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Forderungen zu sexueller Vielfalt und Abtreibung
Bischofskonferenz kanzelt KjG ab
- 08. Juni 2014 3 Min.

kath.net polemiserte in kreuz.net-Manier und fand Gehör
EU und Bund förderten die Meinungsbildung der katholischen Jugend zur Europawahl – die Bischöfe ließen nun ein liberales Dokument zu Sexualfragen auf Druck von kath.net und PI löschen.
Ein Papier zur Europawahl der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) hat nachträglich zu Empörung und letztlich zu einem Rüffel durch die Bischofskonferenz und einer Rücknahme des Papiers geführt.
Das Dokument war enstanden im Rahmen des KjG-Projekts "Yourope", das vom EU-Programm "Jugend in Aktion" und vom Bundesfamilienministerium gefördert wurde. Die Jugendlichen befassten sich dazu mit aktuellen Themen zur Europawahl und stellten Forderungen auf.
So erstellten sie in Projektwochen ein "Starter-Kit" mit Infos, wie man Themen auf EU-Ebene voran bringen kann, und einem großen Abschnitt zu Jugendrechten, vom "Recht auf Arbeit" über "Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit" zum "Recht auf Nicht-Diskriminierung" – während der Abschnitt nicht auf die Merkmale "sexuelle Orientierung" oder "sexuelle Identität" eingeht, wird an anderer Stelle das Gesetz gegen "Homo-Propaganda" in Russland kritisiert.
Das Inhaltsverzeichnis des PDF, das bereits im März verbeitet wurde, benennt auch ein "Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Entscheidung über den eigenen Körper", ein entsprechender Abschnitt fehlt allerdings in der aktuellen Fassung des Hauptdokuments (PDF). Auch ein entsprechendes Einzel-PDF wurde am Freitag nach Kritik gelöscht.
Recht auf sexuelle Vielfalt gefordert

Der Beginn des zensierten Abschnitts
In dem Abschnitt fordern die katholischen Jugendlichen, dass Jugendliche ihre "sexuelle Orientierung (das heißt die Frage, ob ich hetero-, homo- oder bisexuell leben möchte)" oder ihre "eigene
Geschlechtsidentität (das heißt, ob ich als Mann, Frau, Transgender oder IntersexuelleR leben möchte)" frei ausleben dürften. Auch die Beziehungswahl ("monogam, polygam, zölibatär etc.") sei Sache der Jugendlichen.
Das KgG-Papier setzt sich weiter gegen Vorurteile "gegenüber bestimmten sexuellen Orientierungen
oder Lebensformen" ein und fordert "eine nicht-diskriminierende Sexualerziehung" sowie "Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, eine Schwangerschaft abzubrechen und kostenlos Verhütungsmittel zu erhalten".
kath.net und PI Hand in Hand
Der Protest der Erzkonservativen ließ diesmal lange auf sich warten: An diesem Donnerstag sprach das Portal kath.net vom "Abtreibungsskandal bei der Katholischen jungen Gemeinde" und bebilderte das recht blutig. Die Redaktion kritisierte: "In dem sogenannten 'Starterkit' heißt es ernsthaft, dass Jugendliche wie Erwachsene das 'Recht auf sexuelle Selbstbestimmung' und damit das Recht hätten, 'über den eigenen Körper' frei zu entscheiden." Das Thema Abtreibung wurde als "Knaller-Forderung" beschrieben.
Zum Protest gab die Redaktion die eMail-Adressen der Deutschen Bischofskonferenz und der Pressestelle von Kardinal Marx an. Das Neurechten-Portal "Politically Incorrect" sprang auf dem Zug auf, kritisierte, die KjG werbe für "Polygamie, Transgender und andere Abwegigkeiten" (kath.net hatte den Spruch zuvor mit "anderem Irrsinn" gebracht), und veröffentliche ebenfalls die eMail-Adressen.
Löschung auf Druck von oben

Während kath.net und PI beklagten, das Papier sei aus "Kirchensteuermitteln" finanziert, verweist das Projekt Yourope auf die Förderung durch EU und Bund.
Bereits am Freitag Morgen konnte kath.net Erfolg vermelden. "Bereits vor mehreren Wochen hat der Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, kurz nach Bekanntwerden des Dokumentes – ein Gespräch mit der Bundesleitung der KJG geführt und unmissverständlich erklärt, dass das Dokument in dieser Fassung in bestimmten Passagen völlig unvereinbar mit der katholischen Lehre sei", sagte Matthias Kopp, der Pressesprecher der DBK, dem Portal. "Die Bundesleitung hat sich für den Vorgang entschuldigt und ihre Fehler eingeräumt. Das Dokument wurde umgehend geändert. Die Deutsche Bischofskonferenz hat früh und umgehend auf den Vorgang reagiert."
Zu dem Zeitpunkt kritisierte das Portal noch, dass die Publikation weiterhin abrufbar sei – später konnte es nachtragen: "Am späten Freitag Nachmittag musste die KjG nach Aufforderung der Deutschen Bischofskonferenz die Dokumente löschen". Zufrieden scheint das Portal aus Linz allerdings noch nicht: "Personelle Konsequenzen sind offensichtlich derzeit nicht vorgesehen."
Auf der Webseite der KjG und in deren sozialen Netzwerken findet man keine Info zu der Zensur. Die Einleitung des Starter Kits hatte übrigens eine fettgedruckte Forderung: "Stand up for your rights!" (nb)













