Australiens erfolgreichster Athlet hat am Sonntag sein jahrelanges Versteckspiel beendet: Ian Thorpe holte fünf Goldmedaillen bei Olympischen Spielen und stellte 13 Weltrekorde auf (Bild: The Australian)
"Ich bin ein schwuler Mann und ich möchte nicht, dass junge Leute sich so fühlen müssen wie ich", sagte der Ex-Profischwimmer im australischen Fernsehen. Von Channel 10 erhält er 400.000 Dollar.
Das späte Coming-out des fünffachen Goldmedaillen-Gewinners Ian Thorpe hat einen bitteren Beigeschmack. Wie die australische Zeitung "The Sunday Telegraph" berichtet, erhielt der Ex-Profischwimmer vom Sender Channel 10 für sein Interview, das bereits vor der Ausstrahlung weltweit für Schlagzeilen sorgte (queer.de berichtete), ein Honorar in Höhe von 400.000 australischen Dollar (umgerechnet knapp 277.000 Euro). Mit dem großzügigen Betrag wurde Thorpe vom Sender allerdings auch als Kommentator der 20. Commonwealth Games verpflichtet, die vom 24. Juli bis 3. August im schottischen Glasgow stattfinden.
In dem am Sonntag um 18 Uhr Ortszeit ausgestrahlten Interview mit dem bekannten britischen Talkmaster Michael Parkinson sprach der 32-jährige Ex-Profischwimmer erstmals über seine zuvor stets geleugnete Homosexualität: "Ich bin ein schwuler Mann und ich möchte nicht, dass junge Leute sich so fühlen müssen wie ich". Auch gegenüber seinen Freunden und der Familie habe er sich erst in den vergangenen beiden Wochen geoutet, so Thorpe.
"Die Lüge war so groß geworden"
Der mehrfache Olympiasieger Ian Thorpe ist auch auf mehreren australischen Briefmaken verewigt
Auf die Frage Parkinsons, warum er sich so lange versteckt habe, meinte Thorpe: "Ich hatte das Gefühl, die Lüge war so groß geworden. Ich wollte nicht, dass die Leute meine Integrität infrage stellen." Noch vor zwei Jahren hatte der australische Schwimmstar in seiner Biografie "This Is Me" Zweifel an seiner Heterosexualität als "verletzend" bezeichnet (queer.de berichtete).
In dem Interview sprach der vielfache Weltmeister auch ausführlich über seine Depression, an der er jahrelang gelitten hat. Nach der Ausstrahlung schrieb er auf Twitter: "An alle, die mir aufmunternde Worte geschickt haben; vielen Dank!"
Medienwirbel wie einst bei Hitzlsperger
In Australien hat Ian Thorpe mit seinem Interview in etwa soviel Wirbel erzeugt wie im Januar das Coming-out von Ex-Profifußballer Thomas Hitzslperger in Deutschland. Zahlreiche Prominente und Sportlerkollegen begrüßten den Schritt, darunter auch der schwule Sänger Ricky Martin, der sich ebenfalls in einem Fernsehinterview geoutet hatte. "Glückwunsch, Ian Thorpe!", twitterte der Latinostar. "Mutiger Mann! Ich bin glücklich für dich! Millionen wissen deinen Schritt zu schätzen! Ich bin stolz auf dich!"
Glückwünsche kamen auch von US-Basketballer Jason Collins, der sich 2013 als erster NBA-Spieler als schwul geoutet hatte. "Cheers Ian Thorpe. Deine Geschichte wird anderen helfen und sie inspirieren", schrieb Collins auf Twitter. Thorpes vier Jahre jüngerer Landsmann, der Wasserspringer Matthew Mitcham, hatte sich schon vor seinem Turm-Olympiasieg vor sechs Jahren geoutet. Dem "Daily Telegraph" sagte er: "Ich kann vollkommen verstehen, wie schwierig dieser ganze Prozess für ihn ist. Ich hoffe wirklich, diese Entwicklungen bringen ihm etwas Frieden, und die Medien und die Öffentlichkeit geben ihm den gleichen Respekt und die gleiche überwältigende Unterstützung, die ich 2008 bekommen habe."
Auch Interviewer Michael Parkinson, der vom Sender ein deutliches kleineres Honorar in Höhe von 100.000 australischen Dollar (umgerechnet rund 69.000 Euro) erhielt (und von dem er auch die Produktionskosten zu zahlen hatte), zeigte sich nach der Aufnahme zufrieden: "Ich glaube, es ist eines der besten Interviews, die ich jemals geführt habe, wenn man sich ansieht, wie er über seine Depression und solche Dinge geredet hat." (cw)
Youtube | Ausschnitt aus dem Interview: "I'm not straight"