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Mobbing an katholischer Schule
Selbstmord eines 16-jährigen Schwulen erschüttert Kolumbien
- 09. September 2014 3 Min.

Sergio hat sich am 4. August das Leben genommen
Eine Mutter klagt an: Weil ihr schwuler Sohn von Lehrern eines katholischen Gymnasiums geoutet und daraufhin gemobbt wurde, habe sich der Elftklässler das Leben genommen.
Ein Fall von Diskriminierung in einer katholischen Schule in Bogota hat ein tragisches Ende gefunden: Der 16-jährige Sergio Urrego hat am 4. August Selbstmord begangen, nachdem er in seiner Schule gemobbt worden war – nicht von anderen Schülern, wie seine Mutter jetzt anklagt, sondern von Lehrern, der Rektorin und der Schulpsychologin. Der Fall hat in den kolumbianischen Medien für Aufregung gesorgt, inzwischen hat der Bildungsminister den Eltern sein Beileid ausgesprochen. Die katholische Schule streitet allerdings jegliche Mitschuld ab.
Begonnen hatte die Tortur des Schülers im Mai diesen Jahres: Ein Lehrer beschlagnahmte sein Handy und entdeckte darauf ein Bild, das zeigt, wie Sergio einen Mitschüler küsst. Daraufhin mussten sich beide Schüler von der Schulpsychologin untersuchen lassen, anschließend wurden Sergios Eltern zum Rektor gerufen, der den Jungen nach Angaben seiner Mutter als "Anarchisten" beschimpfte. Dem Schüler wurde auch vorgeworfen, sich "obszön" und "vulgär" zu verhalten.
Schule bezichtigt Sergio des sexuellen Missbrauchs

Alba Reyes mit einem Bild, auf dem auch ihr verstorbener Sohn zu sehen ist
Die Schule ging sogar so weit, Sergio sexuellen Missbrauch des Mitschülers vorzuwerfen. Anschließend sei er laut seiner Mutter wiederholt aus dem Unterricht ausgeschlossen oder anderweitig von Lehrern gemobbt worden. Seinen Freund konnte er nicht mehr sehen, weil dessen Eltern ihn aus der Schule abgemeldet hatten.
Offenbar aus Verzweiflung stürzte sich Sergio schließlich vom Geländer eines Einkaufszentrums und starb anschließend im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen. Er hinterließ einen Abschiedsbrief und verabschiedete sich von seinen Freunden auf seiner Facebook-Seite. Dort schrieb er unter anderem: "Meine Sexualität ist keine Sünde".
Sergios Mutter Alba Reyes macht nun die Schule, das Colegio Gimnasio Castillo, für den Freitod verantwortlich. Sie wolle dafür kämpfen, dass anderen Schülern nicht dasselbe Schicksal widerfährt wie ihrem Sohn, sagte sie in den lokalen Medien. Sie wird dabei von der LGBT-Gruppe Colombia Diversa unterstützt. Unter anderem hat sie eine Beschwerde bei der Schulbehörde eingelegt. Außerdem werden vor der Schule Mahnwachen abgehalten.
Rektorin schimpft im Interview über den toten Schüler
Die Schule weist weiterhin jede Schuld von sich. In einem Interview mit einem lokalen Radiosender sagte Rektorin Amanda Castillo, dass die Schule gegen Sergio vorgegangen sei, weil er sich unflätig verhalten habe, nicht wegen seiner sexuellen Orientierung. Sie beschuldigte den Schüler, sich unmoralisch verhalten zu haben: "Die beiden Jungs haben offenbar schmutzige Bilder in sozialen Netzwerken verbreitet", sagte Castillo.
Die Rektorin erklärte, andere Schüler hätten bereits wegen des unmoralischen Verhaltens Sergios "Witze" über ihn gemacht. Die Schule habe aber alles dafür getan, damit ein reibungsloser Schulbetrieb möglich gewesen sei. Damit widersprach die Rektorin Sergios Mutter, die von offener Diskriminierung der Schule – nicht der Mitschüler – berichtet hatte. In ihrer 600 Schüler umfassenden Einrichtung habe es "noch nie" Diskriminierung gegeben, so Castillo.
Für Jugendliche, die in Deutschland Unterstützung beim Umgang mit ihrer sexuellen Orientierung oder einfach Freunde suchen, gibt es zahlreiche LGBT-Jugendgruppen und -zentren (eine nicht mehr ganz aktuelle Liste gibt es hier). Auch mehrere Webseiten, etwa dbna (Du bist nicht allein) oder die des bundesweiten Jugendnetzwerks Lambda, richten sich gezielt an junge Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender. Aufklärungsprojekte wie SchLAU gehen gezielt in Schulen und suchen immer wieder Mitstreiter. (dk)














