Der CSU-Politiker Josef Zellmeier hält die Gleichbehandlung von Homosexuellen nicht mit der "christlich-abendländischen Tradition" für vereinbar
Für die CSU ist die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Eherecht ein Verstoß gegen das Naturrecht und das Grundgesetz – SPD und Grüne fordern die Konservativen dagegen auf, endlich mit der Zeit zu gehen.
Von Dennis Klein
"Machen Sie es doch den Schwulen und Lesben, machen Sie es uns, machen Sie es den Richterinnen und Richtern leichter. Und vor allem, liebe CSU, machen Sie es den Schwulen und Lesben auch in Ihren Reihen leichter." So appellierte Claudia Stamm (Grüne) in Richtung der Christsozialen, als sie am Donnerstag den Antrag auf Öffnung der Ehe in den bayerischen Landtag einbrachte (PDF). Darin heißt es, dass sich die Staatsregierung im Bundesrat für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Eherecht einsetzen solle. Um es vorweg zu nehmen: Die CSU und die konservative Regionalpartei Freie Wähler ließen den Antrag durchfallen.
In ihrer Rede führte Stamm die Urteile des Bundesverfassungerichts zur Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern gegenüber Eheleuten an, etwa bei der Hinterbliebenenversorgung oder der Sukzessivadoption. Dies seien Beispiele, "wie die Politik die Richter in Karlsruhe beschäftigt und das Gericht eigentlich die Politik jedes Mal abwatscht". Dabei könnte es "so einfach sein, die Ehe für Schwule und Lesben zu öffnen".
CSU: Das Ziel jeder Ehe ist, Nachkommen zu zeugen
Claudia Stamm (Grüne)
Die CSU sieht das ganz anders: "Die Grünen greifen mit ihrem Antrag ein Thema auf, das im vergangenen Jahr in Frankreich Millionen Menschen auf die Straßen gebracht hat", sagte der Straubiger CSU-Abgeordnete Josef Zellmeier. Das "hochemotionale Thema" würde die Gesellschaft also entzweien. Außerdem sei die Ehe seit Menschengedenken nur dazu da, Kinder zu machen: "Die Ehe ist eben nicht nur ein Rechtsinstitut, mit dem das Zusammenleben von zwei Menschen geregelt wird, sondern im Sinne unserer christlich-abendländischen Tradition und Prägung sowie der Herleitung aus dem Naturrecht eine dauerhafte Verbindung von Mann und Frau, mit dem Ziel, Nachkommen zu zeugen", so Zellmeier, der damit empörte Reaktionen aus den Oppositionsbänken auslöste.
Alexandra Hiersemann von der SPD stellte sich daraufhin hinter den Antrag der Grünen. Die Verweigerung der Gleichbehandlung bedeute für homosexuelle Menschen eine "konkrete und symbolische Diskriminierung". Sie forderte die CSU auf, endlich die Lebenswirklichkeit anzuerkennen, und verwies auf die Nachbarländer, die die Ehe bereits geöffnet haben: "Der Untergang des Abendlandes hat bisher noch nicht stattgefunden", so Hiersemann süffisant. Außerdem zitierte sie ein Umfrageergebnis, nach der sich drei Viertel der Deutschen für die Gleichstellung aussprächen.
"Ich bin im letzten Jahrtausend geboren"
Kalauerkönig Florian Streibl (Freie Wähler) glaubt, dass sich die Gesellschaft nach der Öffnung der Ehe nicht mehr weiterentwickelt
Mit derlei Zahlen biss sie bei Erzkonservativen aber auf Granit. "Ich sag's gleich – ich bin im letzten Jahrtausend geboren", kalauerte Florian Streibl von den Freien Wählern zu Beginn seiner Rede – und berief sich ebenfalls auf das ominöse Naturrecht, an das sich Homosexuellen einfach nicht halten wollen: "Die menschliche Natur kommt in zwei Geschlechtern vor", sagte der überzeugte Katholik. Ohnehin sei die Homo-Ehe gefährlich: "Ohne die Ehe zwischen Mann und Frau ist […] der Bestand und die Weiterentwicklung der Gesellschaft gar nicht möglich".
Abschließend erklärte Staatsminister Winfried Bausback (CSU), dass das Eheverbot für Schwule und Lesben keine Diskriminierung sei, da es ja die Lebenspartnerschaft gebe – und diese sei zwar ähnlich wie die Ehe, aber nicht dasselbe: "Sie verwechseln Gleichstellung mit Gleichsetzung", so der Jurist in Richtung SPD und Grüne. Außerdem erklärte er allen Ernstes, dass es trotz eindeutiger Umfrageergebnisse keinen "gesellschaftlichen Wandel" bei dieser Frage gebe. Statt dessen wollten grüne "Geisterfahrer" nur anderen ihre eigenen Überzeugungen aufzwingen. "Die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner sei aber "seit jeher ein Wesensmerkmal der Ehe und steht für uns nicht zur Disposition".
Abschließend lieferte sich Bausback mit der Grünenpolitikerin Stamm noch eine verfassungsrechtliche Debatte. Der CSU-Professor verwies auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2008 zum Transsexuellengesetz, in dem die Karlsruher Richter die Ehe als "Form des rechtlich abgesicherten Zusammenlebens ausschließlich [zwischen] Mann und Frau" beschreibt. Die Gleichstellung von homosexuellen Paaren sei also verfassungswidrig. Stamm dagegen sprach von einem späteres Urteil, nach dem der bloße "Verweis auf das Schutzgebot der Ehe" eine "Differenzierung" nicht rechtfertige. "Offenbar hat sich etwas geändert, sonst würden die Urteile aus 2009 und später nicht kommen", erklärte die Grüne.
Am Ende blieb in Bayern alles beim Alten: Die Landtagsabgeordneten lehnten mit 84 zu 52 Stimmen die Gleichstellung im Eherecht ab.
Die haben doch im Bund (da wo es entschieden wird) auch die Eheöffnung abgelehnt.
Es gäbe im Bundestag eine Mehrheit für die Eheöffnung - aber die SPD will ja lieber Schoßhündchen der CDU/CSU sein und deren Diskriminierungs-Politik unterstützen, statt diese Mehrheit zu nutzen...