Volker Kauder ist seit dem Amtsantritt von Angela Merkel im Jahr 2005 Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Zuvor war er CDU-Generalsekretär (Bild: Dirk Vorderstraße / flickr / by 2.0)
Der Unionsfraktionschef bekräftigt seine Ablehnung gegen die Gleichbehandlung von Homo-Paaren im Adoptionsrecht – und behauptet, er habe nichts gegen Schwule und Lesben, weil er viele homosexuelle Freunde habe.
In einem Video-Interview mit der "Schwäbischen Zeitung" hat Volker Kauder, der Fraktionsführer von CDU/CSU im Bundestag, die Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern mit heterosexuellen Eheleuten erneut abgelehnt. Auf die Frage, ob er sich beim Adoptionsrecht einen Meinungswandel der Union wie zuvor bei Atomkraft und Mindestlohn vorstellen könne, sagte Kauder: "Wir sind überzeugt davon, dass Kinder am besten in einer Gemeinschaft aufwachsen, wo das väterliche und das mütterliche Prinzip gilt". Derzeit dürfen in Deutschland nur Einzelpersonen und heterosexuelle Paare Kinder adoptieren.
Der CDU-Politiker, der eine besondere Nähe zu evangelikalen Kreisen pflegt, warf Homosexuellen vor, aus Eigeninteresse Kinder adoptieren zu wollen: "Ich habe zehn Jahre lang eine Adoptionsbehörde geleitet und habe da auch meine Erfahrungen gemacht. Und der Satz von Homosexuellen, 'Wir wollen auch Kinder, weil wir auch eine glückliche Familie haben wollen', den kann ich nicht unterschreiben. Bei der Adoption geht es immer ausschließlich ums Kindeswohl, nicht um Elternwohl."
Lockerer Umgang mit der Wahrheit
Der 64-Jährige behauptete auch, es gebe "weder Gutachten dafür noch dagegen", dass Homosexuelle schlechtere Eltern seien. Das ist nicht wahrheitsgemäß: So wies bereits 2009 eine Studie des Bundesjustizministeriums darauf hin, dass Regenbogenfamilien keine Gefahr für Kinder darstellten – ganz im Gegenteil (queer.de berichtete). Ähnliche Ergebnisse brachten dutzende Studien aus anderen Ländern. Zuletzt kam eine im Juli veröffentlichte australische Untersuchung zum Ergebnis, dass Kinder in Regenbogenfamilien gesünder und glücklicher aufwüchsen als in traditionellen Familien (queer.de berichtete). Vergangenen Monat hat auch die Bundesregierung zugegeben, dass Kinder mit homosexuellen Eltern nicht schlechter aufwachsen als mit heterosexuellen – allerdings wolle man deshalb zunächst keine Gesetze ändern, hieß es weiter (queer.de berichtete).
Kauders Position in CDU umstritten
Der Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann kämpft für weniger homophobe Positionen in seiner Partei
Inzwischen ist Kauders kompromisslose Haltung auch innerhalb der Union umstritten. So sprach sich etwa der schwule Stuttgarter CDU-Chef Stefan Kaufmann im Mai dafür aus, dass bei Einzelfallprüfungen auch homosexuelle Paaren berücksichtigt werden sollten (queer.de berichtete). Hintergrund: Homosexuelle Paare werden von Jugendämtern derzeit gerne genutzt, um schwierige Pflegekinder aufzunehmen, dürfen diese dann aber nicht wie heterosexuelle Paare gemeinsam adoptieren. Mit dem Recht auf Sukzessivadoption, das Homosexuelle 2013 nach einer Anordnung aus Karlsruhe erhalten hatten, haben eingetragene Lebenspartner zwar das Recht, diese nacheinander zu adoptieren, allerdings müssen die Kinder dadurch länger in einer juristischen Grauzone leben.
Kauder gab in dem Interview auch an, dass er ein großer Fan des schwulen Sängers Freddie Mercury sei. Seine politischen Ansichten seien außerdem nicht homosexuellenfeindlich: "Ich habe hier aber eine klare Position und das wird man in unserem Land wohl noch haben dürfen. Dass andere das anders sehen: Okay, akzeptiere ich. Aber mir dann den Vorwurf zu machen, ich hätte etwas gegen Homosexuelle, ist völliger Quatsch." Er selbst habe schließlich auch "viele Freunde, die homosexuell sind".
Volker Kauder gilt als rechte Hand von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er hat sich in der Vergangenheit immer wieder engagiert gegen eine Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben eingesetzt und dabei auch religiöse Argumente verwendet. So sei die "christliche Ethik" eine "wichtige Richtschnur" beim Thema Homo-Rechte (queer.de berichtete). Wegen seiner homosexuellenfeindlichen Äußerungen hat Kauder als einziger Politiker bereits zwei Mal die Homo-Gurke von queer.de erhalten – in den Jahren 2010 und 2013.
In dieser Legislaturperiode sind keine weiteren Schritte zur Gleichstellung geplant, wie CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben – und das, obwohl die Sozialdemokraten im Wahlkampf bundesweit auf CSDs noch mit dem Slogan "100 Prozent Gleichstellung – nur mit uns!" geworben hatten. (dk)