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  • 27. Dezember 2004 100 6 Min.

Nach der Katastrophe in Südasien: Die schwule Szene in Phuket wurde verschont. LSU ruft als erste deutsche Homo-Organisation zu Spenden auf.

Von Micha Schulze aus Bangkok
- zuletzt aktualisiert am 1. Januar, 23 Uhr -


Die Menschen in Südasien kommen nicht zur Ruhe. Fast im Stundentakt müssen die Opferzahlen der riesigen Flutwelle nach oben korrigiert werden: Mittlerweile ist die Zahl der Toten in Südostasien auf über 120.000 gestiegen, in Thailand wurden bis heute fast 5.000 Todesopfer gezählt, darunter fast die Hälfte Touristen.

Am Dienstag abend hat mit den Lesben und Schwulen in der Union (LSU) erstmals eine große deutsche Homo-Organisation zu Spenden für die Opfer der Flutkatastrophe aufgerufen. "Gerade im Hinblick auf den bevorstehenden Jahreswechsel ist dort jeder Euro wesentlich hilfreicher, als wenn er in der Silvesternacht verböllert wird". so der stelllvertretende LSU-Bundesvorsitzende Axel M. Hochrein. "Jeder kann und sollte helfen, denn die Menschen die mit dieser Katastrophe leben müssen, sind auf die internationale Hilfe angewiesen."

Am Donnerstag hat auch der schwule Hausherr des Hamburger Schmidt-Theaters, Corny Littmann, entschieden, dass von jeder Karte für die bereits komplett ausverkaufte Silvestervorstellung des St. Pauli-Musicals "Heiße Ecke" zehn Euro für die Opfer der Katastrophe gespendet wird. "Ich gelte als Zotenkasper, als Paradiesvogel mit unerschütterlicher, apokalyptischer Fröhlichkeit, aber die grausamen Ereignisse der letzten Tagen schnüren mir den Hals zu", so Littmann.

Phuket: Erste Touristen wieder am Strand

Das "schönste schwule Urlaubsziel der Welt”, wie Phukets Szene-Wirte ihre Insel gerne selbst vermarkten, glich nach der Flutwelle einem Trümmerfeld. Der einst weiße Sandstrand von Patong Beach war mit den Überresten von Liegestühlen, Kleidungsstücken und Booten übersät, in der Beach Road stapelten sich ineinander verkeilte Autowracks und in den zerstörten Häusern und Geschäften bewachten Bewohner und Inhaber ihre verbliebenen Habseligkeiten. Seit Donnerstag - nur fünf Tage nach der Katastrophe - liegen jedoch einige der in Phuket gebliebenen Urlauber bereites wieder an den Stränden der Insel.

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Phukets Szene steht unter Schock, ist jedoch mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Das schwule Viertel im Paradise Complex, etwa fünf Gehminuten vom Strand entfernt, wurde komplett von der Flutwelle verschont - im Gegensatz zu den schwulen Beachresorts "Club One Seven" und "Patong Beach Bungalows!. In den Bars laufen bereits wieder die Shows, doch die Stimmung ist gedrückt, viele Urlauber sind längst abgereist. Von Panik, wie in manchen deutschen Medien behauptet, keine Spur. "Hier läuft alles wieder fast normal", berichtet Tourist Thomas aus Bielefeld. "Es gibt Licht, Wasser und Lebensmittel."

"Gott sei dank sind alle meine Freunde und Nachbarn wohlauf, mir ist keines der Opfer persönlich bekannt", erzählt der ehemalige Kölner Jochen Lauer, der in Patong Beach eine Pension betreibt, auf gay-thailand.de. Die frühe Uhrzeit des Unglücks habe viele Menschenleben gerettet: "Um neun Uhr morgens gehen nur wenige Schwule an den Strand, die schlafen dann alle noch."

Mit dem Kölner Bernt Ide, Mitinhaber der Phoenix-Saunen-Kette, hat sich in Phuket ein prominenter schwuler Urlauber nur in letzter Minute in Sicherheit bringen können. Zusammen mit einem Freund beobachtete er zunächst am Strand, wie sich das Wasser erst etwa einen Kilometer weit zurückzog. Dann folgte er, ohne darüber nachzudenken, den panischen Rufen der Thailänder "Lauft, lauft" – gerade noch rechtzeitig. Wie Tausende anderer Touristen konnte Ide nicht mehr in sein Strandhotel zurückkehren – es wurde zerstört. Doch statt wie andere Urlauber sofort abzureisen, wohnt er nun in der Pension von Jochen Lauer.

In Sri Lanka konnte Georgette Dee rechtzeitig vor der tödlichen Flutwelle gerettet werden. Das Hotel an der Küste, in dem die Sängerin Ajurveda-Urlaub machte, wurde ebenfalls zerstört. "Das war Titanic hoch Zehn", sagte die Künstlerin in einem Interview mit Radio Eins. Sie rief dazu auf, für die Opfer der Flutwelle zu spenden.

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Neben Phuket sind auch weitere Szene-Destinationen in Thailand von den Folgen der Flutwelle betroffen: In Krabi wurde der Küstenstreifen von Ao Nang überflutet, Bungalows und Geschäfte am Strand wurden zerstört. Das einzige schwule Gästehaus "Ao Nang Pearl" sei jedoch nicht betroffen, teilte der Schweizer Inhaber Reto Jonasch gegenüber queer.de mit.

