Virginia heißt jetzt auch Schwule und Lesben willkommen (Bild: CGP Grey / flickr / by 2.0)
Auch in Virginia erklärt ein Bundesgericht die Beschränkung der Ehe auf Heterosexuelle für verfassungswidrig – und vergleicht diese mit dem Verbot der "gemischtrassigen" Hochzeiten vor 50 Jahren.
Eine Bundesrichterin in Norfolk hat am Donnerstagabend das Verbot der Eheschließungen von Schwulen und Lesben im US-Bundesstaat Virginia als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsrundsatz in der Verfassung gewertet. Bis zur endgültigen Entscheidung des Berufungsgerichtes oder des Obersten Gerichtshofes in Washington bleibt das alte Recht allerdings vorläufig in Kraft.
In ihrem 41-seitigen Urteil erklärte Richterin Arenda Wirght Allen, dass die Vereinigten Staaten derzeit "einen weiteren historischen Moment" erlebten, mit dem "unsere Freiheit perfekter" gemacht werde. Für den Staat gebe es keinerlei Grund, Menschen wegen deren sexueller Orientierung die Eheschließung vorzuenthalten. Es sei vielmehr eine unzulässige Einmischung des Staates, wenn er Homosexuelle schlechter behandele. Das habe bereits einen "schwerwiegenden Schaden" verursacht.
Gleichsetzung mit "Loving v. Virginia"
Die Richterin verglich die Entscheidung mit dem Prozess "Loving v. Virginia" aus dem Jahr 1967, mit dem das Verbot der "gemischrassigen" Ehe zwischen Weißen und Nicht-Weißen in Virginia sowie 15 anderen Bundesstaaten für verfassungswidrig erklärt wurde. So heißt es in ihrem Urteil: "Tradition wird im Bundesstaat sehr geachtet und das oftmals zurecht. Allerdings kann Tradition genauso wenig rechtfertigen, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht heiraten dürfen, wie es das Verbot der gemischtrassigen Hochzeiten rechtfertigen kann".
In den letzten Wochen haben Bundesgerichte in Utah und Oklahoma bereits ähnlich entschieden. Homo-Gegner haben allerdings in beiden Fällen Einspruch gegen die Entscheidung erhoben.
Virginia ist der erste Staat der alten Südstaaten-Konföderation, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe für verfassungswidrig erklärt wurde. Hier ist der Widerstand gegen die Homo-Ehe Umfragen zufolge noch am größten – genauso wie der Widerstand gegen "interrassige Hochzeiten" vor einem halben Jahrhundert dort mit großer Mehrheit verteidigt wurde.
Justizminister erzürnt Homo-Gegner
Justizminister Mark Herring weigerte sich, das Ehe-Verbot zu verteidigen
Der demokratische Justizminister Mark Herring, der erst am 11. Januar das Amt übernommen hat, hatte bereits in den letzten Wochen für Aufregung unter Homo-Gegnern gesorgt, als er sich weigerte, das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben vor Gericht zu verteidigen. Er nannte das Urteil am späten Donnerstagabend einen "Sieg für die Verfassung und für die Gleichbehandlung aller Menschen". Der Jurist fuhr fort: "Das rechtliche Verfahren wird in den kommenden Monaten zu Ende geführt werden, aber diese Entscheidung zeigt, dass Virginia – wie auch Amerika – ein besserer Ort wird, der sicherstellt, dass jeder gleich und fair behandelt wird".
Homo-Gegner bezeichneten das Urteil jedoch als Einmischung der Justiz in politische Entscheidungen und als Angriff auf die direkte Demokratie. So hatten im Jahr 2006 rund 57 Prozent der Wähler dafür gestimmt, gleichgeschlechtliche Ehen und eingetragene Partnerschaften für Schwule und Lesben zu verbieten. "Das Justizsystem in unserer Nation ist infiziert von Aktivisten-Richtern, die die Stabilität unserer Nation und unsere Rechte gefährden", erklärte Tony Perkins, der Chef der konservativen Lobbygruppe "Family Research Council". Christen würden nun dazu gezwungen, "die grundlegenden Lehren ihres Glaubens zu unterdrücken oder zu verletzen".
Auch republikanische Politiker in Virginia kritisierten das Urteil scharf. So erklärte Senator Richard Black: "Ich weiß nicht, was der Unterschied zwischen einer Diktatur und dem hier ist".
Für Virginia ist die Entscheidung ein wahrer Kulturschock: Erst im vergangenen Jahr war ein Gesetz von einem Berufungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden, das unter anderem Anal- und Oralsex und Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten verboten hatte (queer.de berichtete). Das "Sodomy"-Gesetz war weiter angewandt worden, obwohl der US-Supreme-Court bereits zehn Jahre zuvor derartige Gesetze als Verstoß gegen das geschützte Recht auf Privatsphäre gewertet hatte.
Bislang haben 17 US-Bundesstaaten und die Hauptstadt Washington die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben beschlossen. Noch gibt es aber kein höchstrichterliches Urteil, ob die anderen Staaten die geschlossenen Ehen anerkennen müssen. Der amerikanische Supreme Court hatte aber im Juni 2013 Teile eines Bundesgesetzes für verfassungswidrig erklärt, das die Anerkennung von Homo-Ehen durch Washington verboten hatte (queer.de berichtete). Es wird erwartet, dass sich die Höchstrichter in Kürze wieder mit der Ehe-Öffnung beschäftigen müssen. (dk)
Youtube | Mark Herring sorgte mit seiner Weigerung, das Homo-Verbot zu verteidigen, bereits vor der Entscheidung für Aufregung
www.youtube.com/watch?v=oNlcLs0eFic