Für Joachim Kretschmann ist die Gleichbehandlung von Homosexuellen generell unchristlich - weil die SPD das anders sieht, zieht er sich jetzt aus der Partei zurück
Als "linker Christ" wollte der SPD-Lokalpolitiker seine Partei auf homophoben Kurs bringen – jetzt wirft er das Handtuch, nicht ohne über die "amoralische Realpolitik" bei den Sozialdemokraten zu zetern.
Joachim Kretschmann hat am Montagabend seinen Austritt aus der SPD erklärt. Als Christ könne er nicht mehr in der Partei aktiv sein, so der Lokalpolitiker aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis in einer aggressiv formulierten Erklärung zu seinem Austritt. Darin warf er seinen ehemaligen Parteifreunden vor, der "Homo-Lobby" blind zu folgen. Außerdem agiere die Partei mit der Unterstützung von Palästinensern antisemitisch.
Der in Freikirchen engagierte Lokalpolitiker hatte Anfang Juni für Empörung gesorgt, als er in einem Leserbrief in der Lokalzeitung "Südkurier" gegen eine vermeintliche "Schwul-Ist-Gut-Lüge" zu Felde zog und die "Heilung" von Homosexualität propagierte (queer.de berichtete). Nachdem ihm die örtliche Parteiführung das Vertrauen entzogen hatte, legte er seine Ämter als SPD-Schriftführer in Villingen-Schwenningen und als Kreisdelegierter nieder. Weil er weiter – auch auf seiner persönlichen Website – gegen Homosexuelle polemisierte, beantragte die Arbeitsgemeinschaft der Lesben und Schwulen in der SPD (Schwusos) in der letzten Woche den Parteiausschluss Kretschmanns (queer.de berichtete).
"Diktatorisch auftretende Schwusos"
Dem Parteiausschlussverfahren kommt der fundamentalistische Christ nun zuvor. In einer langen Erklärung beschuldigte er seine ehemaligen Parteifreunde, einem "gottlosen Mainstream" zu folgen. Er kritisierte unter anderem den baden-württembergischen SPD-Chef und stellvertretenden Ministerpräsidenten Nils Schmid, weil er die Schirmherrschaft des Stuttgarter "Christoffer Street Day" (sic) übernommen hatte (queer.de berichtete). Den CSD bezeichnete Kretschmann als Veranstaltung, die "jegliche Moral bewusst" ablehne. Und weiter: "Die SPD ist im Grunde für Hunderttausende von gläubigen Stammwählern unwählbar geworden, die sie bereitwillig opfert, um eine Hand voll intolerante und diktatorisch auftretende Schwusos nicht zu verärgern".
Als zweiten triftigen Grund für seinen Austritt nannte Kretschmann die Nahostpolitik seiner Partei, die von der "Pro-Pälestina-Lobby" (sic) gesteuert werde. "Mir scheint, dass die SPD zwar das Gedenken an die toten Juden für wichtig hält – nur mit den lebenden hat sie so ihre Probleme", schrieb Kretschmann. "Einsätze für arme Palästinenserkinder" seien nichts weiter als "'Nachwuchsförderung' neuer Selbstmordattentäter".
Die Schwusos begrüßten den Parteiaustritt: "Es ist einfach gut, nicht mehr mit einem vorurteilsgeleiteten Menschen und Gegner in der gleichen Partei konfrontiert zu werden, den gar als Parteifreund zu sehen schlicht unmöglich geworden war", erklärte Hans-Dieter Straup, der baden-württembergische Schwusos-Chef. "Es hätte der Glaubwürdigkeit der SPD zunehmend geschadet, wäre Kretschmann mit seiner die Grundwerte der Partei mit Füßen tretenden Haltung Mitglied geblieben". Straup erklärte weiter, mit seinem freiwilligen Rückzug habe Kretschmann den Sozialdemokraten immerhin "einen echten Dienst erwiesen". (dk)
Fanatische Fundamentalisten haben in der Politik nichts zu suchen!
Er kann ja gerne so leben, wie er es für richtig hält. Aber er darf anderen seine Meinung nicht aufzwingen und ungleich behandeln. Das ist undemokratisch!