen drohen Haftstrafen bis zu 14 Jahren.
Elf Männern droht Todesstrafe
Das Gesetz hat den Verfolgungsdruck auf Homosexuelle offenbar schlagartig erhöht: Die BBC berichtete außerdem am Mittwochabend, dass mindestens elf der im islamischen Norden verhafteten Männer nach Scharia-Recht angeklagt worden sind. Diese religiöse Rechtsprechung wird dort nur auf Muslime angewandt und enthält viele Folterstrafen. Im schlimmsten Fall droht Schwulen und in manchen Staaten auch Lesben der Tod durch Steinigung. Nach Angaben der Menschenrechtsaktivistin Dorothy Aken'Ova sind viele der Beschuldigten bereits in der Haft zusammengeschlagen und misshandelt worden.
Seit Wiedereinführung des Scharia-Rechts sind bereits mehrere Personen nach Verurteilungen hingerichtet worden. Nicht-Muslime werden dagegen im ganzen Land in zivilen Gerichtshöfen abgeurteilt.
Der muslimische Staat Kano kündigte an, Homosexuelle vermehrt verfolgen zu wollen. So haben die dortigen Behörden Medienberichten zufolge eine Liste von 167 Personen erstellt, die als mutmaßliche Schwule oder Lesben beobachtet werden sollen. Die Polizei bestätigte, dass sie "Profile von Kriminellen" erstellt habe. Usman Nabahani, der Vize-Chef der islamischen Sicherheitsbehörde, hat laut AFP angekündigt, "unermüdlich" dafür zu kämpfen, Homosexuelle zu entlarven und zu verhaften.
Amnesty International fordert die Regierung von Nigeria auf, die homophoben Gesetze sofort abzuschaffen und die "Hexenjagd" zu beenden. "In einer Gesellschaft wie Nigeria, wo Korruption allegegenwärtig ist, können beispielsweise Polizeibeamte das Gesetz auch nutzen, um Menschen beliebig zu erpressen", warnt die Menschenrechtsorganisation.
Kritik aus Politik und Wirtschaft

Multimilliardär Richard Branson kritisiert die Strafverschärfung in Nigeria (Bild: Jarle Naustvik / flickr / by 2.0)
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte ebenfalls die verschärfte Gesetzgebung. Er hoffe, dass die Verfassungsmäßigkeit des neuen Gesetzes überprüft werde, teilte sein Sprecher mit. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte, die Europäische Union verurteile Gesetze, die die Grundrechte einschränkten.
Auch der britische Unternehmer und Multimilliardär Richard Branson ("Virgin") kritisierte die Gesetzgebung scharf und kündigte an, mit Vertretern von Nigeria sprechen zu wollen: "Diese Politiker, die drakonische Gesetze gegen Homosexuelle verfassen, könnten eines Tages feststellen, dass ihre eigenen Kinder homosexuell geboren wurden. Wollen sie diese wirklich ihr Leben lang einsperren? Oder etwa foltern? Wir brauchen Liebe und Verständnis, keine Bestrafung", erklärte Branson.
Nigeria ist mit rund 160 Millionen Einwohner der bevölkerungsreichste Staat in Afrika und die Nummer acht in der Welt. Das Volk unterstützt dabei mehrheitlich die homophobe Politik ihrer Regierung: Bei einer um Juni 2013 durchgeführten Umfrage sprachen sich 92 Prozent der Nigerianer für eine Gesetzesverschärfung gegen Homosexuelle aus (queer.de berichtete). (dk)














