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Wahlprüfsteine
Europawahl: LSVD warnt vor Kreuzchen bei CDU und CSU
- 30. April 2014 5 Min.

Bei der Europawahl am 25. Mai wird sich entscheiden, wie LGBT-freundlich das mächtiger werdende Parlament aussieht
Zur Europawahl hat der LSVD wieder seine Wahprüfsteine für die sechs etablierten deutschen Parteien veröffentlicht – die Union schneidet dabei miserabel ab.
Von Dennis Klein
Ende Mai wird in 28 EU-Ländern das Europaparlament gewählt, Deutschland wird 96 der 751 Abgeordneten nach Straßburg entsenden. Zwar ist das Parlament mächtig wie nie zuvor, es wird aber wegen der komplizierten Struktur von der Öffentlichkeit nach wie vor nicht ernst genommen. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat jedoch am Mittwoch appelliert, zur Wahl zu gehen: "Das Europäische Parlament muss Motor für Gleichstellung und für den Kampf gegen Diskriminierung bleiben", erklärte LSVD-Sprecherin Eva Henkel. Man müsse verhindern, "dass es im Europaparlament zu einer rückwärtsgewandten Mehrheit kommt, die Gleichstellung bekämpft und Vorurteile fördert".
Tatsächlich hat das Parlament in den letzten Jahren beim Thema Homo-Rechte immer wieder Druck gemacht, etwa mit der Annahme des Lunacek-Berichts im Februar (queer.de berichtete). Es gibt jedoch große Unterschiede zwischen den Parteien: In seinen am Mittwoch veröffentlichten Wahlprüfsteinen zeigt der LSVD auf, welche Parteien besonders LGBT-freundliche Politik anstreben – und welche nicht.
Der Lesben- und Schwulenverband hat dafür die sechs in Deutschland etablierten Parteien nach ihren Positionen zur europäischen LGBT-Politik befragt und bereits Antworten erhalten. Am besten schnitten bei diesen Prüfsteinen die Antworten von SPD und Grüne ab: Die beiden Parteien haben in allen elf Themen zugesagt, die Forderungen des LSVD zu unterstützen. Auch äußerst LGBT-freundlich waren Linkspartei (zehn von elf positive Antworten) und FDP (neun von elf). Mit Abstand die schlechtesten Antworten kommen von CDU und CSU: Beide Parteien wollten nur in einem (!) der elf Themen den Forderungen der LGBT-Aktivisten zustimmen – und zwar beim Thema Asylpolitik. Hier setzt sich die Union wie alle anderen Parteien dafür ein, wegen ihrer Homosexualität verfolgten Menschen Asyl in der EU zu gewähren.
Union gegen LGBT-Rechte auf europäischer Ebene

LSVD-Wahlprüfsteine: Wenig lachende Gesichter bei CDU und CSU
Bei anderen Themen wehrt sich die Union mit Händen und Füßen gegen eine LGBT-freundliche Politik: So wird etwa eine europäische Antidiskriminierungsrichtlinie abgelehnt. CDU und CSU berufen sich dabei offiziell auf das Subsidiaritätsprinzip. Dieses besagt, dass die Nationalstaaten ohne Einfluss aus Europa selbst entscheiden sollen, was sie für richtig halten. Deshalb hält die Union auch eine EU-weite Roadmap für Gleichheit für überflüssig. "Der rechtliche Schutz vor Diskriminierung sollte […] vorrangig auf Ebene der Mitgliedsstaaten geregelt werden", schreiben unisono CDU und CSU.
Die gegenseitige Anerkennung von verpartnerten oder veheirateten Paaren wird von der Union abgelehnt, weil für die beiden Parteien generell die Gleichbehandlung von Homosexuellen im Eherecht nicht in Frage kommt. Hier bringt die CDU den gehässigen Satz ein: "Wir bekennen uns zum Verfassungsgebot der besonderen Förderung von Ehe und Familie" – Schwule und Lesben können für die Christdemokraten offenbar nie Teil einer Familie sein.
Die negative Haltung der Union zu Homo-Rechten wird auch beim "Come Out Pledge" der LGBT-Gruppe ILGA Europe deutlich. Hier haben bislang 58 Politiker aus Deutschland zugesagt, sich für Homo-Rechte zu engagieren – darunter ist kein einziger Kandidat von CDU oder CSU. Europaweit haben diesen Pledge bereits rund 600 Politiker unterzeichnet, die sich um einen Sitz in Straßburg bewerben.
Bei der Wahl könnten aber noch weit homofeindlichere Parteien aus Deutschland ins größte Parlament der Welt einziehen: Da es diesmal keine prozentuale Hürde gibt, reicht schon knapp über ein Prozent für einen Sitz im Europaparlament aus. So gut wie sicher ist etwa der Einzug der Alternative für Deutschland (AfD), die immer wieder mit homophober Rhetorik um konservative Stimmen wirbt und einige homophobe Spitzenkandidaten aufgestellt hat – darunter auf Platz 4 die umtriebige konservative Lobbyistin Beatrix von Storch, die mit ihren Portalen und Initiativen etwa den Kampf gegen den Bildungsplan in Baden-Württemberg voran treibt (queer.de berichtete).
Möglich ist auch der Einzug anderer rechtspopulistischer oder -extremistischer Parteien wie der Republikaner, Pro NRW, PBC oder gar der NPD. Zudem könnten gemäßigte Parteien, die sich gegen Homo-Rechte aussprechen, einen Sitz im Parlament erobern, beispielsweise die in Süddeutschland recht erfolgreiche konservative grüne Partei ÖDP.
Juncker: "Nein zu jedwedem Extremismus"

EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker kritisiert Homophobie in den eigenen Reihen (Bild: EPP / flickr / by 2.0)
Die vier europäischen Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten haben sich bereits am Montag in Maastricht einen 90-minütigen Schlagabtausch auf Englisch geliefert, der im Nachrichtensender Euronews übertragen wurde (die Europäische Linke hatte eine Teilnahme an der Debatte abgelehnt). Homo-Rechte wurde nur am Rande behandelt: Als erster erwähnte der konservativen Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker das Thema: "Ich sage einfach Nein zu jedwedem Extremismus", so der in LGBT-Fragen als liberal geltende frühere luxemburgische Ministerpräsident. Extremisten hätten "nicht die gleichen Grundwerte wie wir. Sie sind gegen Ausländer, sie sind gegen Menschen mit anderer sexueller Ausrichtung, sie haben Werte, die nicht den unseren entsprechen". Die grüne Spitzenkandidatin Ska Keller aus Brandenburg kritisierte aber, dass in Junckers eigener konservativen Fraktion viele Parteien "gegen Frauenrechte und Rechte von Homosexuellen" stimmten. Als Beispiele für populistische EVP-Parteien wurden die Konservativen in Italien (Silvio Berlusconi) und Ungarn (Viktor Orbán) erwähnt.
Der sozialdemokratische Spitzenkandidat, Martin Schulz aus Nordrhein-Westfalen, hatte erst Anfang des Monats die Verfolgung von Homosexuellen in Afrika scharf kritisiert und mit einer "Umleitung" der Entwicklungshilfegelder gedroht (queer.de berichtete).
In Deutschland findet die Wahl am 25. Mai statt. Europaweiten Umfragen zufolge liefern sich die Europäische Volkspartei und die Sozialdemokraten derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen: So könnten laut einer aktuellen Analyse des "europäischen Föderalisten" die Sozialdemokraten mit 214 Sitzen rechnen, die EVP käme auf 210. In Deutschland würde dagegen laut einer INSA-Umfrage die Union mit 36 Prozent locker die SPD, der nur 28 Prozent vorausgesagt werden, in die Schranken weisen. Entscheidend, wie stark radikale kleine Parteien wie die AfD werden, dürfte die Wahlbeteiligung sein: Bereits vor fünf Jahren lag sie hierzulande mit 43 Prozent sehr niedrig.
Links zum Thema:
» LSVD-Wahlprüfsteine im Detail















die nebenbei allesamt keine Trennung von Kirche und Staat wollen (siehe Programme), sondern sich bei jeder Gelegenheit (siehe z. B. Baden-Württemberg: Schwarz und Gelb beteiligen sich an faschistischen Mobilisierungen gegen Schwule und Lesben, "Homo-Heiler" im grün-roten Staatsministerium) bei kirchlichen und religiösen Unterdrückern anbiedern,
wird im Namen der LSVD'schen "Überparteilichkeit" nicht gewarnt?