Ausschnitt aus den LSVD-Wahlprüfsteinen: Die CDU tut sich extrem schwer mit den Forderungen von LGBT-Aktivisten
Wer setzt sich für die Gleichstellung von Homo-Paaren im Landesrecht ein, wer tut etwas für Regenbogenfamilien? In Sachsen zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Parteien.
Von Dennis Klein
Die Linke ist die Siegerin bei den LSVD-Wahlprüfsteinen in Sachsen. In dem am Mittwoch veröffentlichten Ergebnis schneidet die zweitstärkste Partei in der Region bei Fragen der LGBT-Rechte am besten ab. Der Lesben- und Schwulenverband hatte die fünf großen Parteien sowie die Piraten nach ihren Einstellungen zu 22 LGBT-Themen befragt und konnte dabei große Unterschiede offen legen. Zu den Themen gehörten etwa die Erweiterung des Gleichheitsartikels um das Merkmal der sexuellen Identität in der sächsischen Landesverfassung, ein Landesaktionsplan gegen Homo- und Transphobie oder Verbesserungen im Bildungsbereich.
Als einzige Partei sprach sich die Linke in allen 22 Fragen für LGBT-Rechte aus. An zweiter Stelle lagen die Grünen mit 21 Ja-Antworten (eine Frage zur Familienberatung für Regenbogenfamilien wurde nach LSVD-Ansicht zu vage beantwortet). Dicht dran sind auch SPD und Piraten, die mit je 20 Ja-Antworten an dritte Stelle liegen. Danach folgen mit einigem Abstand die Regierungsparteien der schwarz-gelben Koalition: Die FDP konnte immerhin noch 15 Fragen mit Ja beantworten. Völlig abgeschlagen ist die CDU: Sie hat nur in einem einzigen der 22 Punkte mit der Forderung des LSVD übereingestimmt. Dabei geht es um staatliche Programme gegen Demokratiefeindlichkeit. In fast der Hälfte der Fragen stellt sich die Union aber offensiv gegen die Forderungen der LGBT-Aktivisten.
CDU-Fraktionschef warnt vor Homosexuellenschwemme
CDU-Fraktionschef Steffen Flath versteht es, Homo-Hasser an seine Partei zu binden (Bild: Wiki Commons / Miebner / CC-BY-SA-3.0)
Die Haltung der CDU ist keine Überraschung, gibt sich doch insbesondere die sächsische Landespartei als äußerst konservativ. So lehnte es Sachsen 2012 als einziges Land neben Bayern ab, Homo-Paaren das Steuersplitting zu gewähren – bis das Bundesverfassungericht endlich den Spuk beendete (queer.de berichtete). Den homophoben Polterer gab in dieser Legislaturperiode CDU-Fraktionschef Steffen Flath, der immer wieder über die Minderwertigkeit von gleichgeschlechtlichen Paaren sprach. So behauptete er etwa, dass eingetragene Lebenspartnerschaften "nicht nachhaltig" seien, und warnte vor einer Welt, in der alle homosexuell werden.
In ihren Antworten auf die Wahlprüfsteine bekräftigten die Christdemokraten ihre ablehnende Haltung mit den üblichen Argumenten. So wird etwa behauptet, dass die Gleichstellung im Eherecht doppelt verfassungswidrig ist: "Wir lehnen eine vollständige Öffnung der Ehe ab, da das Grundgesetz und die Sächsische Verfassung eine besondere Förderung von Ehe und Familie gebieten". Immerhin: Regenbogenfamilien dürften gegenüber der heterosexuellen Familie nicht "grundlegend" benachteiligt werden.
Koalitionspartner FDP will als liberale Partei beim Thema LGBT-Rechte wenig Initiative zeigen und schiebt die Verantwortung entweder auf gesellschaftliche Akteure oder den Bund ab. Dabei wird auch abenteuerlich argumentiert, dass Gesetze sowieso nichts bringen, solange es Homo-Hasser gibt: "[D]ie besten Gesetze und Vorschriften können kaum etwas bewirken, wenn eine Gesellschaft nicht bereit ist, offen und vorurteilsfrei mit Minderheiten umzugehen". Mit dieser Logik wäre wohl auch Sklaverei nie verboten worden. Allerdings vertritt die sächsische FDP auch Thesen, die innerhalb der Partei nicht unumstritten sind – so sollen etwa Opfer der Schwulenverfolgungspargrafen 151 (DDR) und 175 (Bundesrepublik) entschädigt werden, fordern die Liberalen.
Der SPD-Bundestagswahlkampf 2013 zeigt, dass vollmundige Versprechungen nach der Wahl oft anders klingen können
Die Oppositionsparteien tun sich bei der Gleichbehandlung von sexuellen Minderheiten wesentlich leichter. Sie unterscheiden sich lediglich in Nuancen. Gerade für die Linke und die SPD ist das Engagement für die Gleichstellung wichtig, da die Parteien zuletzt Probleme beim Thema LGBT-Rechte hatten: Bei der Linken in Nordrhein-Westfalen gab es zuletzt Verwerfungen und Rücktritte, weil die Partei auf einer Demo mit Antisemiten und Homo-Hassern zusammengearbeitet hat, um die israelische Politik zu kritisieren (queer.de berichtete). Die SPD wiederum kann nicht erklären, warum sie im Bundestagswahlkampf 2013 mit dem Slogan "100 Prozent Gleichstellung nur mit uns" angetreten ist und sich dann in diesen Fragen im Koalitionsvertrag bei LGBT-Rechten von der Union über den Tisch ziehen ließ (queer.de berichtete). Auch in Sachsen ist eine Große Koalition denkbar, sollten der CDU wie im Bund die Liberalen abhanden kommen.
Auch AfD gegen Gleichstellung
Nicht bei der Befragung vertreten waren die beiden homofeindlichen Parteien NPD und AfD, die ebenfalls Chancen auf den Einzug ins Dresdner Parlament haben. Im Wahl-O-Mat lehnen beide Parteien einträchtig einen Einsatz des Landes für die Gleichstellung im Adoptionsrecht sowie Projekte gegen Rechtsextremismus ab (PDF).
Umfragen zufolge kann die CDU am 31. August die Wahl locker gewinnen und sich eventuell sogar eine absolute Mehrheit der Sitze sichern, sollten mehrere Parteien knapp an der Fünfprozenthürde scheitern. Derzeit liegt die CDU laut Forschungsgruppe Wahlen bei 39 Prozent, die Linke bei 20 Prozent und die SPD bei 15 Prozent. Die Grünen könnten mit sechs Prozent ihr Ergebnis von 2009 ungefähr halten, die FDP würde mit drei Prozent aus dem Landtag rausfliegen und zwei Drittel ihrer Wähler verlieren. Erstmals könnten zwei Parteien der extremen Rechten in ein Landesparlament einziehen: Die rechtspopulistische AfD, die Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in den letzten Tagen nicht als Koalitionspartner ausschließen wollte, steht derzeit bei sieben Prozent, die rechtsextreme NPD bei fünf Prozent. Die Piraten haben laut den Umfragen keine Chance, die Fünfprozenthürde zu nehmen.
100% Verkackt!
Die können von mir aus das Blaue vom Himmel erzählen (was sie ja schließlich auch gemacht haben!) meine Stimme bekommen die so schnell nicht mehr.
Anstat die Wahlversprechen zu bewerten sollte der LSVD prüfen, wie sich die Parteien in den Parlamenten wirklich verhalten haben (Anträge und Abstimmungsverhalten), da sähe eine Wahlempfehlung nach meiner Einschätzung bei SPD und Grünen deutlich anders aus!