Die Deutsche Aids-Hilfe empfiehlt: Menschen mit häufig wechselnden Sexpartnern sollten sich einmal im Jahr auf STIs testen lassen, um eine Infektion gegebenenfalls rechtzeitig behandeln zu können und sie nicht weiterzugeben
Sexuell übertragbare Erkrankungen erleben eine Renaissance – und gleichzeitig breiten sich Antibiotikaresistenzen immer weiter aus. Schutz und eine rechtzeitige Diagnose sind wichtiger denn je.
Von Dr. Marcus Mau
Nach neuesten Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wünscht sich in Deutschland etwa ein Drittel aller Menschen älter als 16 Jahre mehr Informationen zu sexuell übertragbaren Erkrankungen (STI; engl.: sexually transmitted infections). Bei den Jugendlichen ist das Interesse mit 61 Prozent besonders stark ausgeprägt.
Anhand dieses Informationsinteresses sieht man, wie groß doch die Wissenslücken sein müssen. Auf die Frage nach sexuell übertragbaren Infektionen geben weniger als die Hälfte der über 16-Jährigen Syphilis (45 Prozent) und Gonorrhoe/Tripper (48 Prozent) an; obwohl die Infektionen mit Syphilis in den letzten Jahren angestiegen sind, wissen immer weniger Menschen über die Erkrankung Bescheid. Noch weitaus seltener werden Hepatitis (13 Prozent) und Herpes (8 Prozent) genannt. Chlamydien, Kondylome und Trichomoniasis sind hierzulande in den Köpfen der Menschen fast unbekannt (7/3/1 Prozent).
Zahl der HIV-Neuinfektionen stagniert, Syphilis ist auf dem Vormarsch
Obwohl die Infektionen mit Syphilis in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind, wissen immer weniger Menschen über die Erkrankung Bescheid
Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts lebten 2012 in Deutschland rund 78.000 Menschen mit HIV. In der Altersgruppe der über 40-Jährigen hat sich diese Zahl seit Anfang der 1990er Jahre fast verfünffacht. Die heute verfügbare antiretrovirale Therapie führt dazu, dass die infizierten Menschen immer länger leben und deutlich an Lebensqualität zugelegt haben. Gerade die junge Generation unterschätzt jedoch gerade deshalb die Gefahr einer Infektion mit HI-Viren. Dies mag ein Grund dafür sein, dass die Zahl der HIV-Neuinfektionen in den letzten Jahren unverändert bei etwa 3.400 Infektionen pro Jahr steht.
Sehr viele Infizierte aus der Altersgruppe zwischen 25 und 34 Jahren wissen Schätzungen zufolge nicht einmal, dass sie infiziert sind. Besonders gefährdet sind noch immer die klassischen Risikogruppen wie beispielsweise homo- und bisexuelle Männer (74 Prozent) sowie Drogenkonsumenten (6 Prozent). Jedoch auch Heterosexuelle machen immerhin noch etwa 19 Prozent der Neuinfektionen aus.
Um die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland nachhaltig zu verringern, müssten mehr kostenlose Tests angeboten werden, um Infizierte früher zu erkennen, bevor weitere Personen angesteckt werden können. Auch der Gebrauch von Kondomen ist weiterhin unverzichtbar. Wichtig wäre es auch, den starken Anstieg der Syphilis-Fälle der letzten Jahre gerade in den Risikogruppen zu stoppen. Eine Syphilis und andere Geschlechtskrankheiten öffnen immer Tür und Tor für eine mögliche HIV-Infektion. Aus diesem Grund wird bei einem Syphilis-Patienten in der Regel auch immer ein HIV-Test standardmäßig durchgeführt.
Viele Erreger werden resistent
Zehn Wochen nach einer Syphilis-Infektion erscheint bei den meisten Betroffenen ein Hautausschlag
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt zudem vor der Gefahr der zunehmenden Antibiotika-Resistenzen. Besiegt geglaubte Infektionskrankheiten könnten demnach schon bald wieder tödlich enden. Seit der Entdeckung des Penicillins im Jahr 1928 sind Antibiotika zu einem der wichtigsten Instrumente in der Behandlung von Infektionskrankheiten geworden. Sie galten gar als Wunderwaffe, die das Zeitalter der Infektionskrankheiten endgültig beenden würde. Doch diese Zeiten sind vorbei, denn Antibiotika-Resistenzen von Bakterien nehmen weltweit zu und betreffen ebenfalls schon heute viele Geschlechtskrankheiten.
