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Unterrichtsthema "sexuelle Vielfalt" erst nach Landtagswahl
Grün-Rot verschiebt Bildungsplan
- 25. April 2014 3 Min.

In einer Pressekonferenz gab der Kultusminister die Verschiebung des Bildungsplans bekannt
Der baden-württembergische Bildungsplan soll erst nach der Landtagswahl 2016 in Kraft treten – Homo-Hasser feiern die Verschiebung als ihren Erfolg und kündigten weitere Proteste an.
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hat am Donnerstag in Stuttgart angekündigt, dass der Bildungsplan um ein Jahr verschoben wird, weil es in Praxistests noch Probleme gegeben habe. "Das Ziel ist nicht, die Bildungspläne möglichst schnell zu erarbeiten, sondern möglichst gut", sagte Stoch in einer Pressekonferenz. Mit der Verschiebung würde der Bildungsplan erst im Schuljahr 2016/17 in Kraft treten – und damit nach der Landtagswahl im Frühjahr 2016. Stoch beteuerte, die Verschiebung habe nichts mit dem Thema "sexuelle Vielfalt" zu tun, gegen das Homo-Gegner in den letzten Monaten demonstriert hatten (queer.de berichtete).
Der unter Konservativen und Liberalen umstrittene Punkt verlangt, dass Lehrer Schülern vermitteln sollen, Homo- und Transsexuelle als gleichwertige Menschen anzusehen. Dieser Punkt war bei der letzten Bildungsplanreform 2004 von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung ignoriert worden und wurde daher von der neuen Kretschmann-Regierung zunächst prominent erwähnt. Nach Protesten hatte Grün-Rot Anfang April eine Überarbeitung des Plans angekündigt, in der das Thema sexuelle Vielfalt unter die neue allgemeine Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" gestellt werden soll (queer.de berichtete).
Praxistests an Schulen
Der Bildungsplan wird derzeit an dutzenden Erprobungsschulen getestet (PDF). Dabei habe es unterschiedliche Rückmeldungen gegeben, erklärte Minister Stoch. Insbesondere wurde eine zu wissenschaftliche Sprache kritisiert. "Wenn das in der weiteren Erprobungsphase an die Schulen kommt, sehe ich 0,0 Prozent Skandalisierungspotenzial", ist sich der Minister sicher. Es gebe auch vermehrt Schulungen, in denen Lehrern der Plan erklärt werden soll. Insgesamt bezifferte Stoch die Gesamtausgaben für den Bildungsplan auf rund 15 Millionen Euro.
Die Lehrergewerschaft GEW begrüßte die Verschiebung. Landeschefin Doro Moritz erklärte am Donnerstagabend im SWR-Fernsehen, der Umbau des Bildungsplans mache die Verlängerung notwendig. Sie forderte, dass neben der Akzeptanz von Minderheiten auch Demokratie- und Friedenserziehung in den Bildungsplan aufgenommen werden solle.
CDU und FDP frohlocken

Mit solchen Argumenten wehren sich Homo-Gegner aus dem rechten Lager gegen die Akzeptanz von Schwulen und Lesben (Bild: Guido Klein)
Die Oppositionsparteien CDU und FDP sehen die Verzögerung als Anfang vom Ende des Bildungsplans: "Kultusminister Stoch hat nun endlich erkannt, dass er mit der bisherigen Bildungsplanarbeit gegen die Wand gefahren ist und muss nun die Reißleine ziehen", sagte der CDU-Bildungspolitiker Georg Wacker.
Timm Kern von der FDP erklärte, dass die geplanten Leitprinzipen nichts im Bildungsplan zu suchen hätten: "Solange Minister Stoch auf diese Prinzipien nicht verzichtet, steht der Bildungsplan weiterhin unter Verdacht, ideologiebehaftet zu sein", so Kern. Bereits Anfang des Jahres hatte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke den Bildungsplan abgelehnt und argumentiert, dass Homosexuelle "nicht gleichwertig" seien (queer.de berichtete).
Bildungsplan-Gegner feiern "Erfolg"
Die Initiative "Schützt unsere Kinder", die die Protestaktionen gegen den Bildungsplan initiiert hatte, sieht die Verschiebung des Bildungsplans auf die Zeit nach der Landtagswahl als einen "echter Erfolg unserer Proteste": Anscheinend spüre das Kultusministerium "den immer stärker werdenden Gegenwind aus der Bevölkerung", freuten sich die Homo-Gegner. Auf den Demonstrationen wurde stets davor gewarnt, dass die Akzeptanz von Homo- oder Transsexuellen auch dazu führe, dass in Kürze Kinderschänder toleriert werden müssten. Die Demonstrationen wurden unter anderem von evangelikalen Gruppen sowie Politikern von CDU, FDP und AfD unterstützt. (dk)

Links zum Thema:
» Arbeitspapier des Kultusministeriums von Anfang April (PDF)