Senator Steve Yarbrough träumt davon, wie Schwule und Lesben andauernd Christen foltern...
In den USA versuchen Homo-Gegner der Republikaner in mehreren Bundesstaaten, Diskriminierung von Schwulen und Lesben ausdrücklich zu erlauben. Sie werfen homofreundlichen Politikern "Gesetzlosigkeit" vor.
Von Dennis Klein
LGBT-Aktivisten in den USA haben in den letzten Jahren einen Sieg nach dem anderen eingefahren. Nach mehreren Erfolgen bei Volksentscheiden und Gerichtsverfahren haben inzwischen 17 Bundesstaaten die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet. Die Zahl hat sich binnen eines Jahres verdoppelt.
Homo-Gegner, deren Zahl in den letzten Jahren stark gesunken ist und die praktisch nur noch in der republikanischen Partei prominent anzutreffen sind, versuchen daher den Gegenschlag: In mehreren konservativen Bundesstaaten versuchen sie in den Regionalparlamenten, die Uhr zurückzudrehen. Sie wollen unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit die Diskriminierung von Homosexuellen wieder hoffähig machen – und sorgen dabei nicht nur bei Bürgerrechtlern und Demokraten für Kopfschütteln, sondern auch bei Großstadt-Republikanern.
In Ohio, Mississippi, Arizona und Oklahoma sind Gesetzentwürfe in die Parlamente eingebracht worden, die es religiösen Menschen erlauben sollen, Homosexuelle bei Dienstleistungen diskriminieren zu dürfen, sie müssen es nur mit ihrem Glauben begründen. Dabei erinnern Lokalpolitiker immer an den armen Floristen, der ja gezwungen werde könne, dass seine Blumen eine unmoralische Homo-Hochzeit schmücken.
Ein derartiges Gesetz war letzte Woche bereits in Kansas vom Repräsentantenhaus beschlossen worden – im Senat war es den Republikanern, die dort 80 Prozent der Sitze halten, aber doch zu peinlich und zu fies: Der Chef des Justizausschusses hat es daher abgelehnt, das Plenum über das Gesetz abstimmen zu lassen (queer.de berichtete). Zuvor hatte es ein führender Demokrat bereits mit Rassentrennungsgesetzen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts verglichen.
In Arizona ist ein solches Gesetz dagegen im Senat durchgewinkt worden: Am Mittwoch stimmten 17 Republikaner für das Gesetz und 13 Demokraten dagegen. Senator Steve Yarbrough erklärte, mit dem Gesetz würden Homosexuelle nicht diskriminiert, sondern Christen geschützt: "Es geht darum, Diskriminierung von gläubigen Menschen zu verhindern, die nur ihren Glauben ausleben wollen".
Christliche Ärzte nur für Heteros!
Noch weiter gehen wollen Abgeordnete im ländlichen Idaho, wo sich nur sieben Einwohner einen Quadratkilometer teilen. Hier hat die republikanische Partei vergangene Woche einen viel weiter reichenden Gesetzentwurf eingebracht, der jeglichen LGBT-Diskriminierungsschutz – etwa auf kommunaler Ebene – verbieten würde. Dem Gesetz nach könnten sich Ärzte aus religiösen Gründen weigern, Homosexuelle zu behandeln. Lehrer oder Professoren könnten es ablehnen, schwule Schüler oder lesbische Studentinnen zu unterrichten. Zudem müssten Polizisten Homosexuellen nicht mehr helfen.
Bürgerrechtler sind nach den Gerichtsentscheidungen der letzten Jahre sicher, dass ein Recht auf Diskriminierung mit der US-Verfassung nicht vereinbar ist. Kathy Griesmyer von der American Civil Liberties Union (ACLU) will gegen das "Recht auf Diskriminierung" kämpfen: "Religionsfreiheit bedeutet, dass wir alle das Recht auf religiösen Glauben haben, aber das heißt nicht, dass wir unsere Religion einsetzen können, um andere zu diskriminieren und ihnen diesen Glauben aufzuzwingen".
In anderen Staaten sind die Gesetzentwürfe Totgeburten: So zogen die Republikaner in Tennessee einen entsprechenden Gesetzentwurf zurück, weil der Bundesstaat derzeit noch Religionsfreiheit garantiere, so der Gesetzesautor Mike Bell. Aber er schickte gleich eine Warnung hinterher: Sollte Tennessee von "heidnischen" Richtern zur Ehe-Öffnung gezwungen werden, müsse man noch mal an das Thema heran.
Der Abgeordnete Nick Marhsall findet, dass ein homofreundlicher Gouverneur sofort des Amtes enthoben werden muss
Andere Wege geht man im Mittleren Westen: In Missouri hat der republikanische Abgeordnete Nick Marshall ein Amtsenthebungsverfahren gegen den demokratischen Gouverneur Jay Nixon gestartet. Sein Vorwurf: Nixon erlaube verheirateten Homo-Paaren, sich gemeinsam veranlagen zu lassen, und verstoße damit gegen das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben im Staat.
Eine Stufe höher klopft das Liberty Counsel an. Die christliche Lobbygruppe, die insbesondere erzkonservative Republikaner unterstützt, fordert die Amtsenthebung von Präsident Barack Obama. Grund: Er agiere mit seiner Unterstützung der Homo-Ehe "gesetzlos". Dem Liberty Counsel werden null Chancen auf Erfolg eingeräumt.
Auch auf Richter haben es die Homo-Gegner abgesehen: So will in Virginia der republikanische Abgeordnete Bob Marshall Bundesrichterin Arenda Wright Allen des Amtes entheben. Sie hatte es gewagt, das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben im Bundesstaat für verfassungswidrig zu erklären (queer.de berichtete). Die gute Frau muss aber wohl nicht um ihren Job fürchten, da die Begründung des konservativen Republikaners doch etwas zu krude ist: So schreibt Marshall allen ernstes, dass die Ehe "seit Beginn der Zeit" so war wie heute – und dass nach der Ehe-Öffnung für Schwule und Lesben niemand Pädophile aufhalten könne, "Kinder zu heiraten", weil dann alle moralischen Grenzen gefallen seien.
Update 21.02, 8.15 Uhr: Beide Parlamentskammern in Arizona verabschieden Diskriminierungsgesetz
In Arizona hat am Donnerstagabend nur einen Tag nach dem Senat auch das Repräsentantenhaus das Gesetz für Homo-Diskriminierung aus religiösen Gründen mit 33 zu 27 Stimmen verabschiedet. Alle Demokraten im Parlament sowie zwei Republikaner stimmten gegen den Gesetzentwurf, alle anderen Republikaner votierten dafür. Der demokratische Fraktionschef Chad Campbell erklärte nach der Entscheidung via Twitter: "Die Welt ist sauer auf Russland, weil dort Homo-Rechte missachtet werden. Ich denke, es ist an der Zeit, denselben Zorn in Richtung Arizona zu richten".
Nun hat die erzkonservative Gouverneurin Jan Brewer fünf Tage Zeit, ein Veto gegen das Gesetz einzulegen. Tut sie nichts oder unterschreibt das Gesetz, tritt es in Kraft.
Erfreulich hingegen, dass nicht nur in 17 Bundesstaaten sondern auch auf Bundesebene mittlerweile homosexuelle Paare anerkannt werden.