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Wirklich nur "'Rosa' Karneval"?
Kölner CSD gibt sich Karnevals-Motto
- 09. Mai 2014 3 Min.

Das neue Motto dient hintergründig dem Aufgreifen verschiedener Themen
Der Cologne Pride will mit lockeren Plakaten auf ernste Themen hinweisen und damit die Kölner Gesellschaft als Verbündete im Kampf gegen "Neo-Homophobie" gewinnen.
Von Norbert Blech
Der Kölner Lesben- und Schwulentag (KLuST) hat am Freitag das Motto des diesjährigen Cologne Pride bekannt gegeben: "Wir sind 'nur' der rosa Karneval", heißt es ab sofort auf Plakaten, mit der Unterzeile "Köln demonstriert Vielfalt".
Auf dem ersten Blick können die Plakate mit etsprechender Werbung für Kölns fünfte Jahreszeit verwechselt werden: In großer Schrift steht dort zunächst ein urkölscher Spruch wie etwa "Mer stonn zo Dir". Erst im Kleingedruckten darunter wird der Zusammenhang zu der Großveranstaltung der Community erkennbar; zum Beispielsspruch heißt es etwa: "Wer mit schwulen Fußballern ein Problem hat, kann ja später duschen".
"Die Motto-Kampagne 2014 bedient sich der ur-kölschen Utopie des Karnevals, in dem seit jeher bestehende Verhältnisse auf den Kopf gestellt, soziale Schranken aufgehoben und Geschlechterrollen außer Kraft gesetzt werden", so der Cologne Pride. Mit einem "Festival der Vielfalt" wolle man "gemeinsam mit der gesamten Kölner Stadtgemeinschaft" zeigen, dass die Mehrheit der Gesellschaft aufgeschlossener sei, "als es Matussek, Lewitscharoff, Meisner und Merkel glauben lassen wollen."
So solle "selbstbewusst, souverän, intelligent und mit Humor" einem "Grundrauschen" einer "aufkeimenden 'Neo-Homophobie'" entgegengetreten werden, die der CSD neben den allgemein bestehenden Diskriminierungen an einigen Äußerungen der letzten Monaten festmacht. Man wolle sich nicht von "konservativen Wortführern eine Debatte um die Daseinsberechtigung nicht-heterosexueller Lebensentwürfe aufdrängen" lassen.
Der Weg zum Motto

Ein Mottoplakat weist auf Diskriminierung und Gewalt hin
Begonnen hatte alles mit einem öffentlichen Mottofindungstermin im Januar, berichtet Demoleiter Jörg Kalitowitsch gegenüber queer.de. Daraus entwickelten sich drei mögliche Themen, aus denen die Mitgliederversammlung den Schwerpunkt der gesellschaftlichen Akzeptanz auswählte. Bei der Umsetzung stand dann vor der Frage, das Thema in eine Kampagne für das Straßenfest vom 4. bis 6. Juli und die Demo-Parade am letzten Tag zu verwandeln.
Natürlich könne das Motto auf dem ersten Blick für Kritik sorgen oder nicht verstanden werden, sagt Kalitowitsch – man hatte ja erst im letzten Jahr seine Erfahrungen mit dem Motto "Wir sind. So oder so." gemacht, das von vielen als zu lasch empfunden wurde. Aber hier wolle man den netten Einstieg des Karnevals, der die Kölner mobilisieren soll, von Anfang an mit politischen Botschaften verbinden – auch für die Medien, die ja immer die Aspekte eines "rosa Karnevals" betonten, obwohl jede CSD-Parade zahlreiche Möglichkeiten böte, politische und soziale Fragen aufzugreifen.
Proteste in der nächsten Woche

Auch die Frage lesbischer Sichtbarkeit wurde aufgegriffen
Derweil bereitet der KLuST e.V. in unterschiedlichen Kooperationen zwei Demos für die nächste Woche vor: Am Samstag, den 17. Mai, gibt es die traditionelle Kundgebung zum Internationalen Tag gegen Homophobie, ab 14 Uhr auf dem Roncalliplatz neben dem Dom mit einer anschließenden Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl im Filmforum im Museum Ludewig daneben.
Bereits drei Tage vorher, am Mittwoch, findet vor dem Bezirksrathaus Köln-Mülheim um 13 Uhr eine Demonstration für Schulaufklärung über Homosexualität statt. Kalitowitsch hatte diese angemeldet, um einer angekündigten Demonstration der "Besorgten Eltern NRW" zuvor zu kommen, die bereits zweimal in Köln Proteste mit je fast 1.000 Teilnehmern veranstaltet hatte.
Der Grund: In dem Rathaus findet im Rahmen der Hirschfeld-Tage NRW eine Fachtagung zu "Regenbogenfamilien" des Antidiskriminierungsprojekts "Schule der Vielfalt" statt. Die "Besorgten Eltern" kommen nun nicht, ein Zeichen wolle man dennoch setzen, so Kalitowitsch – mit den Teilnehmern der Fachtagung, die gerade Mittagspause hätten.
Die Idee, homophoben Demonstranten durch die frühere Anmeldung eines eigenen Protests zuvorzukommen, hatte es zuletzt auch in Stuttgart gegeben. Wie man hört, hatten dort die Bildungsplangegner eigentlich bereits für letzten Samstag ihre nächste Demo geplant – Befürworter einer Schulaufklärung über sexuelle Vielfalt kamen ihnen aber zuvor. Der nächste Protest gegen den Bildungsplan findet nun erst am 28. Juni statt (queer.de berichtete).
Links zum Thema:
» Webseite des Kölner CSD
» Der ColognePride bei Facebook














