Mariela Castro besuchte im Jahr 2010 den CSD in Hamburg (Bild: Wiki Commons / Northside / CC-BY-SA-3.0)
Eigentlich nickt das Parlament im diktatorisch regierten Kuba Gesetzesvorlagen der Regierung nur ab. Nun kam es wegen fehlender LGBT-Rechte erstmals zu einer Gegenstimme durch eine prominente Abgeordnete.
Die kubanische Abgeordnete Mariela Castro, die Tochter des kubanischen Präsidenten Raúl Castro, hat gegen eine Vorlage der Regierung zum Arbeiterschutz gestimmt, weil darin kein Schutz für LGBT vorgesehen war. Zwar gibt es bereits einen partiellen Schutz aufgrund der sexuellen Orientierung, allerdings noch keinen wegen der Geschlechtsidentität oder des HIV-Status.
Dies ist nach Angaben der Nachrichtenagentur AP die erste "Nein"-Stimme in der 612 Mitglieder zählenden "Nationalversammlung der Volksmacht". Das Parlament, das wie einst in der DDR in Scheinwahlen nach Einheitslisten besetzt wird, trifft zwei Mal im Jahr zusammen, um Vorlagen der Regierung abzunicken.
Mariela Castro leitet das staatliche Zentrum für Sexualaufklärung (CENESEX) und hat sich in den letzten Jahren immer wieder für LGBT-Rechte stark gemacht. So forderte sie etwa (erfolglos) die Einführung von eingetragenen Partnerschaften und hat wiederholt staatlich Demonstrationen gegen Homophobie veranstaltet (queer.de berichtete). Die 52-Jährige erklärte nach ihrem "Nein", dass sie sich im Parlament mehr Debatten wünsche, "um die demokratische Mitbestimmung besser zu machen".
Politikwissenschaftler hoffen nun, dass das politische System Kubas weniger autokratisch werden könnte. So sagte Arturo Lopez-Levy von der Universität Denver, die mutige Entscheidung Castros könne "Türen für andere wichtige Initiativen öffnen". Professor Ted Henken, der Lateinamerikaexperte der New Yorker City University, warnte jedoch davor, zu viel zu erwarten. Mariela Castro könne sich als Nichte des früheren Diktators Fidel einfach mehr erlauben als der Durchschnittsabgeordnete.
Fidel Castro internierte jahrzehntelang Homosexuelle
Auf Kuba hatten die Kommunisten nach ihrer Machtübernahme im Jahr 1959 die Verfolgung von Schwulen und Lesben verschärft. Diktator Fidel Castro sah Homosexualität zunächst als Nebenprodukt des Kapitalismus an und ließ Schwule in Internierungslager stecken, in denen viele zu Tode kamen. Castro ließ Homosexualität zwar 1979 offiziell legalisieren, allerdings wurden Schwule und Lesben weiter wegen "antisozialen Verhaltens" verfolgt. Nach seiner Abdankung entschuldigte sich schließlich Castro 2010 für die Verfolgung von Homosexuellen. Er bezeichnete das brutale Vorgehen gegen sexuelle Minderheiten als "spontane Reaktion der Revolutionäre, die auf den Traditionen der Nation beruht" (queer.de berichtete).
In den letzten Jahren hat sich die Situation Berichten zufolge merklich verbessert. Da es auf Kuba keine Pressefreiheit gibt, ist die wirklich Lage jedoch weiterhin unklar. Vereinzelt soll es immer noch zu Übergriffen durch die Polizei auf Homosexuelle kommen. (dk)
»Castro .. auf den Traditionen der Nation beruht«
Revolutionäre die ihr Handeln mit Rückgriff auf die Traditionen der Nation legitimieren?