Der Supreme Court will das letzte Wort
Das höchste Gericht Amerikas setzt ein Urteil, das das Verbot homosexueller Ehen als Verfassungsbruch wertete, vorläufig außer Kraft.
Der US-Supreme-Court hat am Mittwoch ein Urteil eines Bundesberufungsgerichts vorläufig ausgesetzt, das zu einer Ehe-Öffnung im Bundesstaat Virginia geführt hätte. Bereits am Donnerstag hätten die ersten gleichgeschlechtlichen Paare eine Ehe eingehen können.
Ende Juni hatte das Gericht in Richmond mit zwei Stimmen gegen eine entschieden, dass ein Verbot der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstelle (queer.de berichtete). In der letzten Woche entschieden die Richter zudem, das Urteil nicht bis zu einer Entscheidung einer Berufungsinstanz auszusetzen (queer.de berichtete).
Diesen "Stay" hat nun der Supreme Court erlassen, der in dem Fall die nächste und letzte Instanz ist. In einer kurzen Anordnung ließ das Gericht wissen, dass die vorläufige Aussetzung des Urteils "automatisch" nichtig werden würde, wenn das Gericht entschließen sollte, den Fall nicht als Hauptsache anzunehmen.
Die Entscheidung des Supreme Court kam beinahe in letzter Sekunde: Bereits für den Donnerstag waren in Virginia die ersten gleichgeschlechtlichen Eheschließungen geplant. Der Staat hätte zugleich homosexuelle Ehen aus anderen Bundesstaaten anerkennen müssen. Mark Herring, der demokratische Justizminister von Virginia, hatte sich geweigert, die beiden Verbote vor Gericht zu verteidigen – die entsprechenden Verfassungsergänzungen stammen aus einem Bürgerentscheid aus dem Jahr 2006. Allerdings befürwortete er einen "Stay", um Rechtssicherheit für die Paare zu erlangen.
Der Supreme Court hatte bereits im Januar eine gerichtlich erzwungene Ehe-Öffnung in Utah vorläufig außer Wirkung gesetzt (queer.de berichtete). Danach entschied ein Bundesberufungsgericht zwar für die Ehe-Öffnung, setzte sein Urteil aber ebenfalls bis zur Berufung vor dem Supreme Court aus.
Zuletzt hatten Gerichte in zahlreichen Bundesstaaten für die Ehe-Öffnung geurteilt, diese aber fast immer bis zu einer Berufung ausgesetzt. In sechs Staaten, Arkansas, Colorado, Indiana, Michigan, Utah und Wisconsin, kamen entsprechende "Stay"-Anordnungen erst, nachdem bereits jeweils hunderte bis tausende Paare geheiratet hatten.
Im September berät der Supreme Court, welche Fälle er im nächsten Amtsjahr (Oktober bis Sommer) annimmt. Es könnte sich für ein Abwarten entscheiden, da weitere Fälle folgen. So sind alleine in den nächsten Wochen zwei Urteile von Bundesberufungsgerichten über Ehe-Verbote für homosexuelle Paare in acht Staaten angesetzt.
Dass die Gerichte in letzter Zeit pro Ehe-Öffnung stimmten, geht dabei auf den Supreme Court selbst zurück, der im letzten Sommer in einem Doppelschlag die Nichtanerkennung von Homo-Paaren durch den Bund (durch den Defense of Marriage Act) für verfassungswidrig erklärte und Homo-Paaren in Kalifornien nach jahrelangen juristischen Kämpfen die Ehe erlaubte (queer.de berichtete). (nb)
Was für ein fatales Signal...
Da die Diskriminierung von Schwulen und Lesben genauso undemokratisch wie die Diskriminierung von Schwarzen, Latinos oder Asiaten ist und übrigens auch gegen die US-Verfassung verstößt, sollten die Gerichte lieber die US-weite Eheöffnung anordnen...