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  • 19. April 2014 7 5 Min.

Das schlimmste an einer Trennung ist oft, dass man einen Menschen verliert, der auch ein guter Freund war

Wenn zwei Ex-Partner behutsam miteinander umgehen, kann aus dem alten Liebestaumel eine solide Freundschaft werden.

Von Kevin Junk

Ich liebe meinen Ex-Freund. Sehr sogar. Nein, das ist keine dysfunktionale Trennung, kein Hinterhertrauern oder heimliches Noch-immer-Verliebtsein. Das ist freundschaftliche, ehrliche und aufrichtige Zuneigung für einen Menschen, mit dem ich mal geschlafen habe, in den ich verliebt war, aber mit dem es auf Dauer in einer Liebesbeziehung aus diversen Gründen nicht geklappt hat.

Es war nicht einfach, natürlich nicht. Wir haben uns nicht getrennt und gesagt: Oh, klar, lass uns einfach den Sex weglassen, in getrennte Wohnungen ziehen und weniger oft sehen. Es war harte Arbeit, emotional und psychisch. Aber es hat sich gelohnt.

Wenn wir uns zum wöchentlichen Mittagessen treffen, dann sitzen wir zusammen und quatschen über Karriere und all die Themen, die uns in der Beziehung verbunden haben – auch Sex, aber nicht mehr über den miteinander, sondern über den mit anderen Männern. Wir haben die Eifersucht überwunden, den Besitzanspruch aufgegeben, für eine neue Ebene, die uns dauerhafter erscheint. Wenn er mich fragt, ob er diesem Typen zurückschreiben soll, mit dem er im Club geknutscht hat, obwohl er einen Freund hat, dann gebe ich ihm Tips, die maßgeschneidert sind, weil ich ziemlich genau weiß, wie er tickt und was er hören will und muss.

Bei einer Trennung verliert man auch einen Freund

Bis zu diesem Punkt war es ein weiter Weg. Ein Weg, der auch mal holprig war, bei dem man sich auch mal gegenseitig ein Beinchen gestellt hat und auf die Fresse geflogen ist. Aber weil wir ohne den anderen zwar können, aber nicht müssen, gaben wir einander Zeit, die alten Gefühle sterben zu lassen – und erreichten eine neue Ebene, die uns beiden gut tut. Wir wussten nicht, ob es klappen würde, aber wir wollten es versuchen.

Das schlimmste an einer Trennung ist oft, dass man einen Menschen verliert, der auch ein guter Freund war. Einen Partner und Vertrauten, dem man nicht langwierig ein Problem schildern muss, damit er es versteht, weil er einfach Zugriff auf einen Erfahrungsschatz an gemeinsamer Vergangenheit hat, der hilft, neue Probleme im persönlichen Kontext zu betrachten. Einen Freund zu verlieren, heißt auch geteilte Gemeinsamkeiten und Diskussionen aufzugeben. Einen Freund zu verlieren, heißt auch, jemanden aus dem eigenen Leben zu verbannen, zu dem man eine besondere Verbindung hatte. Das Ende einer Beziehung, ganz abstrakt gemeint, ist oft auch das Ende einer Konversation.

Es gehört viel Mut und Vergebungswille dazu, sich auf diesen Prozess einzulassen. Böses Blut darf nicht fließen, alte Streits werden wieder aufkommen, alte Muster muss man durchbrechen, damit neue entstehen können, andere Muster will man beibehalten. Aber vergibt man Freunden oft nicht mehr als dem Partner, weil man sie wertschätzt, mit all ihren kleinen kruden Momenten, während man den Partner anpampt, weil er immer so laut schmatzt?

Um aus der verbrannten Erde neutralen Boden zu machen, muss man erstmal alles abklingen lassen. Kontakt ganz abbrechen ist zu hart, aber auf das nötigste beschränken – und gerade nach einer Trennung ist oft erstmal kein Kontakt nötig. Der Ex-Partner ist nicht dazu da, die Trennung leichter zu machen, kalter Entzug tut auch erstmal weh. Abe die Zeit heilt – ganz Klischee – tatsächlich alle Wunden.

Die Persönlichkeiten müssen sich lösen, die Wunden verheilen

Was ich mit Vergebungswille weiter oben meinte, ist der Wille, zu verzeihen, und die Fähigkeit, auch mal einstecken zu können. Die Trennung von der Beziehung heißt auch die Trennung von all den identitätsstiftenden Momenten, all den kleinen Gemeinsamkeiten, die aus dem Ich ein Wir gemacht haben, das erstmal absterben muss. Die Persönlichkeiten müssen sich lösen, die Wunden verheilen, weil, drückt man sie wieder aufeinander, wenn sie noch vor sich hinsuppen, wachsen sie wieder zusammen und zwar in hässlich.

