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Klerikalhomophobie
Serbien: Orthodoxe Kirche macht Stimmung gegen CSD
- 24. September 2014 2 Min.

Patriarch Irinej ist mitverantwortlich für die homophobe Grundstimmung in der serbischen Gesellschaft
Der Chef der größten Glaubensgemeinschaft in Serbien vergleicht Homosexualität mit Kindesmissbrauch und versucht, den Staat erneut zu einem CSD-Verbot zu bewegen.
Die serbisch-orthodoxe Kirche will die für das Wochenende geplante CSD-Parade in Belgrad verhindern. Am Dienstag sagte Patriarch Irinej, der geistliche Anführer der Gläubigen, die "schamlose" Veranstaltung lege einen moralischen Schatten auf Serbien: "Die Organisatoren solcher Paraden und ihre Unterstützer aus Europa weigern sich, Rückschlüsse daraus zu ziehen, was in den letzten Jahren passiert ist." Der CSD hätte eigentlich bereits im Mai stattfinden sollen, wurde aber von den Organisatoren wegen der Flutkatastrophe verschoben (queer.de berichtete).
Der 84-Jährige spielte darauf an, dass der CSD in den letzten drei Jahren wegen Gewaltandrohungen aus nationalistischen und klerikalen Kreisen verboten worden war (queer.de berichtete). In Richtung der lesbischen und schwulen Organisatoren sagte der Geistliche: "Seid ihr so blind wegen eurer Lust und eures Egoismus, dass es euch nichts ausmacht, den gesamten Staatsapparat für eure Zwecke zu nutzen und damit nicht zu rechtfertigende Kosten zu verursachen?" Der Staat dürfe kein Geld für Homosexualität, Kindesmissbrauch oder Inzest "verschwenden", so Irinej weiter, sondern solle es lieber den Flutopfern zukommen lassen.
Irinej hatte bereits in den letzten Monaten "unkeusche" Homosexuelle für Überflutungen im Land mitverantwortlich gemacht. Die Flut sei eine "Warnung Gottes" an Ungläubige gewesen, so der Patriarch.
Homophobe Übergriffe
Im Vorfeld des CSDs haben sich die Übergriffe auf Homosexuelle in Serbien wieder verschärft. Erst vor rund zwei Wochen wurde ein deutscher LGBT-Aktivist von Unbekannten lebensgefährlich verletzt (queer.de berichtete). Außerdem hat die Polizei erklärt, dass gegen acht Menschen ermittelt werde, die auf sozialen Netzwerken mit Gewalt gegen Homosexuelle gedroht hatten.
Die serbische Regierung will den CSD dieses Jahr unterstützen, weil die Veranstaltung als Test für die EU-Reife des Beitrittskandidaten angesehen wird. Serbien ist wegen der anhaltenden Diskriminierung von Homosexuellen bereits mehrfach in Fortschrittsberichten der Europäischen Union gerüffelt worden (queer.de berichtete).
Patriarch Irinej hatte sich bereits seit Jahren in der Öffentlichkeit gegen Homosexuellenrechte ausgesprochen. Sonst profiliert er sich vor allem durch nationalistische Töne. So fordert er etwa die Annektierung des serbischen Teils von Bosnien-Herzegowina oder die Wiedereinführung der Monarchie in Serbien. (dk)

Ohne Religionen wäre die Welt ein friedlicher Ort.