World Vision will sich nicht von homophoben Dogmen verabschieden
Die größte christliche Hilfsorganisation aus den USA will weiterhin homosexuelle Mitarbeiter feuern, wenn diese einen gleichgeschlechtlichen Partner heiraten – ein Vorstandsmitglied zog sich daraufhin aus Protest zurück.
World Vision sammelt jährlich Milliarden ein, um humanitäre Hilfe für die Ärmsten der Welt, insbesondere Kinder, zu leisten – für Homosexuelle hat die US-Hilfsorganisation allerdings wenig übrig: Vergangenen Freitag stellte die im US-Bundesstaat Washington ansässige Gruppe klar, dass sie in den Vereinigten Staaten weiterhin keine verheirateten Schwulen und Lesben anstellen werde.
Eigentlich hatte die 1950 von einem evangelikalen Priester gegründete Organisation Mitte vergangener Woche noch bekannt gegeben, homosexuelle Angestellte nicht länger diskriminieren zu wollen. World Vision kündigte an, seine Richtlinien zu ändern und homosexuellen Mitarbeitern nicht länger mit der Entlassung zu drohen, wenn sie einen gleichgeschlechtlichen Partner heiraten. Mit der Entscheidung wollte die Organisation auf die Öffnung der Ehe im Bundesstaat Washington reagieren.
Nach heftigen Protesten und Boykottaufrufen von Priestern und evangelikalen Gruppen zog die Führung der Hilfsorganisation die Entscheidung jedoch 48 Stunden später zurück. In einem Brief erklärte der Präsident und ein Vorstandsmitglied, es sei ein Fehler gewesen, "unsere langjährige Firmenpolitik aufzugeben, nach der wir Enthaltsamkeit und christliche Glaubensfestigkeit bei unverheirateten Angestellten voraussetzen". Die Gruppe wolle damit weiterhin betonen, dass die Ehe ausschließlich eine "Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau" sei. Für World Vision ist damit jeder gleichgeschlechtliche Sex außerehelich und damit ein Verstoß gegen die Verhaltensrichtlinien der Organisation.
Diese homofeindliche Regelung ist kein Verstoß gegen Antidiskriminierungsgesetze, da World Vision als religiöse Nichtregierungsorganisation anerkannt ist und es für "Faith Groups" Ausnahmeregelungen gibt.
Google-Managerin zieht sich aus World-Vision-Vorstand zurück
Google-Managerin Jacquelline Fuller tritt aus Protest gegen die homophobe Haltung aus dem World-Vision-Vorstand zurück
Als Reaktion auf die Entscheidung gab das World-Vision-Vorstandsmitglied Jacquelline Fuller am Mittwoch ihren Rücktritt bekannt. Die Google-Managerin erklärte in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AP, dass sie weiterhin eine "überzeugte Anhängerin" der Arbeit von World Vision für die Ärmsten der Welt sei. "Ich stimme aber nicht mit der Entscheidung überein, homosexuelle Mitarbeiter in einer Ehe auszuschließen", so Fuller weiter.
Deutsche Sektion gegen Diskriminierung
Im Gegensatz zur World Vision USA erklärte die deutsche Sektion gegenüber queer.de, Homosexuelle nicht zu benachteiligen: "World Vision Deutschland diskriminiert nicht", so Sprecherin Dorothea Hohengarten. "Unsere Personalpolitik ist eindeutig nicht-diskriminierend, denn sie thematisiert die sexuelle Orientierung oder den persönlichen Lebensstil bei der Einstellung neuer MitarbeiterInnen gar nicht. Gleichstellung ist für uns selbstverständlich". Ob jemand mit gleichgeschlechtlichen Partner in einem eheähnlichen Lebensverhältnis lebt, "ist für uns irrelevant und wir fragen nicht danach", so Hohengarten.
World Vision hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zur größten christlichen Hilfsorganisation entwickelt. So nimmt die Gruppe rund drei Milliarden US-Dollar pro Jahr ein, das meiste davon durch Spenden. Sie beschäftigt weltweit mehr als 40.000 Menschen. Zudem arbeitet World Vision eng mit UN-Organisationen zusammen. In den USA profitiert sie außerdem von Entwicklungshilfeprogrammen der Regierung. Einen Teil der Einnahmen investiert die Gruppe auch in die christliche Missionierung in Entwicklungsländern. (dk)