
In einem offenen Brief zeigen sich die schwul-lesbischen Gruppen der fünf etablierten Parteien irritiert darüber, dass die CSD-Organisatoren die Community nicht einbinden würden.
Der Berliner CSD-Streit schwelt weiter: Nachdem sich die CSD-Veranstalter seit Sonntag Scharmützel mit Politikern der Berliner Regierungskoalition liefern, haben die Organisationen zur Interessenvertretung für Homosexuelle innerhalb von CDU, SPD, Linke, Grünen und FDP in einem am Mittwoch gemeinsam veröffentlichten offenen Brief den CSD e.V. kritisiert.
Die Unterzeichner zeigten sich "irritiert" darüber, dass die Umbenennung des CSDs in "Stonewall Parade" nicht mit anderen Teilen der Community abgesprochen worden sei. Die Veranstalter unter CSD-Geschäftsführer Robert Kastl hatten argumentiert, dass der Begriff "CSD" im Ausland unbekannt sei und daher für einen internationales Pride-Event nicht geeignet sei.
Wir dokumentieren den offenen Brief in seiner gesamten Länge:
Der Berliner "Christopher Street Day" hat national und international eine große Bedeutung und Strahlkraft. Wir begrüßen es grundsätzlich, dass der Berliner CSD e.V. den Gedanken "Back To The Roots" in diesem Jahr aufgreifen will, denn in 35 Jahren hat sich der CSD stetig mit der Community weiter entwickelt. Er ist zum Symbol der öffentlichen Demonstration für gleiche Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender-, trans- und intergeschlechtlichen Menschen geworden.
Als queerpolitische Vertreter/innen der demokratischen Parteien haben wir in den letzten Jahren im Rahmen des CSD und der Pride Week für die Rechte der Community mit demonstriert.
Wir sind der Meinung, dass die zukünftige Weiterentwicklung des Christopher Street Day von der gesamten Community getragen werden muss. Deshalb sind wir irritiert über den Prozess, der zum Beschluss des Berliner CSD e. V. geführt hat, den Demonstrationszug in "Stonewall Parade" umzubenennen.
Ein bereits intern vorbereiteter Beschluss, der kurzfristig und nur formal innerhalb einer Sitzung eingebracht und abgestimmt wurde, ohne die Community und die beteiligten Vereine, Verbände und Parteien in den Entstehungsprozess einzubeziehen, ist unzureichend. Ein kleines Gremium entscheidet über die Namensänderung einer Gemeingutveranstaltung, mit der sich Hunderttausende identifizieren?
Wir sagen Nein und fordern den Vorstand des Berliner CSD e. V. auf, unverzüglich eine öffentliche Diskussion einzuleiten und damit die endgültige Entscheidung über die Zukunft des CSD in einem demokratischen Prozess und unter Einbeziehung aller CSD-Vereinsmitglieder, anderer beteiligter Vereine und Organisationen sowie Parteien von der und für die gesamte(n) Queer-Community abhängig zu machen.
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der Berliner SPD (Schwusos Berlin)
Arbeitskreis Lesben und Schwule in der Union (LSU Berlin)
Landesarbeitsgemeinschaft DIE LINKE. queer Berlin-Brandenburg
Landesarbeitsgemeinschaft QueerGrün Berlin von Bündnis 90/Die Grünen Berlin
Liberale Schwule und Lesben (LiSL)
Die Auseinandersetzung erinnert an einen Streit in München aus dem Jahr 2011: Die CSD-Organisatoren wollten damals die Parade einmalig in "Christina Street Day" umbenennen, um die Sichtbarkeit von Lesben zu erhöhen. Das führte zu einer riesigen Aufregung in sozialen Netzwerken und in der Presse. Am Ende gaben die Veranstalter klein bei. (dk)
Aber der Herr Kastl und die Frau Dr. Kraus beweihräuchern sich stattdessen selbst in einem Pamphlet, dass sie arrogant auch noch Pressemitteilung nennen.
Wie weit kann sich ein Verein, der eigentlich für die Community da ist, noch von dieser selbst entfernen?
Man hat auch praktisch keine Einflussmöglichkeiten. Man kann zwar eintreten, ist dann eher nur zahlend, statt gestaltend.
In den Vorstand wird man berufen und nicht gewählt. Es ist zum Verzweifeln.