Eine Mehrparteienfront aus Linke, SPD, Grünen, FDP und der CDU protetierte am Samstag spontan gegen die Stadtfest-Teilnahme der Rechtspopulisten (Bild: Uwe Steinert)
Die homophobe Alternative für Deutschland traute sich aufs Berlins großes LGBT-Event. Die Veranstalter sahen keine rechtliche Handhabe, den Stand zu verhindern.
Von Micha Schulze
Eigentlich war fast alles wie immer: Zwischen Yuccapalmen und Holzdildos, Nackensteak und Chinapfanne, viel Caipirinha und noch mehr Beck's präsentierten sich am vergangenen Wochenende über 100 Gruppen, Vereine und Organisationen auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest in Berlin. Rund 300.000 Menschen, so Veranstalter Dieter Schneider vom Regenbogenfonds, quetschten sich trotz Regens am Samstag durch den Homo-Kiez an der Motzstraße, vorbei an Afro-Perücken, Designergrills oder Einkaufsrollern mit Conchita-Wurst-Aufdruck.
Und doch fiel ein Stand aus dem Rahmen und sorgte für reichlich Unmut und Gesprächsstoff, zumindest bei den Stadtfestbesuchern, die das Motto "Gleiche Rechte für Ungleiche" ernst nahmen. Denn ausgerechnet die Alternative für Deutschland (AfD) hatte auch einen Stand aufgebaut – jene rechtspopulistische Partei, die etwa die ausgewiesene Homo-Hasserin Beatrix von Storch in Europaparlament geschickt hat und in Baden-Württemberg an vorderster Front Stimmung gegen den Bildungsplan macht.
Der AfD-Stand war "ganz rechtsaußen" platziert
Einsamkeit am AfD-Stand: Die Rechtspopulisten wurden vom Regenbogenfonds nicht in der "Parteienmeile" platziert, sondern in einer toten Ecke des Stadtfests (Bild: Micha Schulze)
Zwar werden nur wenige Besucher den recht lieblos dekorierten AfD-Stand überhaupt gesehen haben, der mit einem "Mut zu Deutschland"-Plakat verziert war und vor dem ein Herr mit Deutschland-Socken Flyer verteilte. Die Veranstalter hatten ihn am hintersten Ende der Motzstraße platziert, noch hinter der Connection-Bühne, vor der sich insbesondere am Abend das tanzwütige Partyvolk staute. "Die stehen ganz rechtsaußen", lästerte Michael Kauch von den Liberalen Schwulen und Lesben (LiSL).
Die FDP-Homoorganisation war am Samstag auch bei einer Spontandemo gegen den AfD-Stand dabei. In einer ungewöhnlichen Mehrparteienfront liefen die Standbetreiber von Linkspartei, SPD, Grünen, FDP und sogar der CDU spontan zur politischen Konkurrenz, bauten sich vor den Rechtspopulisten auf und sangen recht verhamlosend: "Ihr seid bloß eine Karnevalspartei."
Viele Stadtfest-Besucher nannten die AfD-Teilnahme am lesbisch-schwulen Stadtfest einen "großen Skandal". Er könne überhaupt nicht verstehen, dass der Regenbogenfonds eine ausgesprochen homophobe Partei zugelassen habe, meinte etwa Hakan Taş, der für die Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. "Das darf nie wieder passieren."
Regenbogenfonds setzt auf Reaktionen der Besucher
AfD auf Homostimmenfang: Parteichef Lucke wurde auf dem Stadtfest-Stand mit einem halbnackten Fußballer überklebt (Bild: Micha Schulze)
"Ich bin nicht glücklich über die AfD-Teilnahme und ich bin nun wirklich kein Freund dieser Partei", verteidigte sich Stadtfest-Chef Gerhard Hoffmann, "aber wir haben keine rechtliche Handhabe, den Stand zu verhindern". Ob dies auch für eine Teilnahme der NPD gelte, wollten wir von ihm wissen. "Wohl nicht", meinte er, sichtlich genervt von der Dauerkritik, die er sich auf dem Stadtfest anhören musste. Doch statt auf einen möglichen Rechtsstreit setzte er zumindest bei der AfD auf die recht böse Platzierung und "passende Reaktionen der Stadtfest-Besucher".
Die ließen in Berlin natürlich nicht lange auf sich warten. Während die AfD das Ständchen der anderen Parteien noch relativ gelassen nahm und eine Vertreterin zum Gespräch schickte, kam es am späteren Samstag und auch am Sonntag mehrfach zu kleineren Zwischenfällen und Rangeleien. So versuchten etwa Stadtfestbesucher, das Infomaterial der AfD zu entwenden oder spuckten den Rechtspopulisten vor die Füße.
Auf Rückendeckung der Partei können die Lesben und Schwule in der AfD nur bedingt setzten. Parallel zum Stadtfest machte der Berliner Landesverband erneut deutlich, was er wirklich von queerer Politik hält. "Lehrstühle für 'Gender' sofort abschaffen und das eingesparte Geld zur Entlastung von Familien verwenden", postete die Alternative für Deutschland am Wochenende auf ihrer Facebookseite.
man könnte fast vermuten, dass er organisierte gegenaktivitäten von leuten, für die "stonewall" nicht nur eine phrase ist, durch dieses offensichtliche totschweigen verhindern wollte, um den geschäftsbetrieb nicht zu stören.
besonders absurd:
mit denen, die durch ihre rechte, chauvinistische, antisolidarische und homophobe politik erst kräfte wie die afd stark machen (cdu, fdp) und gemeinsam mit afd und neofaschisten hassmobilisierungen gegen schwule und lesben unterstützen (siehe bawü) irgendwelche bündnisse eingehen wollen. und seien diese auch noch so "spontan" und begrenzt.
allein die tatsache, dass diese reaktionären parteien auf einem schwul-lesbischen stadtfest geduldet werden, sagt im grunde schon alles. da ist dann auch die teilnahme von deren zwangsläufigen "rechtsaußen"-ablegern nur konsequent.