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Trennung nach Maß
Schöner Schluss machen
- 07. Juni 2014 4 Min.

Durch ein schönes, ritualisiertes Ende kann man vielleicht böses Blut vermeiden und verhindern, dass man sich nie wieder in die Augen schauen wird
Wenn das Ende einer schwul-lesbischen Beziehung unausweichlich ist, sollte man das Breakup maßgeschneidert planen – und mit dem Partner regelrecht zelebrieren.
Von Kevin Junk
Zu einer Beziehung gehören in der Regel zwei Menschen, bei der Trennung kann es allerdings einseitiger zugehen. Manchmal will nur einer den Schlussstrich ziehen, während der andere weiter in Glückseligkeit schwelgt.
Streicht einer aber die Segel, egal aus welchen Gründen, ist das oft ein langer Prozess. Gerade in Beziehungen, die man in Jahren und nicht in Monaten zählt, ist eine Trennung oft ein langer, innerer Prozess – das eigentliche Schluss machen aber nur Symptom dafür. Wie eine Blase, die unter Wasser entsteht, ploppt es kurz an der Oberfläche, aber die Blase hat einen langen Weg durch trübe Emotionsgewässer hinter sich, bevor sie platzt.
Es gibt natürlich auch Trennungen im gegenseitigen Einvernehmen, wenn beide merken, dass sie ohne einander wirklich besser dran sind. Oder man versucht es mit einer Freundschaft. Oder man lässt's, auch wenn es wehtut, halt ganz. So viele Szenarien wie Beziehungen.
Möglichst wenig Scherben hinterlassen

Ein letztes Mal seine Lieblingsplätzchen backen...
Jede Partnerschaft ist, abgesehen von den ganzen Normen und Ideen, die wir so eingetrichtert bekommen, vor allem ein Spiel nach Regeln, die zwei Menschen im Idealfall einander vorgeben. Es ist akute Interaktion, in die niemand reinreden kann, eigentlich, und ebenso sollte die Trennung verlaufen: nach den gemeinsam aufgestellten Regeln der Kunst und Kommunikation.
Schluss machen nach Maß, das heißt Schluss machen auf eine Art und Weise, die hoffentlich die wenigsten Scherben hinterlässt und maßgeschneidert auf die Person passt, die man, so traurig es ist, verlassen will. Mehr noch: durch ein schönes, ritualisiertes Ende kann man vielleicht böses Blut vermeiden und verhindern, dass man sich nie wieder in die Augen schauen wird.
Man ist schließlich verstrickt in Leben und Alltag des anderen, hat so viel gemeinsam, vielleicht gibt es auch materielle Verpflechtungen – alles egal, weil es aus irgendeinem Grund nicht mehr geht. Ist halt so, das müssen wir, in der Theorie und ganz trocken, jetzt einfach mal hinnehmen und akzeptieren. Ist nicht schön, aber auch nicht selten. Wichtig dabei ist, keinen gordischen Knoten zu zerschlagen. Wie bei einem Paar Schuhe, bei dem sich die Schnürsenkel verknotet haben, ist Geduld und sachtes Vorgehen angesagt.
Schluss machen im Affekt
Eine Trennung kann auch im Affekt geschehen, im Streit oder in Rage – und dann gibt es nicht die Möglichkeit, feinsäuberlich alles zu entheddern. Dann werden die Schuhe unsanft mit einer Schere getrennt und von den Senkeln bleiben nur Stummel übrig.
Mit einer wohlüberlegten und gut kommunizierten Trennung aber muss es gar nicht erst soweit kommen. Schließlich kennt man doch seinen Partner. In- und auswendig, zu gut vielleicht, aber immerhin so gut, dass man absehen kann, wie er auf die Trennung reagieren wird. Der bevorstehenden Entfremdung voneinander wirkt das nicht entgegen, das ist kein Rezept gegen das schale Gefühl, das man hat, wenn man sich fragt: Wie konnten wir jemals ein Paar gewesen sein? Eine Trennung ist ein einschneidendes Erlebnis, die Phantomschmerzen kommen erst nach der Abnahme der besseren Hälfte. Schlussmachen nach Maß ist nur ein realistischer Dämpfer für Komplikationen, kein Garant für schmerzfreie Behandlung.
Wie das in Praxis auszusehen hat, muss jeder für sich selbst in die eigene Situation übersetzen. Vielleicht ist es notwendig, gar nicht auszusprechen, dass die Beziehung zu Ende ist – und den anderen einfach durch eine Pause selbst zum gleichen Schluss kommen zu lassen. Vielleicht solltet ihr zum Ort eures ersten Dates gehen und da eure gemeinsame Geschichte Revue passieren lassen. Vielleicht solltest du anrufen. Vielleicht eine Karte schicken. Vielleicht während dem Sex. Nach dem Sex. Nach einer Reise. Oder während einer Reise. Jeder kennt seinen Partner am allerbesten.
Das Wichtigste ist: Schluss machen ist ein Ritual, eine Situation, die lange im Gedächtnis bleiben wird. Mehr Kitsch statt Streit, mehr an symbolischer statt destruktiver Handlung. Wenn das Ende nämlich unausweichlich ist, tut es ja doch vielleicht gut, es zu zelebrieren.