Auch auf der Insel Ko Lanta wurden komplette Ferienanlagen ins Meer gespült. Das schwul geführte "Sun, Fun & Sea Resort" kam jedoch mit Wasserschäden und kaputten Fenstern und Türen davon. Am schlimmsten betroffen sind die Ferienresorts von Phang Nga und Khao Lak nördlich von Phuket. Auf den Phi-Phi-Inseln wurden - bis auf zwei Hotels - alle Bungalow-Anlagen und Unterkünfte dem Erdboden gleich gemacht. Dort ist auch Mitglied der "Thailandfreunde" auf gayromeo ums Leben gekommen, teilte der Clubadmin mit.

Für Thailands Tourismus, der wichtigste Wirtschaftszweig in Phuket, ist die schreckliche Flutwelle ein herber Rückschlag. Nach SARS, der Vogelgrippe und den anhaltenden Unruhen an der Grenze zu Malaysia hatten sich die Urlauberzahlen gerade erst wieder einigermaßen erholt.

Der Wunsch, möglichst schnell zum Alltag zurückzukehren

Noch ist die Szene in Phuket zu geschockt, um eigene, gemeinsame Hilfsaktionen zu planen. Schwule Einheimische und Touristen, darunter auch der bekannteste Aktivist vor Ort, der Schwede Ulf Mikaelsson vom Bistro Connect, zögerten jedoch keine Sekunde, um in den Krankenhäusern freiwillige Sonderschichten zu leisten.

Der für Februar geplante Phuket Gay Pride Festival, so die überwiegende Meinung vor Ort, soll trotz der Katastrophe stattfinden - wenn auch sicher mit einem anderen Charakter als in den Jahren zuvor. "Unsere Freunde brauchen die Einnahmen aus dem Tourismus, wir sollten daher - wenn irgendwie möglich - nicht stornieren", meint Lupos vom Club "Thailandfreunde" auf gayromeo. "Unsere Freunde wissen mit Naturkatastrophen umzugehen, besser als wir."

"Ich verstehe die Ängste, aber solch eine Katastrophe kann wirklich überall passieren", bittet auch Jochen Lauer alle Thailand-Reisenden, von einer Stornierung abzusehen. Zum CSD im Februar werde man an Phukets Stränden "kaum noch etwas" von den Schäden bemerken, die Aufräumarbeiten hätten bereits begonnen.

So ungewöhnlich es auch klingt: Gerade die Thais in den betroffenen Orten drängen darauf, nach der schrecklichen Tragödie möglichst schnell wieder zum Alltag zurückzukehren, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Trauern im westlichen Sinn ist in der buddhistischen Kultur nicht üblich, da es den Verstorbenen nur die Wiedergeburt im neuen Leben erschwert. Katastrophen wie die vom 26. Dezember werden von den Thais als Schicksal hingenommen. Aufgrund des Ausmaßes der Katastrophe - und weil auch ein Enkel des hochverehrten Königs unter den Todesopfern ist - wurde von der Regierung erstmals eine dreitägige Staatstrauer verhängt.

Die gegenseitige Hilfsbereitschaft der Thais ist jedoch ausgeprochen groß - auch gegenüber betroffenen Touristen.

Spendenkonten:

Aktion Deutschland Hilft
Bank für Sozialwirtschaft (Köln)
Kontonr.: 10 20 30
BLZ: 370 205 00
Stichwort Seebeben Südasien

Arbeiter Samariter Bund (ASB)
Sozialbank Köln
Kontonr.: 18 88
BLZ: 370 205 00
Stichwort: Südasien

Deutsches Rotes Kreuz
Bank für Sozialwirtschaft (Köln)
Kontonr.: 41 41 41
BLZ: 370 205 00
Stichwort: Südasien

27. Dezember 2004, zuletzt aktualisiert 31. Dezember um 05:30 Uhr

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#1 konradgAnonym
  • 27.12.2004, 13:49h
  • Zum CSD werde man kaum noch etwas von den Folgen bemerken???

    Mir wird schlecht, wenn ich sowas lese. Die Einheimischen werden sicher auch zum CSD ihre getöteten Angehörigen und Freunde sowie ihre zerstörten Häuser und Besitztümer schmerzlich vermissen.

    Aber die Schwulen hatten natürlich wieder Glück: Nach durchgefeierter und -gevögelter Nacht war man natürlich zum Zeitpunkt der Flut noch im Bett statt auf einem Fischerboot, um sich den nötigen Lebensunterhalt zu verdienen. Deswegen kann man auch 24 Stunden nach einer der größten Katastrophen der Weltgeschichte wieder zum "business as usual" in den Bars und Saunen übergehen...

    Traurig, traurig, traurig....
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#2 SuisseAnonym
  • 27.12.2004, 13:55h
  • Dieser Artikel ist eine einzige Beleidigung der Opfer dieses schrecklichen Unglücks, ich bin schockiert über eine derartige geschmacklose Berichterstattung.
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#3 SaschaAnonym
  • 27.12.2004, 13:56h
  • @konradg: Ich finde Du übertreibst etwas mit Deiner Kritik. Mit Sicherheit sind auch die Schwulen dort zutiefst geschockt über die tragischen Ereignisse. Aber das Leben muss auch weitergehen. Und der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftszweig in Thailand
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