Luft an die Wunden kommen zu lassen, bevor man sich wieder annähert, ist wichtig. Und dann müssen beide sich klar machen: Was will ich von dieser Freundschaft? Was fehlt mir an dieser Person, die ich wieder in meinem Leben haben will? Was ist freundschaftsgerecht, was vielleicht doch nur der Versuch, eine alte Beziehung wieder aufflammen zu lassen?

Respekt ist wichtig, denn ohne ihn passiert es schnell, dass man sich in alten Mustern verhakt. Respekt bedeutet, den anderen zu akzeptieren, nicht zu tolerieren und auf Veränderung zu hoffen. Die Trennung wird bei beiden einen Lern- und Veränderungsprozess angestoßen haben, also sollten beide Seiten versuchen, den anderen nicht zu verurteilen. Jeder verarbeitet eine Trennung anders, jeder geht anders mit der Enttäuschung um – und wenn beide behutsam miteinander umgehen, kann aus dem alten Liebestaumel eine solide Freundschaft werden.

Einen ganz neuen Menschen kennenlernen

Wenn beide offen mit ihren Gefühlen umgehen – im Wissen, dass die Beziehung nicht mehr zur Debatte steht und damit auch die Probleme der Beziehung nicht mehr -, dann lernt man vielleicht einen ganz neuen Menschen kennen, ohne dabei den alten Partner gänzlich zu verlieren. Besitzanspruch und Eifersüchteleien müssen erlaubt sein, weil man sie nicht wegdiskutieren kann. Man muss sie über sich ergehen lassen, sie aber nicht am anderen ausbaden. Verdrängt man sie, verhärten sich die Fronten, reagiert man schnippisch, ohne es zu wollen – lässt man sie hingegen zu, ebben sie schneller ab, kann man sich schneller davon befreien und Platz machen für neue Gefühle. Das ist alles kein Patentrezept, aber der Versuch zu verstehen, wie man es schaffen kann, sich wieder in die Augen zu schauen, auch wenn Herzen gebrochen wurden und viele Tränen geflossen sind.

Nicht jede Trennung ist fruchtbarer Boden für eine Freundschaft, manchmal ging einfach zu viel in die Brüche. Aber wir sollten unsere Konzepte von Liebe und Zuneigung auf den Prüfstand stellen, die Grenze zwischen Beziehung und Freundschaft weniger eng ziehen, um zuzulassen, dass jemand, den wir mal geliebt haben – oder noch immer lieben – weiter in unserem Leben bleiben kann. Solange sich beide das Ziel "Freundschaft" klar vor Augen halten und klare Bedingungen formulieren, gibt es das Potenzial, aus einer Verbindung, die auf Vertrauen, Faszination und Zuneigung fußt, eine Freundschaft zu basteln, die es möglich macht, mit einem Mann, den man mal geliebt hat, einen Mann zu machen, für den man sich freut, wenn er sich wieder verliebt.

#1 MichaelTh
  • 19.04.2014, 09:38h
  • Die Überschrift hat mich schon verwirrt - dachte zuerst an einen gramatikalischen Fehler... Ist aber auch zu dumm, dass man DEN Bestie wie DIE Bestie schreibt :-)
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#3 ollinaieProfil
  • 19.04.2014, 18:36hSeligenstadt
  • Hier wird ja ein löblicher Umgang miteinander beschrieben aber: Warum muß man sich dazu vorher trennen?

    Mein Lover arbeitet in einer anderen Stadt, wir verbringen die Wochenenden gemeinsam. Wir telefonieren mehrmals pro Woche und erzählen uns auch von den Menschen, denen wir begegnet sind, und natürlich auch wenn es zu Sex kam, wo ist das Problem?

    Ich weiß was ich ihm bedeute und er weiß was er mir bedeutet ich muß nicht fürchten das er morgen seinen "Traummann" trifft und mich verläßt.

    Sex ist etwas schönes, das soll mensch genießen wann immer sich die Gelegenheit ergibt. Ich liebe ihn, warum soll ich ihm das dann vorenthalten wollen?

    Wir betrachten uns nicht als Privateigentum des Partners sondern verstehen die gemeinsame Zeit als Geschenk, das uns der andere gibt. Diese Sichtweise beugt auch dem Gefühl der Eiversucht vor, mit dem wir beide glücklicher Weise nicht zu reichhaltig gesegnet sind.

    Ich dachte viele LSBTTI*s seien da immer noch weiter als die meißten Heteros, auch wenn in der Comunity vermehrt kleinbürgerliche (teilweise gepaart mit kleingeistigen) Tendenzen sichtbar werden (Grüße an Hochzeitsplaner Froonck!).
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