Russland geht gegen eine junge Lesbe sowie gegen die LGBT-Jugendgruppe "Kinder 404" vor.
Es werden immer mehr Repressionen gegen junge Homosexuelle in Putins Reich bekannt: Jetzt wurde sogar eine Neuntklässlerin nach ihrem Coming-out als potenzielle Straftäterin gebrandmarkt.
Wenige Tage vor Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Sotschi zeigt sich die russische Justiz gnadenlos gegenüber Homosexuellen: So wurde in der westrussischen Region Brjansk erstmals eine Minderjährige nach dem seit Juni 2013 gültigen Gesetz bestraft.
Die 14-jährige Neuntklässlerin hat sich laut einem Dokument, das in russischen Medien veröffentlicht wurde, "offen als Vertreterin der nichttraditionellen sexuellen Orientierung bekannt". Außerdem habe das Mädchen "systematisch Informationen verbreitet", in der sie die "soziale Gleichwertigkeit von traditioneller und nichttraditioneller sexueller Orientierung unter Minderjährigen", also ihren Klassenkameraden, betont habe. Laut russischem Recht ist das eine "verzerrte" Darstellung der Wirklichkeit, die verboten ist.
Die Bezirksstaatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet. Gegenüber der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti betonte eine Sprecherin der Behörde zwar, wegen des Alters der Schülerin werde keine Geldstrafe ausgesprochen. Allerdings gilt das Mädchen bereits als offiziell verwarnt und wurde dem Jugendamt als potenzielle Straftäterin gemeldet.
LGBT-Jugendprojekt gefährdet
In Nischnij Tagil erhob die Staatsanwaltschaft außerdem Anklage gegen Elena Klimowa, die Leiterin der LGBT-Jugendprojekts "Kinder 404". Der St. Petersburger Lokalpolitiker Witali Milonow von der Putin-Partei "Einiges Russland" hatte bereits vor Wochen Anzeige wegen Verletzung des Verbots von Homo-"Propaganda" erstattet. Milonow war 2012 der Initiator des "Propaganda"-Gesetzes in St. Petersburg, das vom Stadtrat ein Jahr vor der landesweiten Einführung beschlossen worden war (queer.de berichtete).
Klimonwa wird vorgeworfen, in der russischen Facebook-Kopie "Vkontakte" eine Seite registriert zu haben, die nichttraditionelle sexuelle Beziehungen unter Minderjährigen propagiere. Die Journalistin hatte ihre Gruppe im März 2013 gegründet, nachdem sie einen Artikel über die Situation von LGBT-Jugendlichen verfasst hatte und daraufhin viele Briefe von Jugendlichen erhielt, in denen sie Klimonwa um Hilfe baten. In der Online-Gruppe schildern die Jugendlichen ihre positiven und negativen Erlebnisse. "Wenn diese Gruppe geschlossen wird, verlieren die Jugendlichen ihre einzige Möglichkeit, offen über sich zu sprechen und Ratschläge zu bekommen, die ihnen helfen zu leben. Das wäre eine Katastrophe!" erklärte Klimowa.
Bereits vergangene Woche war der Chefredakteur einer Lokalzeitung im ostrussischen Chabarowsk wegen Homo-Propaganda zu einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 Rubel (knapp 1.100 Euro) veurteilt worden. Sein Vergehen: Er hatte in seiner Zeitung über einen LGBT-Aktivisten berichtet, der seinen Job an einer Schule wegen ihres Einsatzes für Homo-Rechte verloren hatte. (dk)
Es ist grotesk, sich immer wieder den Begriff 'nichttraditionelle sexuelle Orientierung' anhören zu müssen. Sie zeigt den barbarischen Bildungsmangel des Feindes. Gibt es in Russland keine Lexika für antike Mythologie?