Der schwule Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann macht auf Druck seines Kreisverbandes eine Rolle rückwärts (Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
Selbst der Kreisverband des schwulen CDU-Bundestagsabgeordneten Stefan Kaufmann hat Probleme damit, dass LGBT-Themen fächerübergreifend an Schulen behandelt werden – der Ministerpräsident lehnt die geforderte Verschiebung des Plans jedoch ab.
Die CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg erhöht den Druck auf die grün-rote Landesregierung, den LGBT-freundlichen Bildungsplan doch noch zurückzunehmen. CDU-Bildungsexperte Georg Wacker forderte am Donnerstag, den Entwurf in den Papierkorb zu schmeißen: "Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie sich schleunigst von dem Projekt eines grün-roten Bildungsplans 2015 verabschiedet und stattdessen den neuen Bildungsplan auf eine breite gesellschaftliche Basis setzt".
Sogar der als weltoffen geltende Stuttgarter CDU-Kreisverband hat sich nun in einem einstimmig gefassten Entschluss auf die Seite der Gleichstellungsgegner gestellt, obwohl der offen schwule Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann noch vor knapp zwei Wochen für den Bildungsplan auf die Straße gegangen ist. Er unterlag dabei offenbar seinem Stellvertreter Karl-Christian Hausmann, der auf der Demonstration der Homo-Gegner am Schlossplatz aufgetreten war (queer.de berichtete).
Stuttgarter CDU: Hetero-Familie statt Schwule und Lesben
In dem Entschluss erklärt der Kreisverband, dass es "überzogen" sei, der "Akzeptanz sexueller Vielfalt" einen hohen Stellenwert an Schulen zu geben. Daher müsse die Landesregierung den Plan "grundsätzlich überarbeiten". "Werteerziehung" sei ohnehin eher Aufgabe der Eltern als der Schule. Außerdem stehe fest, "dass für uns auch weiterhin die Familie das Leitbild für die Erziehung von Kindern ist".
Stefan Kaufmann schwenkte inzwischen auf die Parteilinie ein: In einem CDU-Mitgliedermagazin erklärte er, dass die Landesregierung mit ihrem Bildungsplan "grandios gescheitert" sei. Er warf Grün-Rot vor, Eltern zu verunsichern und forderte, dass auch andere diskriminierte Minderheiten wie geistig Behinderte ausdrücklich in den Bildungsplan aufgenommen werden müssten. Dabei hatte Kaufmann noch im Januar eine gemeinsame Erklärung mit anderen Stuttgarter Bundestagsabgeordneten unterzeichnet, in der die homophobe Debatte um den Bildungsplan kritisiert wurde (queer.de berichtete).
Landesregierung beklagt Intoleranz der Homo-Gegner
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) zeigt sich über den erbitterten Widerstand der Homo-Gegner geschockt (Bild: Wiki Commons / Sven Teschke / CC-BY-SA-2.0)
Die Landesregierung zeigt sich unterdessen geschockt über den Grad an Widerstand, den die Debatte um das Thema Homosexualität an Schulen hervorgebracht hat: "Da sind offensichtlich Kräfte am Werk, die gezielt eine gesellschaftliche Kontroverse herbeiführen wollen", sagte Kultusminister Andreas Stoch (SPD) am Donnerstag den "Stuttgarter Nachrichten". Es gebe offenbar eine einflussreiche kleine Gruppe, die offen intolerant sei und es schaffe, Ängste zu wecken. Ihm selbst sei schon die Steinigung angedroht worden.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte sich demonstrativ hinter Stoch und erklärte, es gebe "keine Differenzen" zwischen ihm und dem Kultusminister. Er werde an den Zielen des Bildungsplanes festhalten. Man könne aber Formulierungen ändern, damit keine Missverständnisse entstünden. "Deswegen werden wir aber mit Sicherheit keine Bildungspläne verschieben", so Kretschmann. Zuvor hatte Grünen-Bildungsexpertin Sandra Boser in einem dpa-Interview noch angedeutet, den Bildungsplan unter Umständen um ein Jahr zu verschieben, wie es die Bildungsgewerkschaft GEW ins Gespräch gebracht hatte (queer.de berichtete). Kretschmann wird sich Ende März noch mit Vertretern aus evangelischer und evangelikaler Seite treffen.
"Schlossplatz-Mob" kämpft nun auch gegen Karlsruhe
Die Grüne Jugend hatte in dem Streit gefordert, nicht vor dem "homophoben Schlossplatz-Mob" einzuknicken. Darüber ärgterten sch Homo-Gegner: CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte, die Grüne Jugend verlasse den "demokratischen Grundkonsens", wenn sie "Bürgerinnen und Bürger, die für ihre Überzeugung und aus Sorge um ihre Kinder auf die Straßen gehen und somit ihre demokratischen Rechte wahrnehmen", so bezeichne. "Diese Äußerungen sind unerträglich. Die Landesregierung darf sich diese verbale Entgleisung nicht zu eigen machen", so Hauk.
Die Ausrichter der homophoben Demonstrationen in Stuttgart haben derweil seine Unterstützer aufgerufen, Unterschriftenlisten an das Bundesverfassungsgericht zu senden. Karlsruhe müsse der "Homo-Lobby" Paroli bieten und ein Adoptionsrecht ablehnen. (dk)