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Brandenburg und Thüringen
Landtagswahlen: CDU eiert bei der Gleichstellung weiter herum
- 10. September 2014 4 Min.

Im RBB haben sich die drei Spitzenkandidaten Dietmar Woidke (SPD), Christian Görke (Linke) und Michael Schierack (CDU) gezankt - beim Thema Gleichstellung von Schwulen und Lesben hatten sie aber keinen Dissens (Bild: RBB Screenshot)
Während der CDU-Spitzenkandidat vor der Landtagswahl in Brandenburg die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern befürwortet, lehnt die Landespartei gleiche Rechte weiter ab.
Von Dennis Klein
Die britischen Konservativen haben die Gleichstellung von Schwulen und Lesben einfach umgesetzt, um sich das Thema vom Leib zu haben. In Deutschland sympathisieren die Konservativen dagegen auch vor den beiden Landtagswahlen am Sonntag weiter mit dem Fortbestand der Diskriminierung – auch wenn das Thema LGBT-Rechte im Endspurt des Wahlkampfs in Brandenburg und Thüringen nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Dennoch wurden Homo-Paare am Dienstag kurz zum Thema beim Schlagabtausch der drei Spitzenkandidaten im RBB: Dort überraschte der brandenburgische CDU-Chef Michael Schierack seine Anhänger, als er sich im "Wahl Spezial" für die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern im Adoptionsrecht aussprach.
Die drei Spitzenpolitiker von SPD, Linken und CDU mussten zum Ende der 45-minütigen Sendung grüne oder rote Karten hochheben, um ihre persönliche Zustimmung oder Ablehnung zu mehreren Fragen zu verdeutlichen. Als Moderator Dirk Platt fragte, ob gleichgeschlechtliche Paare auch Kinder adoptieren dürfen sollten, schoss zunächst die grüne Karte des linken Finanzministers Christian Görke nach oben, gefolgt von der grünen Karte des Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD). Danach ging ein enttäuschtes Raunen durch den Saal – offenbar von den eigenen Anhängern – als auch der CDU-Chef seine Zustimmung zu der Frage kommentarlos kundtat.
"Respekt" für Homosexuelle, aber keine Gleichstellung

Die Wertungsliste der LSVD-Wahlprüfsteine in Brandenburg
Freilich spricht sich die Landespartei gegen die Gleichbehandlung aus, wie sie im Wahl-o-Mat und in der Antwort auf die LSVD-Wahlprüfsteine erklärte, die am Montag veröffentlicht wurden. Man respektiere zwar die "Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf verwirklichen", aber man lehne "weitere Schritte mit Blick auf die völlige Gleichstellung des Adoptionsrechts" ab, so die CDU
Bei den Wahlprüfsteinen hatte der LSVD in Zusammenarbeit mit dem Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter Berlin-Brandenburg (VelsPol) die fünf derzeit im Landtag vertretenen Parteien nach ihrer Meinung zu LGBT-Themen in acht Bereichen befragt. Insgesamt schnitten die Grünen am besten ab, gefolgt von Linken und FDP. Die SPD erhielt einen Minuspunkt, weil sie sich gegen die gesonderte Erfassung von transphober und homophober Gewalt in der Kriminalstatistik aussprach – dies sei "nach derzeitiger Einschätzung nicht sinnvoll", weil bereits jetzt registriert werde, ob eine Straftat einen "diskriminierenden Charakter" habe, argumentieren die Sozialdemokraten. Ganz hinten steht die CDU.

Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) muss fürchten, dass sie vom Koalitionspartner nach der Wahl verlassen wird
Auch zur Landtagswahl in Thüringen veröffentlichte der LSVD Wahlprüfsteine (PDF). Diese wurden gemeinsam mit dem Jenaer Verein QueerWeg erstellt. Auch hier steht die CDU einer vollständigen Gleichstellung "skeptisch gegenüber", während die anderen Parteien mehr Unterstützung bieten.
In den letzten Jahren der Großen Koalition hat aber CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht positive Signale an LGBT-Aktivisten gesendet. So trat Thüringen als erstes CDU-geführtes Bundesland 2013 dem Bündnis gegen Diskriminierung bei (queer.de berichtete). Außerdem begrüßte sie den Heiratswunsch von Homosexuellen, auch wenn sie ihnen diesen noch nicht gewähren will (queer.de berichtete). Die Landesregierung hielt auch einen offenen Dialog mit Vertretern von LGBT-Gruppen (queer.de berichtete).
Rechte Parteien machen Stimmung gegen Homosexuelle
Neben den etablierten Parteien hat auch die NPD Chancen, in Thüringen in den Landtag einzuziehen. Der Einzug der rechtspopulistischen AfD gilt in beiden Bundesländern als so gut wie sicher. Beide Parteien profilieren sich im Wahlkampf mit Homo-Hass. Dabei setzen sie gerne auf die alte Angst des Spießbürgers, dass der Homosexuelle an sich eine Gefahr für Kinder ist. Die NPD warnt im brandenburgischen Wahl-O-Mat beim Thema Adoptionsrecht etwa vor "psychische Spätfolgen" eines Adoptionsrechts für Homo-Paare, die AfD schlägt in die gleiche Kerbe: Die Newcomer am rechten Rand warnen davor, dass ein Kind einen "berechtigten Anspruch" habe, zu einem verschiedengeschlechtlichen Paar zu kommen – dabei ist offenbar egal, ob die heterosexuellen Adoptiveltern qualifiziert sind oder nicht, wichtig ist der neuen Partei allein die sexuelle Orientierung.
Umfragen zufolge könnte in Thüringen die schwarz-rote Koalition weitermachen, auch wenn es Spekulation über eine rot-rote Regierung unter Führung der Linkspartei von Bodo Ramelow gibt – die SPD ist es schließlich Leid, immer nur Juniorpartner der CDU zu sein. Derzeit kommt die CDU nach Angaben von Infratest-Dimap auf 34 Prozent, die Linke liegt bei 28 Prozent. Mit weitem Abstand folgen SPD (16 Prozent) und AfD (7 Prozent), die Grünen müssen mit 5 Prozent um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Nicht schaffen würden es die NPD (4 Prozent) und die FDP (3 Prozent).
In Brandenburg wird die rot-rote Koalition voraussichtlich weitere fünf Jahre regieren. Hier liegt die SPD derzeit mit 31 Prozent vor der CDU (24 Prozent) und der Linkspartei (22 Prozent). Die AfD käme auf 9 Prozent, die Grünen lägen bei 6 Prozent. Auch hier würde die FDP mit 2 Prozent deutlich an der Fünfprozenthürde scheitern.














