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Eine von mehreren Initiativen
Litauen verschiebt neues Gesetz zu "Homo-Propaganda"
- 13. März 2014 3 Min.

Teilnehmer beim CSD in Vilnius im letzten Jahr
Der Seimas nimmt einen Antrag, Formen der "Verachtung der Familie" mit Geldstrafen zu belegen, von der Tagesordnung.
Das litauische Parlament hat am Donnerstag die geplante endgültige Abstimmung über einen Gesetzentwurf verschoben, der die Gesetzgebung des Landes gegen "Homo-Propaganda" verschärft hätte.
In einer Vorabstimmung votierten 39 Abgeordnete für eine Abstimmung über die homophobe Vorlage, 34 dagegen und 20 enthielten sich; danach wurde sie von der Tagesordnung genommen. Der Entwurf sieht Geldstrafen für die "Verachtung" von Familienwerten vor. "Öffentliche Darstellung der Verachtung, Objekte, Poster, Slogans und andere audio-visuelle Möglichkeiten" können demnach mit einer Geldstrafe in Höhe von 300 bis 900 Euro, im Wiederholungsfall mit 900 bis 1.800 Euro belegt werden. In den Beratungen hatte das Justizministerium eingewandt, die Bestimmung sei zu ungenau.
Eingebracht hatte den Entwurf der Abgeordnete Peter Gražulis, der sich als erbitterter Homo-Gegner einen Namen gemacht hat. Seine Partei "Ordnung und Gerechtigkeit" ist an der Regierungskoalition beteiligt. Beim CSD in Vilnius im letzten Jahr ist er verhaftet worden, weil er einen Teilnehmer geohrfeigt hatte. Auf den CSD reagierte er mit mehreren Gesetzesentwürfen, bereits zuvor hatte der Politiker mehre Anträge für Gesetze gegen "Homo-Propaganda" ins Parlament eingebracht.
Nach der Abstimmung am Donnerstag kritisierte Gražulis, Politiker der Christdemokraten, denen er früher selbst angehörte und die wie die mitregierenden Sozialdemokraten mit Enthaltung oder Nein gestimmt hatten, würden auf die Familie "spucken" und ihre "politische Orientierung" so häufig wechseln wie ihre sexuelle. Töne wie diese ist man von ihm gewöhnt: Auf einer Pressekonferenz zum Internationalen Tag gegen Homophobie hatte er einst Homosexualität mit Sex mit Tieren und Toten verglichen und eine Ausweisung aller Schwulen und Lesben gefordert.
Weitere Initiativen

Peter Gražulis (l.) beim Protest gegen den letztjährigen CSD
In diesem Frühling wird das Parlament über weitere homo- und transphobe Gesetzentwürfe abstimmen. Ein weiterer Entwurf von Gražulis fordert, dass die Veranstalter von Demonstrationen die Kosten für die Sicherheit selbst zahlen müssen. Er bezieht sich dabei auf eine Angabe der Polizei, wonach der Einsatz beim CSD 2013 über 50.000 Euro gekostet hatte.
Eine Ergänzung des Gesetzes zum Schutz der Rechte der Kinder soll eine Adoption durch homosexuelle Paare verbieten, ein anderer Entwurf könnte alle bisher existierenden Regelungen für eine legale Geschlechtsanpassung abschaffen.
In einem weiteren Gesetzentwurf soll festgelegt werden, dass Kritik an "sexuellem Verhalten oder sexuellen Praktiken und Überzeugen" ebenso wie Angebote, diese zu ändern, nicht "per se" als Diskriminierung oder Hetze angesehen werden können.
Damit könnten bisherige Antidiskriminierungsregelungen eingeschränkt werden, die zusammen mit einem ersten Anti-"Propaganda"-Gesetz eingeführt worden waren.
"Propaganda"-Gesetz bereits in Kraft
Bereits zum 1. März 2010 war in Litauen ein Gesetz in Kraft getreten, das Werbung für homosexuelle Beziehungen verboten hatte (queer.de berichtete) – das Parlament hatte für dieses Gesetz gegen "Homo-Propaganda" sogar ein Veto des Präsidenten überstimmt. Nachdem das Europäische Parlament das Gesetz kritisierte und seine Legalität anzweifelte, wurde letztlich der Gesetzestext entschärft.
Es verbietet nun vor allem Schulen und Bibliotheken Materialien, die "sexuelle Beziehungen von Minderjährigen ermuntern, die Familienwerte verunglimpfen oder ein Konzept von Ehe und Familie fördern, das nicht in der Verfassung vorgesehen ist", und ist damit dem britischen Section 28 und seiner abschreckenden Wirkung auf Lehrer und Bibliothekare ähnlich. Bis auf einen gescheiterten Versuch, mit ihm den CSD im Jahr 2010 verbieten zu lassen, wurde es nie angewandt.
Das gleiche Gesetz verbietet es zugleich, sich über Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung lustig zu machen. Litauen schützt Schwule und Lesben durch ein Antidiskriminierungsgesetz, das das Arbeits- und Teile des Zivlrechts umfasst, sowie durch einen Volksverhetzungsparagrafen. (nb)














