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- 01. September 2014 3 Min.

Marina Silva lehnt die Gleichbehandlung von Homosexuellen aus religiösen Gründen ab
Die sozialistische Kandidatin für das brasilianische Präsidentenamt ist auch eine evangelikale Christin – und vollzieht deshalb eine 180-Grad-Wende beim Thema Homo-Rechte.
Die nach Umfragen derzeit führende Präsidentschaftskandidatin in Brasilien hat ihre Unterstützung für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben zurückgezogen. Marina Silva von der Sozialistischen Partei hatte am Freitag ihr Regierungsprogramm vorgestellt, in dem sie noch die Gleichbehandlung versprochen hatte. Keine 24 Stunden zog sie dieses Versprechen zurück und erklärte gegenüber Journalisten beim Wahlkampfbesuch in einer Favela in Rio de Janeiro: "Der zuerst publizierte Text war ein Fehler. Das war nicht, worauf wir uns geeinigt haben."
Ursprünglich hatte das Regierungsprogramm vorgesehen, die "Zivilehe" für alle zu verteidigen, auch für Schwule und Lesben. In der neuen Version wird nur noch das "Recht auf eine eingetragene Partnerschaft zwischen Menschen des gleichen Geschlechts" befürwortet. Auch das ausdrückliche Recht auf Adoption für gleichgeschlechtliche Paare wurde gestrichen, ebenso wie ein klares Bekenntnis zur Reform des Transsexuellengesetzes und eine Gesetzesverschärfung gegen homophobe Gewalt.
LGBT-Aktivisten beklagen homophobe Gewalt
Das Thema Ehe-Öffnung ist im größten Land Südamerikas äußerst umstritten: Zwar hat ein Gericht vergangenes Jahr angeordnet, dass Standesämter Schwulen und Lesben ebenso wie Heterosexuellen eine Ehe-Urkunde ausstellen müssen (queer.de berichtete). Das Parlament hat sich aber bislang geweigert, diese Anordnung in ein Gesetz zu gießen. LGBT-Aktivisten begrüßen zwar, dass Homosexuelle damit offiziell heiraten dürfen, wegen der hohen Zahl an aus Homophobie begründeten Übergriffen müsse die Regierung aber offensiv für Homo-Rechte eintreten. In den letzten Jahren beklagten Menschenrechtsorganisationen, dass pro Jahr mindestens 100 Menschen aus Homosexuellenfeindlichkeit getötet werden, die Dunkelziffer könnte aber weit höher liegen.
Auch die amtierende sozialdemokratische Präsidentschaftskandidatin Dilma Roussef hatte sich in ihrem Wahlkampf 2010 gegen die Ehe-Öffnung und nur für eingetragene Partnerschaften eingesetzt. Rousseff, die derzeit wegen der desolaten Wirtschaftslage in der Kritik steht, hatte sich zuletzt nicht mehr zum Thema Homo-Rechte geäußert.
Ex-Umweltministerin und Ex-Grüne
Marina Silva hat eine lange Karriere als Aktivistin und Politikerin hinter sich: Sie machte sich zunächst als Umweltschützerin einen Namen, die für die Erhaltung des Amazonas kämpft. Von 2003 bis 2008 war sie für die sozialdemokratische Partei Umweltministerin, wechselte aber 2009 zu den Grünen, die sie zwei Jahre später wieder verließ. Seit 2013 ist sie Mitglied der sozialistischen Partei. Eigentlich war sie als Vizepräsidentschaftskandidatin vorgesehen, allerdings starb der sozialistische Kandidat Eduardo Campos Mitte August bei einem Flugzeugunglück.
Insbesondere die radikalreligiöse Prägung der Sozialistin macht LGBT-Aktivisten Sorgen. So ist Silva, die in einer katholischen Schule von Nonnen unterrichtet worden ist, zur evangelikalen US-Kirche "Assemblies of God" übergetreten. Diese pflingstlerische Glaubensgemeinschaft lehnt Homosexuelle grundsätzlich als Sünder ab und verpflichtet die Anhänger zu einer Reihe weiterer politischer Ansichten, etwa beim Thema Abtreibung. So tritt Silva auch für ein Totalverbot des Schwangerschaftsabbruchs ein.
Laut aktuellen Umfragen liegen Rousseff und Silva deutlich vor den anderen Präsidentschaftskandidaten. Bei einer Stichwahl würden derzeit 50 Prozent Silva wählen und 40 Prozent Rousseff. Die Wahlen finden am 5. und 26. Oktober statt. (dk)















Wer als oberste Instanz nicht das säkulare Gesetze anerkennt, sondern nicht-existenten Einflüsterungen eines eingebildeteten Zauberwesens oberste Autorität beimisst, ist für die Ausübung eines Staatsamtes m. E. ungeeignet.