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  • 01. Oktober 2014 41 3 Min.

So schön duster und unscharf wie ein echter iPhone-Schnappschuss aus einem Underground-Club: Im offiziellen Video zu "Love Who Loves You Back" geht ein Skinhead vor Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz auf die Knie

Tokio Hotel melden sich mit dem neuen Album "Kings Of Suburbia" zurück – doch viel spannender ist das jüngste Video der Band.

Von Michael Thiele

Es wäre natürlich sehr einfach, auf Tokio Hotel verbal einzudreschen, wie furchtbar doch ihre Musik sei, oder wie lächerlich erst die Kaulitz-Zwillinge.

Das wurde ja auch schon sehr oft gemacht, vor allem in den Anfangsjahren, zur Zeit ihres Durchbruchs mit dem Hit "Durch den Monsun" und dem dazugehörigen Album "Schrei" im Jahr 2005, als Publikum und Kritiker immense Probleme hatten, diese durchaus schrille Schülerkombo aus dem sachsen-anhaltischen Magdeburg mit ihrem irre femininen Sänger einzuordnen.

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Schwuler Klatsch und musikalischer Schrott


Das neue Album "Kings Of Suburbia" erscheint am 3. Oktober

Ebenso einfach wäre es, genau das Gegenteil zu behaupten, und das auf einer Metaebene zu begründen. Das ginge dann so: Tokio Hotel seien viel mehr als die Summe von Musik plus Tom plus Bill Kaulitz. Sie seien ein internationales Phänomen, der Grund, warum Horden von Schulkindern im Ausland Deutsch lernen wollen. Sie seien ja eigentlich Trash und deshalb schon fast wieder cool. Sie seien einer der bedeutendsten Musikexporte Deutschlands.

Und dass Bill sich so oft so offensichtlich schwul gebäre, setze dem ganzen noch das gewisse, unkategorisierbare i-Tüpfelchen auf, irgendwo zwischen stumpfer "InTouch"-Regenbogenpresse und Gay-Gipfeltreffen mit Wolfgang Joop in artes "Durch die Nacht mit …". Auch das wurde oft gemacht.

Aber egal, wo man ansetzt, um eins kommt nicht herum: Nämlich um das Fazit, dass "Kings Of Suburbia" künstlerisch betrachtet natürlich Schrott ist. Aufgenommen wurde der vierte Tokio-Hotel-Longplayer in Los Angeles, wohin sich die vier Mitglieder vor dem Medienrummel beinahe fluchtartig zurückgezogen hatten. Laut Pressemitteilung lief das in etwa so ab: "Als wir in die USA kamen, konnte ich den Namen Tokio Hotel nicht mehr hören. Ich hatte alles so satt", sagt Bill. "Wir mussten rausfinden, was wir wirklich vom Leben wollten."

"Kings of Suburbia": von Klavierballaden bis Synthiepop


Sind auch alle etwas älter geworden: neuestes Pressefoto von Tokio Hotel (Bild: Lado Alexi)

Offensichtlich wollen Tokio Hotel von diesem Leben nicht viel, zumindest wenn es nach den glücklicherweise recht überschaubaren 39 Minuten von "Kings Of Suburbia" geht. Es gibt nicht viele Alben, die so uninspiriert, so künstlich und oberflächlich sind, was eine gute Überleitung zur Tracklist ist.

Der wie aus Versatzstücken anderer Eröffnungsnummern zusammengeklaute Opener "Feel It All" tut erst mal keinem weh. Mit "Stormy Weather" stellen die Wahl-Amerikaner dann aber ihre ganze Dumpfheit zur Schau, so massiv ist der Einsatz von Autotune, was Bills ohnehin dünnes Stimmchen gänzlich zusammenschrumpfen lässt. Stürmisch klingt anders.

Immerhin ist "Kings of Suburbia" einigermaßen abwechslungsreich ausgefallen. Mit "Invaded" und "Run Run Run" gibt es zwei relativ spartanische Klavierballaden, wobei allein letztere durchgewunken werden kann. Der längst durchgenudelte Dubstep ist mit von der Partie ("Girl Got A Gun") und sogar sehr eingängiger Synthiepop der Marke Empire Of The Sun lässt sich irritierenderweise finden ("Love Who Loves You Back").

Das offizielle Video zum letzten Song hat es bereits in die internationalen Schlagzeilen geschafft – allerdings weniger wegen der musikalischen Qualität. Zu sehen ist nämlich eine multisexuelle Orgie, bei der Sänger Bill Kaulitz nicht nur mit Frauen, sondern auch mit äußerst netten Männern knutscht. Schließlich wird er von einem etwas moppeligen Skinhead sogar in einen Fahrstuhl gezerrt und bekommt dort einen geblasen.



Das ist tatsächlich spannender als die Musik des neuen Albums, und wir grübeln: War das jetzt einfach nur plumpeste PR, um die Verkaufszahlen anzukurbeln? Wollte sich der gute Bill mit diesem MV womöglich doch noch dezent outen, bevor er in den Ruhestand geht? Oder hat er womöglich soviel Selbstironie, sich auf diese Weise über die Dauer-Homogerüchte lustig zu machen?

Youtube | Das Video zu "Love Who Loves You Back"

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#1 FoXXXynessEhemaliges Profil
#2 AndyAnonym
  • 01.10.2014, 18:21h
  • Der Review kann ich nicht wirklich zustimmen. Tokio Hotel war mir immer ziemlich egal gewesen und mit der Musik konnte ich wenig anfangen. Die neue Single habe ich bei iTunes angespielt und war sofort begeistert. Kein Wunder, da Antonina Armato mitgeschrieben hat - von der habe ich seit den 90er Jahren schon Musik (von ihr stammen Hits für Sheena Easton, Taylor Dayne, Glenn Medeiros, usw.). Auch die anderen beiden Titel aus dem Album, die man bislang hören kann, gefallen mir. Also musikalisch, finde ich, hat sich da einiges getan. Mir gefällt es. Das Video finde ich recht witzig... es wäre ja sehr albern gewesen, wenn da keine homosexuellen Anspielungen gewesen wären.
  • Direktlink »
#3 VeronikaAnonym

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