Die Gonorrhoe ("Tripper") ist beispielsweise eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen bei uns. Sie wird durch Bakterien ausgelöst, die zunehmend gegen Antibiotika resistent sind. Über 100 Millionen Menschen weltweit stecken sich jährlich neu mit Gonorrhoe an. Früher galt sie als leicht therapierbar und eher als ein Ausdruck jugendlichen Leichtsinns. Zunehmende Besorgnis erregen jedoch die Berichte über Gonorrhoe-Fälle, die gegen viele Medikamente resistent sind; Ärzte sprechen dann von multiresistenten Erregern.
Experten warnen davor, dass sich die bakterielle Infektionskrankheit zu einem nicht behandelbaren "Superbazillus" entwickeln könnte. Deshalb fordert Nicola Low, Professorin am Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern, die dringende Entwicklung von Tests, die Gonorrhoe diagnostizieren und gleichzeitig eine antimikrobielle Resistenz entdecken können. "Solche Tests kommen Gonorrhoe-Patienten zugute, indem sie eine individuellere Therapie ermöglichen und durch einen 'intelligenten' Einsatz von Antibiotika auch die Verbreitung von Resistenzen verzögern können", sagt Nicola Low.
Es gibt derzeit keine Ersatz-Medikamente
Gegen Gonorrhoe werden heute sogenannte Cephalosporine, eine Gruppe von Breitband-Antibiotika, eingesetzt, doch die Empfindlichkeit der Erreger nimmt ab. Auch gegenüber anderen Antibiotika wurden 2010 bereits Unempfindlichkeiten und zunehmende Resistenzentwicklungen bei Gonokokken bemerkt (Ciprofloxacin 74 Prozent Resistenz; Tetracyclin 42 Prozent Resistenz; Nichtempfindlichkeit gegenüber Penicillin 80 Prozent; Azithromycin 6 Prozent Resistenz). Alternativen zu diesen Medikamenten gibt es nicht, denn jahrzehntelang galten Gonokokken dank der Antibiotika als leicht behandelbar. Die Experten sind sich einig: In einer Welt der sexuellen Freizügigkeit mit E-Dating-Plattformen und anonymen Dates per Smartphone ist es an der Zeit, die Menschen noch umfassender zu informieren.
Die Herausforderung dabei: Gonorrhoe und Syphilis sind sehr ansteckende Infektionen. Zu einer Übertragung kann es – anders als bei HIV – nicht nur bei ungeschütztem Analverkehr kommen, sondern auch beim Rimming oder Blasen ohne Kondom. Wenn die äußerst ansteckende Flüssigkeit des Syphilis-Geschwürs auf kleinste Verletzungen der gesunden Haut bzw. Schleimhaut gelangt, kann es ebenfalls zur Ansteckung kommen – sogar beim Zungenkuss. Da ein hundertprozentiger Schutz beim Sex nicht möglich ist, rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: "Achten Sie daher auf ihren Körper und lassen Sie sich im Zweifelsfall ärztlich untersuchen."
cnsnews.com/news/article/barbara-hollingsworth/chlamydia-set
s-us-record-most-cases-reportable-disease
"The U.S. has the highest rate of STDs of any nation in the industrialized world, with roughly 110 million total incidents of infection in 2008. Treating all of those infections cost the country about $16 billion, the CDC estimated. And the the ongoing issue is hitting young adults the hardest: Americans between the ages of 15 and 24 years old account for just 25 percent of the nations sexually active population, but as much as half of all sexually transmitted infections."
thinkprogress.org/health/2014/06/07/3446261/hawaii-makes-sex
-ed-curriculum-opt-in-after-lawmaker-complained-it-was-promo
ting-homosexuality/